Drachengasse 13, Band 01: Schrecken über Bondingor (German Edition)
Nase beinahe die ihre berührte. Seine Stimme war kaum mehr als ein Zischen, als er fragte: „Apfel oder Erdbeere ?“
Hanissa blinzelte überrascht. „Was ?“
„Apfel oder Erdbeere ?“ , wiederholte Sando ungeduldig.
Tomrin grinste. So langsam verstand er …
Plötzlich konnte sich auch Sando nicht mehr beherrschen. Er sah in Hanissas ratloses Gesicht und prustete los. „Starr mich nicht so an, so sind wir Flussschiffer eben “ , rief er lachend. „Ich wollte nur wissen, ob du lieber Apfel- oder Erdbeerbrause trinkst. Wie gesagt: Da hinten ist die Schenke meines Onkels Gump. Und damit wir unseren dummen Streit vergessen, gebe ich einen aus. In Ordnung ?“
Endlich begriff Hanissa. „Na, dann nichts wie hin “ , sagte sie. „Und ich nehme Erdbeere, bitte sehr .“
„Sollst du haben .“ Sando grinste und zeigte mit ausgestrecktem Finger in die Gasse vor ihnen. „Wenn Ihr mir folgen möchtet, edle Gräfin? Und auch Ihr, mein Herr? Es ist angerichtet .“
„Sehr wohl “ , flötete Hanissa wie eine Edeldame. Tomrin bot ihr wie ein echter Ritter den Arm, und sie hakte sich bei ihm unter. Gemeinsam gingen sie die letzten Schritte hinter Sando her.
Als sie den Hafen erreichten, machte Tomrin große Augen. Es ging auf die Mittagszeit zu, deshalb war auf den Straßen und in den Gassen recht wenig los. Aber am Ufer des Fleets herrschte geschäftiges Treiben. Große Lastkähne lagen vor Anker und waren mit dicken Tauen an der Hafenmauer festgebunden. Überall wurden Kisten und andere Fracht an Land gebracht oder in den Bauch der wartenden Schiffe getragen. Andere Kisten stapelten sich auf der Uferstraße. Sie enthielten Waren aller Art. Dazwischen eilten Händler umher, in alten Brokatjacken und mit breiten schwarzen Hüten auf dem Kopf. Sie sahen wichtig aus oder wollten zumindest so aussehen.
Auch bärtige Flussschiffer in fleckigen Hemden waren bei der Arbeit. Gauner und Tagelöhner lungerten herum und hofften auf das schnelle Geld. Und ungewaschene junge Burschen standen am Ufer und sahen sehnsüchtig zu den Schiffen. Tomrin wusste, woran die Jungen dachten: an Abenteuer und die große weite Welt. Wahrscheinlich hatten sie an Land kein Glück gefunden und träumten nun von einer Zukunft auf dem Fleet – fern von Bondingor und vielleicht sogar fern des Königreichs Mintaria, zu dem Bondingor gehörte.
Tausend unterschiedliche Gerüche drangen an Tomrins Nase. Es roch nach Fisch, fremden Gewürzen und Pökelfleisch. Und nach Dingen, die der Junge nicht erriet. Aber am meisten roch es nach dem Fleet selbst, würzig und rau. Wie ein glitzerndes Band lag der Fluss in der Mittagssonne und schlängelte sich silbern durch die ganze Stadt. Dort am Hafen bestimmte er , wie die Welt aussah.
Tomrin spürte, wie ein unglaublich breites Grinsen sein Gesicht aufhellte. Genau so hatte er sich die Hafengegend immer vorgestellt. Nur das windschiefe Gebäude vor ihnen passte nicht ganz ins Bild. Dummerweise marschierte Sando direkt darauf zu.
An der schlichten und aus krummen Brettern genagelten Holztür hielt der Straßenjunge an. „Da wären wir “ , sagte er stolz. „Das ist Gumps Brandung .“
Tomrin und Hanissa stand der Mund offen. Ausgerechnet das sollte eine Hafenkneipe sein?
Die Schenke befand sich in einem kleinen Haus am Ende der Gasse, aus der sie gerade gekommen waren. Daneben standen nur deutlich größere Gebäude.
Das Haus war zwei Stockwerke hoch, und sein Giebeldach bestand aus uralten Ziegeln, auf denen bereits Moos wuchs. Die Wände waren aus einer wilden Mischung aus Stein, Torf und Lehm gefertigt und in einem schmutzigen Weiß verputzt. Dicke, schwarz gestrichene Holzbalken zogen sich durch jede Wand. Sie gaben dem Bau zusätzlichen Halt.
Den hatte er in Tomrins Augen auch dringend nötig! Wer auch immer Gumps Brandung gebaut hatte, war bestimmt kein Maurermeister gewesen: Dort bog sich eine Mauer nach außen, da hing ein Fenster schief in der Wand. Das Haus sah so abenteuerlich aus, dass es eigentlich hätte zusammenbrechen müssen.
Sando fiel gar nicht auf, wie erstaunt seine neuen Freunde waren. Er öffnete die Holztür und führte sie einfach in den Schankraum.
Dieser war menschenleer und nahm beinahe die gesamte untere Etage des Hauses ein. Durchgesessene Stühle und abgenutzte Tische verteilten sich auf einem schlichten Bretterfußboden. Auf der linken Seite befand sich eine Theke mit mehreren Hockern. Hinter dem Tresen stand ein Zwerg mit beeindruckendem Bart und räumte
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