Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachengold

Drachengold

Titel: Drachengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Novik Naomi
Vom Netzwerk:
zur Tür hinauszuschleifen versuchte oder, genauer gesagt, ihn vor sich her stieß, während er dessen Mantel glättete und Granbys halbherzige Versuche, ihn abzuschütteln, ignorierte. »Wir müssen auf der Stelle los. Auf der Stelle.«
    Das Gespräch verlief vollkommen einseitig. Granby zog sich nach der ersten Begrüßung erleichtert in den Hintergrund zurück, während Hammond mit allem, was er zu bieten hatte, in die Bresche sprang. Aber Anahuarque lauschte nur unbewegt, während Hammond es mal auf diesem Wege, mal auf jenem versuchte. Er wies auf die Gefahren einer Ozeanüberquerung hin, sprach von der Revolution in Frankreich und der Exekution der Königin und des Königs; er zählte all die vielen Nationen auf, die sich gegen Napoleons Ehrgeiz zur Wehr setzten, ohne allerdings zu erwähnen, dass unter diesen auch Spanien war, das beinahe schon gefallen war, Preußen, das besiegt worden war, Österreich, das sich auf einen Waffenstillstand eingelassen hatte, und Russland, das nur aus der Ferne zusah …
    Irgendwann gingen ihm die Themen aus, und Anahuarque hatte noch immer nichts gesagt, sondern lediglich ihre dunklen Augen auf den Gästen ruhen lassen. Ihr Schweigen diente offensichtlich einem einfachen Zweck: Es brachte Hammond dazu, wie ein Wasserfall zu plappern und dabei auch unwillentlich eine Menge Dinge preiszugeben.
    Laurence erhob sich daher und sagte ruhig: »Madam, wir wissen nicht, was bei Ihrer Entscheidung den Ausschlag geben wird, und so denke ich, es ist am besten, wenn wir Sie jetzt allein lassen, damit Sie Zeit zum Nachdenken haben. Wenn Sie gestatten, dann will ich nur so viel sagen: Der Kaiser ist ein außerordentlich talentierter Mann«, er ignorierte Hammond, der plötzlich heftig an seinem Ärmel zupfte, »ein außerordentlich talentierter Mann, der die Fähigkeiten, die ihm in die Wiege gelegt worden sind, jedoch in den schrecklichen Dienst seines Ehrgeizes stellt. Seine Gier danach, zu erobern und andere Menschen zu unterwerfen, ist schier unerschöpflich. Welche Hilfe auch immer Sie ihm angedeihen lassen, Sie können gewiss sein, dass sie diesen Zwecken Vorschub leisten wird, ganz gleich, welches Elend und welche Not Napoleon damit über die Welt bringt.«
    Er verbeugte sich und drehte sich zu Temeraire um, der darauf wartete, ihn auf seinen Rücken zu heben.
    Â»Wunderbar gesprochen, Laurence«, sagte Temeraire, als sie, begleitet von Iskierka, zurück zum Hof und zu ihrem Lager flogen. »Ich bin mir sicher, dass wir sie damit für uns gewonnen haben. Niemand kann Napoleon dabei helfen wollen, noch mehr Kriege zu führen. Nicht, dass Kriege nicht auch aufregend wären, aber vor allem sind sie unvernünftig.«
    Laurence schüttelte den Kopf. Er wusste nicht mehr, als dass er endlich die Wahrheit ausgesprochen hatte, und blickte zu Mrs Pemberton, die ebenfalls unter den Gästen gewesen war. Nach kurzer Überlegung sagte sie: »Ich wäre beruhigter, wenn die Herrscherin der Inka sich nicht ebenfalls selbst eine Krone aufgesetzt hätte.« Und sie fügte hinzu: »Aber andererseits glaube ich nicht, dass sie darauf erpicht ist, sie mit jemandem zu teilen.«
    Das Festgelage war eine höchst sonderbare Angelegenheit. Französische und englische Soldaten saßen einander gegenüber und waren nicht in der Lage oder auch nur willens, miteinander zu kommunizieren, es sei denn dadurch, dass sie sich gegenseitig finstere Blicke zuwarfen. Die Generäle der Inka an den oberen und unteren Enden des rechteckigen Tisches verfuhren im Großen und Ganzen nicht anders. Die Drachen, die hinter den Männern saßen, unterhielten sich murmelnd, während sie ihre gebratenen Lamas verspeisten. Selbst Hammond und De Guignes schienen die äußerst angespannte Stimmung und das Schweigen aus dem Tritt gebracht zu haben. Die einzige Person, die sich augenscheinlich pudelwohl fühlte, war Napoleon selbst.
    Offenbar hatte er ein bisschen Quechua gelernt, und nun drängte es ihn, von den wenigen Worten, die er sich angeeignet hatte, Gebrauch zu machen. Sein Akzent und sein Mangel an jeglicher grammatikalischer Korrektheit, was Temeraire später verächtlich Laurence gegenüber anmerkte, spielten für ihn keine Rolle. Napoleon war unablässig um die Herrscherin bemüht, obwohl er einige Plätze von ihr entfernt saß. Als einer der Krieger an ihrer Seite eine ziemlich

Weitere Kostenlose Bücher