Drachenflamme: Roman (German Edition)
in den Körper der größten von ihnen zu schlagen. Allerdings musste er jetzt auch noch gegen den Ozean ankämpfen. Er blieb mit rotierenden Flügeln in der Luft stehen, und die Wellen schwappten gegen seinen Schwanz und die unteren Ränder seiner Flügel, während er die Schlange hochzuziehen versuchte. Schließlich ruderte er zurück, und schon war sie wieder seinem Griff entglitten. Währenddessen war plötzlich eine weitere große Schlange aus der Tiefe aufgetaucht, hatte das Deck umschlungen und das Schiff unter lautem Stöhnen in eine Schieflage gezogen.
Die Nereide begann zu kentern, und die Schlangen, die sich immer noch auf der anderen Seite hochschoben, um auf das Deck zu gelangen, drückten sie noch weiter hinunter. Schreie erklangen aus ihrem Inneren, und vereinzelt donnerten die Kanonen, dann ganz plötzlich zog sich die Schlinge des Schlangenkörpers fester und fester zu. Splitternd begannen die Deckplanken zu bersten. Wasser floss über die Reling und stürzte in die Öffnungen.
Das Schiff sank. Verzweifelt sah sich Laurence um. Iskierka hatte sich den Anker der Otter geschnappt, um sie im seichten Wasser am Ufer auf Grund zu setzen, wohin ihr die Schlangen nicht folgen konnten. Männer sprangen von den Seiten hinunter, um jenen Schlangen zu entgehen, die sich noch immer am Schiffsrumpf festklammerten, obwohl sich Caesar und Kulingile angestrengt bemühten, sie herunterzuzerren. Sogar Tharunka half jetzt mit. Sie holte Männer aus dem Wasser, um einen nach dem anderen ans Ufer zu fliegen, wo die herbeigelaufenen Larrakia begannen, die stolpernden Überlebenden aus dem Wasser zu ziehen.
Mehr konnte man nicht mehr tun. »Temeraire«, rief Laurence, »kannst du das Schiff auf die Sandbänke ziehen oder schieben?« An den Windungen der Schlange fand Temeraire einen unverhofften, wenngleich erschreckenden Halt, und auch Kulingile kam, um ihm
zu helfen. Seine langen Klauen bohrten sich tief in das Fleisch des Monsters, und zusammen schafften sie es, den Schiffsrumpf, der immer weiter zersplitterte und aufbrach, abzuschleppen.
Auf dem Deck befand sich jetzt niemand mehr. Die Wellen, die flach dagegenschlugen, spülten die Reste der Brühe mit Seewasser davon. Zwar sank das Schiff mit jedem Moment tiefer, doch sie bewegten sich gleichmäßig auf das Ufer zu, und als das Wasser seichter wurde, ließen sich die weniger rasenden Schlangen herunterfallen. Einen Augenblick lang bildete sich Laurence ein, dass die zweite der großen Schlangen mit so etwas wie kühler Überlegung zu ihnen emporblickte, bevor auch sie losließ und in das aufgewühlte Wasser tauchte.
Endlich erreichte die Nereide ein niedriges Riff in der Nähe der Otter . Dort gelang es ihnen mithilfe von Temeraires Klauen und zackigen Korallen, die noch immer um den Rumpf gewundene Schlange loszuschneiden. Sie war tot und schlüpfrig vom Blut. Unterdessen rettete Demane bereits Männer aus der Luke. Er stand in seinen Gurten, um ihnen dabei zu helfen, auf Kulingiles Rücken zu klettern, während sich der Drache an der Reling festhielt, die Seiten mächtig aufgebläht, um für einen sicheren Halt zu sorgen.
Es gab keine Hoffnung, das Schiff wieder aufzurichten. Der Kiel selbst war gebrochen, und große Risse hatten sich am Rumpf entlang aufgetan. Es wurde bereits dunkel, und Laurence schickte Demane zum Ufer zurück, während Temeraire weiter in der Luft blieb, um jene Männer in Empfang zu nehmen, die noch gerettet werden konnten. Willoughby wurde hochgereicht, ein Auge bandagiert und mit einem unter dem Knie abgetrennten Bein. Nach ihm kletterte der Arzt empor, dann krochen die vom Rauch verschmierten Geschützmannschaften heraus. Sie konnten sich nur noch an jenen Teilen des Geschirrs festhalten, die für sie erreichbar waren, und obwohl Temeraire langsam und vorsichtig zum Ufer flog, um sie dort abzusetzen, schafften es einige nicht mehr und fielen hinunter in die
Brandung, von wo aus sie dann erschöpft ans Ufer gespült wurden und die letzten paar Meter bis auf den Sand krochen.
Noch einmal und dann noch ein drittes Mal flog Temeraire los, um Männer aus dem Wasser zu holen. Währenddessen versank die Sonne hinter dem Pavillon, dessen lackiertes Dach in rotem Schein erglühte. In den Wogen der Flut schaukelten die Leichen der Seeschlangen. Dann ließ sich auch Temeraire endlich auf den Sand des Ufers sinken, schwer atmend und den Hals vor Erschöpfung tief hinabgebeugt.
Die Larrakia sahen zu. Jene jungen Männer, die geholfen hatten,
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