Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachengold

Drachengold

Titel: Drachengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Novik Naomi
Vom Netzwerk:
gleichgültig, ob ich mich Premierminister oder Gouverneur oder Großmeister der Kängurus nenne«, sagte MacArthur zu Hammond und wiederholte diesen Ausspruch mit kleineren Variationen bei jeder sich bietenden Gelegenheit, wann immer ihm irgendjemand sein Ohr lieh. »Man muss uns nur zugestehen, dass wir uns mit unseren eigenen Angelegenheiten besser auskennen als sonst irgendjemand und sie deshalb auch eigenmächtig regeln dürfen, anstatt tatenlos herumzusitzen und acht Monate lang darauf zu warten, dass uns eine Entscheidung aus Westminster erreicht. Noch schlimmer ist es, wenn man uns unerwünschterweise einen kleingeistigen, aber dafür großspurigen Marineoffizier vor die Nase setzt, der dafür sorgt, dass wir uns mit unseren nächsten Nachbarn in die Haare geraten, die nur nach geeigneten Handelspartnern Ausschau halten, die wir gerne für sie sein würden.«
    Der Unterschied zwischen dieser Position und tatsächlicher Unabhängigkeit schien Laurence eher eine Definition auf dem Papier zu sein, aber immerhin brachte es Hammond zumindest für den Moment über sich, MacArthur als Gouverneur zu bezeichnen, die britische Fahne am Mast auf dem Regierungshaus zur Kenntnis zu nehmen und zu diesem festlichen Abendessen zu erscheinen.
    Es war beinahe unvermeidlich, dass die Anzahl an Damen und Herren am Tisch nicht aufging, aber Mrs MacArthur hatte es geschafft, wenigstens so viele Frauen aufzutreiben und zwischen den Männern vom Rang eines Leutnants oder höher zu verteilen, dass zumindest an der oberen Hälfte des Tisches der Eindruck entstand, die Geschlechter seien in gleicher Anzahl geladen. In sozialer Hinsicht war die Kolonie noch immer rückständig. Laurence fand sich neben der ausnehmend schönen Ehefrau eines Kapitäns vom Neu-Südwales-Korps wieder, der zu MacArthurs Untergebenen zählte, aber bereits nach allerkürzester, höflicher Plauderei hatte sich herausgestellt, dass sie wegen Taschendiebstahls auf einem Strafgefangenenschiff hierhergebracht worden war.
    Mrs Gerald konnte über ihre Ehe hinaus kaum als ehrenwert bezeichnet werden, und nach dem dritten Glas scheute sie sich nicht, freimütig einzugestehen: »Ein doller Witz. Timothy hätte immer so weitergemacht, denn er hoffte darauf, sich eine reiche Frau zu angeln, sollte er jemals nach England zurückkommen. Gibt es etwas Ermüdenderes für ein junges Mädchen, als sich solche Hirngespinste anhören zu müssen? Also schrieb ich mir selbst einen langen Brief, unter den ich den Namen von einem meiner alten Verehrer zu Hause setzte. Ich berichtete an seiner statt, wie gut sich die Dinge bei ihm entwickelten und dass er mich gerne mit einem Ring am Finger, bitte schön, an seiner Seite wüsste, und ich ließ dieses Schreiben offen herumliegen, damit Timothy es auch entdeckte. Natürlich wollte ich nur, dass er aufhörte, so zu tun, als ob ich es nicht wert sei, dass mich irgendein Mann als Ehefrau in Betracht zog. Aber er wurde fuchsteufelswild und wetterte so über diesen Brief, dass ich schließlich die Beherrschung verlor und ihm an den Kopf warf, er könne mich ja selber heiraten oder sich zum Teufel scheren. Und hier bin ich nun! Ich kann Ihnen sagen, er hätte es schlechter treffen können, denn ich bin mir sicher, keine reiche Frau hätte auch nur den Schimmer einer Ahnung, wie man in einem Land wie diesem über die Runden kommen soll.«
    Trotz ihres offenkundigen Mangels an Feingefühl war sie eine angenehme Tischnachbarin, vor allem im Vergleich zu dem bedauernswerten Geschöpf auf Laurence’ anderer Seite. Es hätte ihn sehr gewundert, wenn diese Miss Hershelm auch nur einen Tag älter als fünfzehn Jahre gewesen wäre. Anscheinend hatte man sie gerade rechtzeitig für diese Abendveranstaltung aus dem Klassenzimmer entlassen, und auch wenn sie eindeutig von besserer Herkunft und Bildung als Mrs Gerald war, war sie doch mit solcher Schüchternheit geschlagen, dass ihr Laurence trotz aller Anstrengung kaum eine Silbe entlocken konnte und sie nicht ein einziges Mal den Blick von ihrem Teller hob.
    Laurence schien diese Festivität wenig geeignet für ein solches Kind, vor allem, weil die jüngeren Männer weiter unten am Tisch schon bald zu vergessen schienen, in welcher Gesellschaft sie sich befanden, und zu prahlen anfingen. Laurence sah, wie Mrs MacArthur einen scharfen Blick die Tafel hinunter auf die

Weitere Kostenlose Bücher