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Drachenglut

Titel: Drachenglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Stroud
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und sein Zittern beendet.
    Er stand auf und machte sich daran, den Hang hochzuklettern. Alles sah immer noch zweidime n sional aus. Ein paarmal vertat er sich bei dem A b stand zu einem Felsbrocken oder Grasflecken und kam ins Rutschen, aber seine Sicht war nicht so sehr gestört, wie er befürchtet hatte, und bald erreichte er den H ö henrücken. Dort blieb er stehen, um sich zu orienti e ren.
    Es ging ihm gut. Eigentlich bestens. Das Klettern hatte ihm gut getan. Wenn bloß seine Schwester nicht …
    Ein Kaninchen rannte am anderen Ende der Senke über den Hügelkamm und verschwand. Michael blieb stocksteif stehen und das Herz wummerte in seiner Brust.
    Die Bewegungen des Kaninchens waren geiste r haft gewesen. Es war schnell gerannt, und er hatte nur w e nige Sekunden zusehen können, wie es über das Gras flitzte, aber er hatte genug gesehen, um zu erkennen, dass er es überhaupt nicht richtig gesehen hatte.
    Er hatte durch das Kaninchen hindurchgesehen!
    In dem grau-roten Zwielicht, das ihn umgab, war es fast unsichtbar gewesen. Er hatte die Konturen des Kaninchens gesehen, die Formen seiner Ohren, se i ner Pfoten. Aber wo war der Körper, wo war dessen Substanz? Während es rannte, hatte er das Gras hi n ter dem Körper gesehen. Und was war das für eine kristallklare Helligkeit gewesen, wo eigentlich der Kopf des Kaninchens hätte sein müssen? Aus der stumpf grau-roten Welt war plötzlich dieses Leuc h ten aufgetaucht, überraschend wie eine Perle im Matsch.
    Michael schüttelte den Kopf.
    Das war der Sonnenstich.
    Denk dran, sagte er sich, Stephen war auch im D e lirium gewesen. Alles egal. Er musste es bis nach Hause schaffen. Hastig drehte er der Senke den Rücken zu und wanderte zwischen den Schächten der alten Mine entlang abwärts.
    Fünf Minuten später erblickte er etwas, das ihn endgültig davon überzeugte, dass er verrückt gewo r den war. Zwei Gestalten näherten sich auf dem Pfad, der in einer lang gezogenen Kurve in die Schlucht hinunter nach Fordrace führte. Als er sie erblickte, waren sie noch mehrere Hundert Meter entfernt, sie liefen nebeneinanderher und hielten sich an den Händen, aber ihre unteren Körperhälften erschienen seltsam undeutlich. Michael konnte sich überhaupt nicht auf ihre Beine konzentrieren, doch das war vö l li g unwichtig angesichts des Entsetzens, das ihn packte, als er ihre Köpfe sah.
    Es waren zwei Gestalten mit Schafsköpfen.
    Sie hatten die langen Ohren und die stumpfen, g e krümmten, albernen Mäuler von Schafen. Außerdem umgab sie eine Art Aura von Schafsköpfigkeit: z u frieden, nett und irgendwie blöd.
    Allerdings setzten sich die Köpfe aus einem M u ster aus beweglichen Lichtern zusammen, sie glitze r ten wie Fischschuppen oder wie die Facetten eines Diamanten. Im Näherkommen erschienen die Obe r flächen der Köpfe, als würden verschiedene Farben miteinander verschwimmen. Ihre Umrisse lösten sich auf zu einer Art Aureole. Trotzdem erschienen sie deutlicher, wirklicher und dreidimensionaler als a l les, was Michael jemals gesehen hatte.
    Er blieb stehen und starrte die beiden Spaziergä n ger total verdutzt an.
    »Schöner Abend«, sagte der linke Kopf.
    »Hallo«, sagte der rechte.
    Eine Männerstimme. Eine Frauenstimme. Sie li e fen dicht an ihm vorbei und Michael roch noch das Parfüm, hörte das Knirschen ihrer Schritte und hörte wie im Traum den linken Schafskopf nahe am Ohr des rechten zwei Wörter voller menschlicher Ironie sagen: »Netter Kerl!«
    Michael sah ihnen mit offenem Mund nach. Er zwinkerte einmal. Und als wäre ein Schleier gelüftet worden, änderte sich das Bild. Der Himmel war wi e der blau, das Gras vertrocknet und gelbgrün wie z u vor, und die zwei Gestalten waren plötzlich ein ganz gewöhnliches Paar und so sehr miteinander beschä f tigt, dass sie sich nicht groß um die Aussicht kü m merten.
    Da rannte Michael los und schlitterte in panischer Angst den Abhang hinunter, ohne auf den Weg oder den Abgrund zu achten. Er rannte, ohne zu blinzeln, der Farn peitschte gegen seine Beine, bis seine A u gen vom Luftwiderstand schmerzten und sich mit Tränen füllten. Dann stolperte er über eine Wurzel und stürzte blindlings nach vorn, überschlug sich immer und immer wieder, bis das knackende G e strüpp den Sturz bremste und sich schließlich über ihm schloss.

 
     
    6
     
    Als Mr Cleever in der Kirche vorbeischaute, stand Tom in Hemdsärmeln und mit offenem Kragen in der Sakristei und wusch den letzten Rest Lehm von dem

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