DrachenKind (German Edition)
sich wieder in ihre Hütten zurückgezogen haben. Sie waren verwundbar wie Faultiere, schwach wie Fliegen, und doch waren sie lästiger als jede Art von Parasiten. Aber sie ließen sich entfernen, Stück für Stück. Er dachte nach. Welche Hütte sollte er zuerst nehmen? Vielleicht die, in der die Jugendlichen sich befanden. Die waren am schlimmsten von allen, denn sie waren potentielle Gegner. Also ja, die zuerst. Er gab seinem Gefolge ein Zeichen und sie verflüchtigten sich wie Dampf. Nur noch schwach zu erkennen, schlichen sie sich in das Dorf, vorbei an den ersten Hütten. Ein Wolf bellte wütend und mit einem Schwung des Stabes, der rot zu glühen begann, verstummte das Tier. Für immer. Manous Männer lächelten. Endlich, nach vielen leisen Schritten durch den Sand des Dorfes, kamen sie zu einer der größten Hütten. Hier befand sich der Nachwuchs, die Jugend dieser Hölle, die Asylanten, der Abschaum. Manou blieb stehen. Dann nahm er seinen Stab in beide Hände, hob ihn über den Kopf und schloss die Augen. Einen letzten Gedanken an die Belohnung, die ihn nach abschließen dieser Tat erwartete, dann rief er alle Kräfte des Rates und des Herrschers zusammen und richtete das dicke Ende des Stabes auf die Hütte.
Seath, die Meisterin des Dorfes, kam gerade mit einem Korb voller Äpfel von der Plantage zurück. Diese ständig wechselnden Lichtverhältnisse ließen die Ernte von Jahr zu Jahr kleiner werden. Aber sie reichte vielleicht noch dieses Jahr, dann würde es nie wieder einen genießbaren Süßapfel geben. Als sie bemerkte, wie sich der Himmel verdunkelte, beeilte sie sich nach Hause. Sie lief unermüdlich, die Arbeiter der Plantage hinter sich, beeilte sich ins Dorf. Als sie angekommen waren, schickte sie jeden einzelnen von ihnen nach Hause, gab ihnen frei, bis es wieder hell würde. Dann machte sie sich auf den Weg in den Tempel, aber noch bevor sie ihn erreichte, ertönte ein markerschütternder Knall, gefolgt von einer Druckwelle, die sie von den Füßen riss. Sie krachte hart gegen die Mauer einer kleinen Hütte und fiel zu Boden. Schon im nächsten Moment war sie wieder auf den Beinen und die gewaltige Explosion trieb einen flammenden Rauchpilz in den dämmrigen Himmel, immer größer werdend. Der schwarze Qualm waberte träge und von der Explosion in wirbelnde Bewegungen versetzt nach oben, breitete sich sehr langsam aus. Seath streckte den linken Arm aus, verscheuchte den Qualm und die Asche mit einem heftigen Aufwind. Dann lief sie zu der Stelle, an der sie das Unglück vermutete. Als sie um die Ecke der Mühle bog, blieb sie wie festgewachsen im erhitzten Sand stehen, auf dem sich eine dünne Glasschicht gebildet hatte. Vor ihr befand sich ein beachtlicher Krater, so tief wie eine ganze Hütte hoch. Riesig, groß genug um eine Schafsherde darin unterzubringen. Die verkohlten Überreste der Jugendhütte lagen verstreut im verbrannten Gras, rundherum um den Krater. Seath schloss die Augen. Wieder. Manou hatte sie schon wieder angegriffen, er hatte weit über einhundert Kinder und Jugendliche ermordet. Sie setzte sich weinend auf die Erde. Mit dem Rücken an die Steinwand der Mühle gepresst stieß sie einen Wutschrei aus, der sich wie die nahende Dunkelheit im ganzen Dorf ausbreitete. Neben sich hörte sie ein Geräusch. Die schwere Holztür der Mühle öffnete sich, und Mesh, der alte Müller setzte sich zu ihr. Er wischte sich die Tränen mit einer groben Geste aus dem Gesicht. Beide Hände mit den Handflächen nach oben, ein Zeichen für die Hilflosigkeit, betete er, eine Antwort auf all dies zu erhalten. Er wusste nicht mehr, was er tun sollte. Neben den Segeln der Mühle waren die Scheiben seines und auch der umstehenden Gebäude zerschmettert worden. Es dauerte lange, wieder ein perfektes Mastensystem zu bauen und einen neuen Satz der riesigen gewebten Segel herzustellen. So lange würde das Dorf ohne Mehl auskommen müssen, oder jeder musste sich selbst etwas mahlen. Er sah Seath an, die sich beruhigt hatte und den Himmel anstarrte. Jeden Tag hoffte sie auf eine Bewegung, ein Zeichen, die Rettung. Aber Mia war noch nicht gekommen.
Kapitel 13
Eric öffnete erschrocken die Augen. Es war heller geworden, vielleicht kurz nach Mitternacht. Der Traum hatte ihn aus seinem Halbschlaf gerissen. Er fühlte sich ausgeruht, wach und stark. Aber die Verzweiflung in ihm durchfloss seine Gedanken und er verschloss sie. Mittlerweile hatte er gelernt, dass seine Träume immer Wirklichkeit waren.
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