Drachengold: Roman (German Edition)
anscheinend von selbst an sein Leben geheftet hatte. Laurence war sehr zufrieden damit, dass er die Welt hinter sich gelassen hatte und im Gegenzug von ihr vergessen worden war.
»Danke, das nehme ich gerne an«, hörte er Hammond sagen und drehte sich um. Endlich war Hammond wieder aus der Hütte herausgekommen, war in den angebotenen Faltstuhl gesunken und hatte sich ein Glas Rum von Mr O’Dea einschenken lassen. Laurence rieb sich mit der Hand übers Kinn, um das vertraute Jucken seines Bartes zu lindern. Nein: Hammond hatte auf keinen Fall den ganzen Weg aus Peking hierher zurückgelegt, um einige Briefe auszuliefern und ein wenig zu plaudern.
»Bitte gestatten Sie mir, noch einmal meine Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen«, sagte Hammond und sprang wieder auf, als Laurence sich zu ihnen gesellte. »Ich habe den ganzen Tag geschlafen! Und ich bin erstaunt zu sehen, wie weit Sie mit Ihrem Bauvorhaben vorangeschritten sind«, fügte er hinzu und nickte in Richtung des Pavillons.
»Ja, in der Tat«, sagte Temeraire, der bei diesem Kompliment seinen Kopf herumschwang. »Alles entwickelt sich ganz prächtig, und wir haben uns sogar noch einige kleinere Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf einfallen lassen. Das müssen Sie sich ansehen, aber natürlich erst, wenn Sie sich wieder besser fühlen; Ihre Reise dürfte alles andere als komfortabel gewesen sein.«
»Ganz richtig«, bemerkte Hammond mit Nachdruck. »Aber ich sollte mich nicht beklagen. Laurence, können Sie sich das vorstellen – drei Wochen Flug? Heute vor drei Wochen am Sonntag habe ich noch in Peking Tee getrunken, das ist doch wohl kaum zu glauben. Auch wenn ich mir nicht ganz sicher bin, ob ich diese Erfahrung überlebe. Vielen Dank, ja , Sie dürfen nachschütten.«
Hammond war kein kräftig gebauter Mann und trank üblicherweise nicht viel. Die drei Schlückchen des starken, unverwässerten Rums hatten ihn weniger vorsichtig werden lassen; ansonsten hätte er vermutlich kaum so bereitwillig Auskunft gegeben, als Laurence sagte: »Sir, Ihre Gesellschaft ist uns immer höchst willkommen, aber ich muss gestehen, dass ich mir nicht erklären kann, was Sie nun wirklich hierherführt. Sie können doch wohl nicht ohne triftigen Grund solche Strapazen auf sich genommen haben.«
»Oh!«, antwortete Hammond und sah sich vergeblich nach einem Tisch um. Dann entschied er sich dafür, sein Glas auf dem Boden abzustellen, richtete sich auf und strahlte: »Ich sollte es Ihnen rundheraus sagen: Ich bin hier, um Sie in den Dienst zurückzuholen, Kapitän. Sie sind wieder eingesetzt und …« Laurence starrte ihn ungläubig an, während Hammond umständlich in der Innentasche seines Mantels herumkramte. »Ich habe Ihnen sogar die hier mitgebracht.« Damit förderte er die zwei goldenen Litzen zutage, die einen Kapitän des Luftkorps auswiesen.
Laurence zwang sich einen Moment lang zum Innehalten, obwohl er sich fast zu einer unwillkürlichen, hastigen Bewegung hatte hinreißen lassen. Wenn dort nicht zwei Kapitänsstreifen auf Hammonds Handfläche gelegen hätten, hätte er das Ganze für einen schlechten Scherz gehalten, für eine verdrehte Idee, geboren aus Erschöpfung und zu viel Alkohol. Doch so viele Vorkehrungen ließen die Mitteilung ernst gemeint erscheinen – ernst gemeint, aber dadurch keineswegs weniger absurd. Er war ein Verräter. Da er Bemerkenswertes während der französischen Invasion in England geleistet hatte, war die ursprüngliche Strafe für sein Verbrechen abgemildert worden. Anstatt ihn aufzuhängen, hatte man ihm aufgrund der geleisteten Dienste die Gnade der Verbannung gewährt. Seitdem hatte er nichts mehr getan, was ihm die geschätzte Aufmerksamkeit von Whitehall hätte einbringen können, sondern er hatte vielmehr die Befehle eines Marineoffiziers kategorisch abgelehnt.
Temeraire strahlte: »Oh! Oh, Mr Hammond, wie können Sie uns eine solche Nachricht so lange vorenthalten? Aber ich darf Sie nicht tadeln, wo Sie uns doch so fantastische Neuigkeiten mitbringen.« Er hatte seinen Kopf so gesenkt, dass er mit einem seiner riesigen Augen die goldenen Balken begutachten konnte. »Laurence, du musst dir sofort deinen grünen Mantel bringen lassen. Mr Shipley! Mr Shipley, bitte schaffen Sie Laurence’ Kiste her …«
»Nein«, unterbrach ihn Laurence. Dann wandte er sich an Hammond und fuhr mit größerer Höflichkeit, als er in Wahrheit der Situation angemessen fand, fort: »Nein, vielen Dank, Sir. Ich bin mir sehr
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