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Drachenflamme: Roman (German Edition)

Drachenflamme: Roman (German Edition)

Titel: Drachenflamme: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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Tharunka eilig zum Ufer flog, und dann begann das Hafenbecken zu brodeln, als eine Seeschlange nach der anderen das aufgewühlte Wasser durchstieß. Mit ihren Klauen begannen sie, sich an den Seiten der Schiffe auf die Decks hochzuziehen und ihre Hälse nach den verschmutzten Segeln auszustrecken.
     
    Die Geschwindigkeit, mit der sich die Schlangen bewegten, war erschreckend – die kräftigen Tiere rangen miteinander, um Halt an den Schiffen zu finden, und schoben und stießen einander beiseite, um an das zu gelangen, was für sie offensichtlich eine pure Delikatesse darstellte. Unter ihnen stampften und wogten die Decks, als ihr Gewicht die Schiffe hin und her schaukelte. Jene Unglücklichen in der Takelage, die mit dem Schleim bedeckt worden waren, fielen ihnen als Erste zum Opfer. Als seien sie besonders appetitliche Leckerbissen, wurden die Männer weggeschnappt, während sie verzweifelt
versuchten, die Seile hinunter den Schlangen zu entkommen. Breite Mäuler zerrten an den Tausträngen, und die Sparren schwankten heftig, bevor sie nach unten stürzten und noch mehr von der Brühe auf die Männer auf dem Deck verspritzten, sodass die Schlangen auch auf sie aufmerksam wurden.
    Eine der kleineren Schlangen hatte es geschafft, sich fast mit dem ganzen Körper auf das Deck der Nereide zu schieben; nur noch ihr langer Schwanz baumelte über die Seite ins Wasser. Sie verfolgte die Matrosen mit solchem Eifer, dass sie ihren ganzen Kopf in den vorderen Niedergang stieß. Nun wurden jedoch Äxte hervorgeholt, und mit ihrer Hilfe und dem Feuer der großen Geschütze begannen die Mannschaften, sich zur Wehr zu setzen. Als Temeraire und Iskierka sich mit heftigen Flügelschlägen den Schiffen näherten, sah Laurence einen großen Mann einen gewaltigen Satz nach vorne machen. Er ließ einen Hieb auf den Hals der kleinen Schlange, die nach unten vorgestoßen war, hinabsausen und traf sie unmittelbar hinter dem Kopf. Nach zwei weiteren Schlägen war das Rückgrat durchtrennt, woraufhin der Körper der Schlange sich in solch wilden Zuckungen zu winden begann, dass der Rest des Kopfes vom Rumpf abgerissen wurde, und sich Ströme von dunklem Blut über das Deck ergossen. Orangerot rann es über die weiß gestrichene Reling und an der Seite hinab, und der Geruch von Drachenblut vermischte sich mit dem von verrottetem Fisch und Seetang.
    Temeraire tauchte hinab und packte eine der Schlangen an den Schultern, die um sich schlug und ihr aufgerissenes Maul in dem Versuch, ihn zu beißen, zurückwarf. Windung um Windung ihres langen Körpers drehte sich unter ihm durch die Luft, und ihre kleinen Vorderbeine schlugen um sich. Über Temeraires Hals hinweg konnte Laurence zwischen ihren Kiefern hindurch direkt in ihre Kehle hinabsehen, wo sich eine bleiche Hand verzweifelt an der Haut ihres Schlunds festhielt. Ein blutüberströmtes, aber noch nicht bewusstloses Gesicht sah in ungläubigem Entsetzen zu ihm hoch, ehe
das Wüten der Schlange den Mann freischüttelte und er noch als Ganzes in den Magen des Tieres rutschte.
    Wegen ihrer enormen Masse, die jetzt ganz aus dem Wasser gezogen war, und weil sie so wild um sich schlug, gelang es Temeraire einfach nicht, das Tier unter Kontrolle zu bringen. »Ich kann sie nicht halten«, keuchte Temeraire. Angestrengt versuchte er, sie noch weiter wegzuziehen. Doch dann schrie Iskierka: »Einen Moment, bleib auf Abstand!«, und schoss im Sinkflug heran. Mit einem Feuerstoß verbrannte sie den lang nach unten baumelnden Körper, Haut und Schuppen kräuselten sich, und ein schrecklicher Gestank stieg auf. Mit einem hohen, dünnen Kreischen rollte sich die Schlange wie ein Käfer zusammen, dann warf Temeraire sie ins Wasser zurück.
    »Die dürfte erledigt sein«, stellte Iskierka zufrieden fest. Doch Tharunka war gerade herangeprescht und öffnete einen weiteren Sack des Fischabfalls über dem Durcheinander auf dem Deck der Nereide. Da die Schützen alle abgelenkt waren, war sie jetzt näher herangekommen, und noch immer spie das Wasser weitere rasende Schlangen aus.
    Es gab Dutzende von ihnen. Ohne jede Ordnung, nur von unkontrollierter, wilder Wut getrieben, in der sie nicht einmal mehr ihre eigenen Artgenossen zu erkennen schienen, zerrissen und zerfleischten sie alles um sich herum. Als die Äxte und Entermesser in ihr Fleisch drangen, begannen sie, ebenso nach ihren verwundeten Gefährten zu schnappen und zu schlagen wie nach der Takelage und sogar nach den Kanonen, die von den glitschigen

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