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Drachenläufer

Drachenläufer

Titel: Drachenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Khaled Hosseini
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wirbelten herum, und mir rutschte das Herz in die Hose. Assef und zwei seiner Freunde, Wali und Kamal, kamen auf uns zu.
    Assef war der Sohn eines Freundes meines Vaters namens Mahmood, eines Piloten, der bei einer Fluggesellschaft angestellt war. Seine Familie wohnte ein paar Straßen südlich von unserem Haus in einer vornehmen Siedlung mit hohen Mauern und Palmen. Wenn man als Kind im Wazir-Akbar-Khan-Viertel von Kabul lebte, wusste man Bescheid über Assef und seinen berühmten rostfreien Schlagring - hoffentlich ohne schon einmal persönlich dessen Bekanntschaft gemacht zu haben. Als Sohn einer deutschen Mutter und eines afghanischen Vaters überragte der blonde, blauäugige Assef alle anderen Kinder. Der wohlverdiente Ruf seiner Grausamkeit eilte ihm auf den Straßen voraus. Flankiert von seinen gehorsamen Freunden, schritt er durch das Viertel wie ein Khan, der mit seinem Gefolge, das darauf bedacht ist, ihm jeden Wunsch zu erfüllen, durchs Land zieht. Sein Wort war Gesetz, und wenn man Nachhilfe in Rechtsfragen benötigte, dann war dieser Schlagring genau das richtige Werkzeug. Ich habe einmal gesehen, wie er diesen Schlagring bei einem Kind aus dem Karteh-Char-Viertel eingesetzt hat. Ich werde nie vergessen, wie Assefs blaue Augen dabei funkelten - als wäre er von Sinnen - und wie er grinste, grinste, während er auf das arme Kind einschlug, bis es das Bewusstsein verlor. Einige Jungen im Wazir-Akbar-Khan-Viertel hatten ihm den Spitznamen Assef Goshkhor, Assef der Ohrenfresser, gegeben. Natürlich traute sich keiner, ihm den Namen ins Gesicht zu sagen, um nicht das gleiche Schicksal erleiden zu müssen wie der arme Junge, der, ohne es zu wollen, zum Urheber dieses Spitznamens wurde, als er sich wegen eines Drachens mit Assef prügelte und am Ende sein rechtes Ohr aus der dreckigen Gosse fischen musste. Jahre später lernte ich in Amerika ein Wort für eine Kreatur wie Assef, ein Wort, für das es kein gutes Äquivalent im Farsi gibt: Soziopath.
    Von all den Nachbarjungen, die Ali quälten, war Assef bei weitem der unerbittlichste. Er war auch derjenige , der mit den höhnischen Bemerkungen angefangen hatte: He, Babalu, wen hast du denn heute gefressen, häh? Komm schon, Babalu, schenk uns ein Lächeln! Und an Tagen, an denen ihn eine ganz besondere Inspiration überkam, verlieh er seinem Gehetze noch ein wenig mehr Würze: He, dußachnasiger Babalu, wen hast du denn heute gefressen? Sag doch, du schlitzäugiger Esel!
    Jetzt kam er auf uns zu, die Hände in die Seiten gestemmt. Seine Turnschuhe wirbelten kleine Staubwolken auf.
    »Guten Morgen, kunis!«, rief Assef winkend. »Schwuler« gehörte auch zu seinen Lieblingsschimpfworten. Hassan zog sich hinter meinen Rücken zurück, als die drei bedrohlich näher kamen. Sie blieben vor uns stehen, drei groß gewachsene, ältere Jungen in Jeans und T-Shirts. Assef, der uns alle überragte, kreuzte mit einem gefährlich aussehenden Grinsen die kräftigen Arme vor der Brust. Nicht zum ersten Mal kam mir der Gedanke, dass Assef möglicherweise verrückt war. Außerdem fiel mir ein, was für ein Glück ich hatte, Baba zum Vater zu haben, denn das war meiner Ansicht nach der einzige Grund, warum es Assef bisher unterlassen hatte, mich allzu sehr zu schikanieren.
    Er deutete mit einer ruckartigen Kopfbewegung auf Hassan. »Hallo, Flachnase«, sagte er. »Wie geht es Babalu?«
    Hassan erwiderte nichts, trat nur hinter meinem Rücken noch näher an mich heran.
    »Habt ihr schon gehört, Jungs?«, fragte Assef, dessen Grinsen nicht für einen Moment aus seinem Gesicht wich. »Der König ist weg. Ein Glück, dass wir den los sind. Lang lebe der Präsident! Mein Vater kennt Daoud Khan, wusstest du das, Amir?«
    »Mein Vater kennt ihn auch«, antwortete ich. In Wahrheit hatte ich keine Ahnung, ob das stimmte.
    »Mein Vater kennt ihn auch«, äffte mich Assef mit weinerlicher Stimme nach. Kamal und Wali stießen ein meckerndes Lachen aus. Wenn doch nur Baba bei uns wäre!
    »Daoud Khan war letztes Jahr zum Abendessen bei uns«, fuhr Assef fort. »Wie gefällt dir das, Amir?«
    Ich fragte mich, ob uns irgendjemand auf diesem abgelegenen Fleckchen Erde würde schreien hören. Babas Haus lag einen guten Kilometer weit entfernt. Wären wir doch nur dort geblieben!
    »Weißt du, was ich Daoud Khan beim nächsten Mal erzählen werde, wenn er zum Abendessen zu uns kommt?«, sagte Assef. »Ich werde eine kleine Unterhaltung mit ihm führen, von Mann zu Mann, von mard zu mard. Denn

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