Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert

Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert

Titel: Drachenlanze - Das Mädchen mit dem Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
Vom Netzwerk:

festgenommen oder erwischt. Die Verlobte des jungen Mannes,
jenseits der Berge, hatte eine schwindelerregend hohe
Belohnung auf die Mördern ausgesetzt – angeblich dreimal so
hoch wie der Betrag in der Kiste. Hinter vorgehaltener Hand
hieß es, Lady Mantilla hätte sich der schwarzen Magie
zugewandt und würde eine ansehnliche Zahl Spione und
Zauberer beschäftigen, wenn auch bisher erfolglos.
Kit blieb meistens in Piggotts Haus, denn sie hatte wenig
Lust, in Stumpfhausen herumzulungern. Sie hielt es für klüger,
keine Aufmerksamkeit zu erregen. Becks Schwert blieb unter
ein paar Büschen liegen, wohin sich keiner freiwillig begab.
Einige Zeit später legte sich das Gerede, bis schließlich
niemand mehr über den Raubüberfall sprach. Kit gab die
Hoffnung auf, Ursa jemals aufzuspüren und den ihr
zustehenden Teil der Beute zu bekommen. Die ganze Sache
schien ihr immer ferner. Da sie zum ersten Mal seit Jahren
nicht für ihre Halbbrüder zu sorgen hatte und sogar etwas Geld
in der Tasche hatte, genoß Kit ihre Unabhängigkeit.
Auch Mitas Gesellschaft trug dazu bei, ihr die Zeit
angenehm zu machen. Für sie war der Junge wie ein weiterer
kleiner Bruder, auch wenn sie gleichaltrig waren. Obwohl sie
den Verdacht hegte, daß Mita ihr gegenüber romantischere
Gefühle hegte, war Kit dankbar, daß er nie etwas in dieser
Hinsicht äußerte. Rein platonisch schliefen sie jede Nacht
wenige Meter voneinander entfernt und fühlten sich sehr wohl
dabei.
An einem trüben Nachmittag, als sie zusammen im Hof die
Eier von Piggotts Hennen suchten, fragte Kitiara Mita, warum
er hinkte.
»Weiß ich eigentlich nicht genau«, sagte er mit gesenkten
Augen, »weil sie ein unangenehmes Thema angeschnitten
hatte. »Hab’ ich schon immer getan. Früher habe ich gar nicht
weit von hier bei meiner Großmutter gewohnt. Sie hatte eine
Ziegenherde. Wenn ich sie fragte, wie es passiert ist, hat sie
mir nicht geantwortet. Sie hat nur den Kopf geschüttelt und
irgendwie traurig zur Seite geguckt. Piggott hat vermutet, daß
mir bestimmt mal eine große Ziege von ihr aufs Bein getreten
ist, und zwar deswegen.«
Mita zog sein Hosenbein hoch, um ihr eine rundliche Narbe
an dem verkürzten, rechten Bein zu zeigen, das er schonte. Kit
betrachtete die Narbe, war aber kaum davon überzeugt, daß sie
von einem Huftritt stammte.
»Was haben deine Eltern gesagt, wenn du sie gefragt hast?«
»Ich hab’ sie nicht gefragt. Hab’ sie nie gekannt. Ich kann
mich nur daran erinnern, wie ich bei meiner Großmutter gelebt
habe.«
Kit stand dicht neben Mita, und als ihre Augen sich trafen,
hatte sie das merkwürdige Gefühl, er würde gleich versuchen,
sie zu küssen. Aber der Moment verstrich. Welch ein
Unterschied zu El-Navars dreister Selbstsicherheit, mußte Kit
unwillkürlich denken.
Piggott war lange nicht so zurückhaltend wie Mita. Mehr als
einmal hatte sich der fette, schmierige Wirt lüstern direkt vor
Kit aufgebaut und etwas Unverschämtes von sich gegeben.
Aber Piggott drängte nie weiter, wenn Kitiara ihn abblitzen
ließ. Er wußte, daß sie stets ein kleines Messer dabei hatte, das
sie in ihrer Tunika verbarg.
Das eine Mal, wo Piggott ihr doch zu nahe auf die Pelle
gerückt und sein heißer Bieratem ihr ins Gesicht geschlagen
war, hatte Kit das Messer gezogen und ihm die Spitze gegen
seinen gewölbten Bauch gehalten. »Meine Güte, sind wir aber
zugänglich«, hatte Piggott gekrächzt, doch er hatte nicht mehr
bedrohlich geklungen, seine Stimme und seine Augen
schweiften nervös herum, weil er eine Möglichkeit suchte, sich
ohne Gesichtsverlust zurückzuziehen.
Piggott hatte gewöhnlich schlechte Laune. Hin und wieder
schlug er Mita auf den Hinterkopf und schimpfte ihn aus. Oder
wenn der Zwerg, der zu ihrer Mannschaft gehörte, einen Teller
fallen ließ oder zu spät kam, kürzte Piggott allen den Lohn.
Eines Morgens im Spätsommer wachte Kitiara mit dem
Entschluß auf zu gehen. Eigentlich nicht wegen Piggott – mit
dem wurde sie fertig –, eher weil die Aussichten auf Abenteuer
in Stumpfhausen mager waren. Sie hatte genug Geld; sie war
lange genug von Solace fortgewesen – jetzt konnte sie nach
Hause zurückkehren.
Sie erzählte es gleich Mita, und der überraschte sie mit der
Erklärung, daß er mitkommen würde. »Ich habe Piggotts
Schikanen satt«, meinte er. »Ich habe eine ganze Stange Geld
gespart und gehe mit dir.«
»Was ist mit deiner Großmutter?« fragte Kit. »Wird sie dich
nicht vermissen.«
»Ach, die ist vor drei

Weitere Kostenlose Bücher