Drachenflamme: Roman (German Edition)
die halb ertrunkenen Überlebenden zu bergen, hatten sich zurückgezogen und wieder nach ihren Speeren gegriffen. In einer lockeren Linie standen sie jetzt am Ufer. Es waren viele. Ruhig und wachsam warteten sie, während sich ihnen weitere anschlossen. Auch junge Chinesen waren darunter, mit Schwertern, die in ihren unsicheren Händen seltsam wirkten. Keiner von ihnen sah nach einem Soldaten aus. »Mr. Blincoln«, sagte Rankin von Caesars Hals aus. »Bitte sorgen Sie hier für etwas Ordnung. Caesar?« Folgsam stellte sich Caesar auf die Hinterläufe, um sich, soweit er dazu noch in der Lage war, so beeindruckend wie möglich zu gebärden, indem er seine Brust mit den glänzenden, feurig roten Streifen weit hinausstreckte.
In lockerer Formation stellten sich nun auch die Flieger vor der gegenüberliegenden Linie auf. Laurence glitt von Temeraires Hals hinunter und legte eine Hand auf seine weiche Schnauze. Das mühevolle Rasseln seines Atems war durch den übermäßigen Gebrauch des Göttlichen Windes zweifellos wieder verschlimmert worden.
Was sie noch an Ausrüstung besaßen, befand sich außerhalb ihrer Reichweite im Lager weiter oben in der Bucht. »Roland«, sagte Laurence leise. »Geh und sag Demane, wenn es zum Kampf kommt, werdet ihr zum Lager zurückgehen und Pulver und Munition sowie alle Gewehre, die ihr noch finden könnt, holen.«
Sie nickte und rannte los, um sich Demane auf Kulingile anzuschließen.
Trotz seiner Erschöpfung wirkte dieser unter den Tieren noch am lebendigsten: Seine Augen glänzten vor Hunger, und seine ganze Aufmerksamkeit galt den kleineren Kängurus, die einige der Larrakia gerade von der Jagd mitgebracht hatten und nun auf einem Spieß rösteten.
Reglos lagen die Matrosen auf dem Sand, ausgelaugter noch als die Drachen und über reine Erschöpfung hinaus vom Schrecken dessen ausgebrannt, was Laurence kaum eine Schlacht nennen mochte. Es hatte eher einem Kampf gegen eine elementare Gewalt geglichen, die allzu unvorsichtig beschworen worden und genauso schnell wieder verschwunden war, sobald ihr Blutdurst gestillt war. Draußen, jenseits des Hafenrandes, tollten bereits wieder Seeschlangen herum, unbekümmert wie Kinder, die eine kürzliche Ermahnung längst vergessen hatten.
Die Speere kampfbereit gesenkt, berieten sich die älteren Männer der Larrakia miteinander, und die jüngeren mischten sich nur gelegentlich ein. Ein Zögern hatte beide Seiten ergriffen. Niemand war von der Gewalttätigkeit des Ausbruchs unberührt geblieben.
Schließlich trat Galandoo aus den Reihen der Männer nach vorn und bedeutete Tharunka, seine Worte zu übersetzen.
»Es ist Zeit zu gehen«, wandte er sich in schlichten Worten an Laurence.
17
Während ihrer langen, mühevollen Rückreise, die selbst auf dem Rücken eines Drachen noch den halben Herbst lang dauerte, sahen sie nie einen der Ureinwohner. Doch obwohl sich die Wüste scheinbar ewig dahinzog, blieb ihre Reise stets von Wachsamkeit und dem Gefühl geprägt, verfolgt zu werden. Jeden Morgen entdeckten sie genügend Spuren und Hinweise, um zu wissen, dass man sie beobachtete. Und so ließen sie, nachdem sie eilig etwas getrunken hatten, das wenige an den Wasserlöchern, was sie von ihrer Jagdbeute entbehren konnten, für die Bunyips zurück. Zum Ende des Jahres hin wurde das Land zunehmend karger und unwirtlicher, und es wurde immer schwerer, die vier Drachen zu versorgen, von denen einer darüber hinaus noch einen besonders ausgeprägten Appetit besaß.
Dorset gefiel es überhaupt nicht, dass alle vier Tiere dünner geworden waren, als sie schließlich an der letzten Landmarke ankamen, dem großen Monolith. Er stach deutlich aus der roten Wüste hervor, deren gesamte Vegetation inzwischen von der Sonne gelb verbrannt war. Von hier aus schlugen sie den Weg in Richtung Küste ein.
»Wenigstens werden wir bald zum See gelangen«, sagte Temeraire, der müde aus einem weiteren Wasserloch schlürfte, das so seicht war, dass er nicht einmal seine Schnauze tief genug hineinhalten konnte, um anständig zu trinken.
Für die Dauer des zweiwöchigen Fluges richteten sich all ihre Hoffnungen auf den See. Sie hatten erst die Hälfte des Heimweges hinter sich, kamen jetzt aber immerhin mit viel höherer Geschwindigkeit
voran als während ihres Hinfluges. Denn nun konnten sie geradeaus fliegen, statt einen unbekannten Feind zu verfolgen, und die Aussicht auf die Zuflucht, die der See ihnen bieten würde, trieb sie zusätzlich an. Als sie in der
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