Aufbruch zu den Sternen - Roman
Vorwort
Nach Apollo
Am 20. Juli 1969 erstarrten all die zahllosen Science-Fiction-Storys über die erste Landung auf dem Mond wie Fliegen im Bernstein. Wir haben nun die Gelegenheit, diese Geschichten aus einer neuen Perspektive zu beurteilen und mit einem wiedererwachten Interesse: Denn wir wissen jetzt, wie es wirklich bewältigt wurde, und können die Qualität der Voraussagen nachprüfen.
Entgegen einer allgemeinen Auffassung ist die Voraussage nicht die vorrangige Absicht der Science-Fiction-Autoren; nur wenige – wenn überhaupt jemand – haben beschrieben, »was einmal sein wird«. Die meisten Autoren spielen mit neuen Ideen und bauen ihre Geschichten auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Entwicklungen auf. »Was wäre, wenn …?«, ist der Gedanke, der allem Geschriebenen in diesem Bereich zugrunde liegt. Was wäre, wenn ein Mensch unsichtbar würde? Was wäre, wenn wir in die Zukunft reisen könnten? Was wäre, wenn es irgendwo im Universum intelligente Lebensformen gäbe? Dies sind die Sandkörner, um die der Autor seine bescheidene Perle wachsen lässt. Niemand ist mehr überrascht als er selbst, wenn die Entwicklung zeigt, dass er tatsächlich ein zukünftiges Ereignis richtig vorausgesagt hat.
Allerdings muss eingeräumt werden, dass die Geschichten über die Raumfahrt eine Ausnahme bilden. Auch wenn die ersten Werke wie Cyrano de Bergeracs Die Reise zu den Mondstaaten und Sonnenreichen als reine Fantasy anzusehen sind, basierten die meisten der in den vergangenen hundert Jahren geschriebenen Erzählungen so weit wie möglich auf exakter Wissenschaft und vorhersehbarer Technologie. Die Autoren glaubten tatsächlich, dass sie einen Blick in die Zukunft taten und sie in groben Zügen beschrieben. Mehr noch, die Pioniere der Astronautik bedienten sich der Fiktion bei dem Bemühen, ihre Ideen der Öffentlichkeit vorzustellen und nahezubringen. Ziolkowski, Oberth und Wernher von Braun haben irgendwann einmal Space Fiction geschrieben. Dabei haben sie die Zukunft nicht nur vorhergesagt, sondern sie haben sie gleichzeitig geschaffen und geprägt.
Ich muss gestehen, dass ich Ähnliches im Sinn gehabt hatte, als ich mich mit diesem Buch beschäftigte. Geschrieben wurde es im Juli 1947 während meiner Sommersemesterferien als Student am King's College in London. Die endgültige Fertigstellung nahm genau zwanzig Tage in Anspruch, ein Rekord, den ich seitdem nie mehr erreicht habe. Der kurze Zeitraum erklärt sich aus der Tatsache, dass ich vorher länger als ein Jahr für das Buch recherchiert und Notizen zusammengetragen hatte; der Roman stand praktisch schon fertig in meinem Kopf, ehe ich den Schreibstift zum ersten Mal auf das Papier setzte. (»Schreibstift« trifft genau zu; das Originalmanuskript, das aus einer Reihe von handgeschriebenen Schulheften besteht, die ich noch aus meiner Dienstzeit bei der Royal Air Force zur Verfügung hatte, befindet sich nun in der Bibliothek der Universität Boston.)
In den zwanzig Jahren zwischen der Niederschrift dieses Buchs und der Mondlandung hat sich unsere Welt bis zur totalen Unkenntlichkeit verändert. Die folgenden Seiten mögen als nützliche Erinnerung daran dienen, in welcher Weise sich die Einstellung der Öffentlichkeit gegenüber der Raumfahrt, vor allem in den Vereinigten Staaten, geändert hat. Im Jahre 1947 erschien es durchaus vorstellbar und sinnvoll, in London ein Raumfahrt-Projekt in Angriff zu nehmen; einer meiner Romanhelden bemerkt dazu: »Ihr Amerikaner seid schon immer reichlich konservativ gewesen, was die Raumfahrt betrifft, und richtig ernst genommen habt ihr eine solche Möglichkeit einige Jahre nach uns.« Diese Behauptung stimmte sogar noch eine ganze Dekade, nachdem ich das Buch beendet hatte – als nämlich Sputnik 1 im Oktober 1957 ins All geschossen wurde. Es ist heutzutage schwer vorstellbar, dass sogar noch Ende der fünfziger Jahre amerikanische Wissenschaftler im Raketenbau die Idee von der Raumfahrt spöttisch belächelt haben. Mit einigen bemerkenswerten Ausnahmen wurde das Banner der Astronautik von Europäern hochgehalten – oder genauer von ehemaligen Europäern wie Willy Ley, der, welche Tragik, nur wenige Tage vor dem Datum starb, an dem Apollo II seine in vierzig Jahren entwickelten Träume wahr werden ließ.
Die bescheidenen Geldsummen, mit denen nach meiner Auffassung die Raumforschung betrieben werden konnte, werden jetzt ein wehmütiges Lächeln hervorrufen. Niemand hätte im Jahr 1947
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