Geschichte der O und Rückkehr nach Roissy
Pauline Réage
Geschichte der O und Rückkehr nach Roissy
Originaltitel: Histoire d'O
Übertragen aus dem Französischen von Simon Saint Honoré
Originaltitel: Retour à Roissy
Übertragen aus dem Französischen von Margaret Carroux
----
REVERS
Der Käufer dieses Buches hat auf einem beigelegten Verpflichtungsschein versichert, daß er das 21. Lebensjahr vollendet hat, auf den Inhalt des Buches vorbereitet war und daran keinen Anstoß nimmt. Er hat sich weiterhin verpflichtet, es vor Jugendlichen unter 21 Jahren unter Verschluß zu halten und solchen Personen vorzuenthalten, die mit Wahrscheinlichkeit zu einer objektiven Kenntnisnahme nicht in der Lage sind.
----
Geschichte der O, ein Vorwort
Vorwort: DAS GLÜCK IN DER SKLAVEREI
Ein Aufstand auf Barbados
Ein seltsamer Aufstand forderte im Lauf des Jahres 1838 auf der friedlichen Insel Barbados blutige Opfer. Etwa zweihundert Schwarze, Männer und Frauen, sämtlich durch die März-Erlasse in Freiheit gesetzt, suchten eines Morgens ihren früheren Herrn auf, einen gewissen Glenelg, und baten ihn, sie wieder als Sklaven anzunehmen. Eine Klageschrift, verfaßt von einem Anabaptisten-Pastor, wurde vorgelegt und verlesen. Dann begann die Diskussion. Aber Glenelg wollte sich, aus Zaghaftigkeit, Unsicherheit oder einfach aus Furcht vor dem Gesetz, nicht überzeugen lassen. Worauf die Schwarzen ihm zunächst gütlich zusetzten, ihn dann mit seiner ganzen Familie massakrierten, und noch am gleichen Abend wieder in ihre Hütten zogen, ihre Palaver und gewohnten Arbeiten und Riten wieder aufnahmen. Die ganze Sache konnte durch das Eingreifen des Gouverneurs MacGregor schnell unterdrückt werden, und die Befreiung nahm ihren Fortgang. Die Klageschrift übrigens wurde nie aufgefunden.
Ich denke manchmal an diese Schrift. Wahrscheinlich enthielt sie, neben berechtigten Einwänden gegen die Organisation der Arbeitshäuser (workhouses), die Ablösung der Prügelstrafe durch die Gefängnisstrafe, und das Krankheitsverbot für "Lehrlinge" - so nannte man die neuen, freien Arbeiter - zumindest in Umrissen eine Rechtfertigung der Sklaverei. Zum Beispiel die Bemerkung, daß wir nur für die Freiheiten empfänglich sind, die andere Menschen in eine entsprechende Knechtschaft werfen. Es gibt niemanden, der sich nicht freuen würde, frei zu atmen. Doch wenn ich mir zum Beispiel die Freiheit nehme, bis zwei Uhr morgens lustig Banjo zu spielen, so verliert mein Nachbar die Freiheit, mich nicht bis zwei Uhr morgens Banjo spielen zu hören. Wenn ich es fertigbringe, nichts zu tun, so muß mein Nachbar für zwei arbeiten. Zudem ist bekannt, daß totaler Freiheitsdrang unweigerlich schon bald nicht minder totale Konflikte und Kriege nach sich zieht. Dazu kommt noch, daß, kraft der Dialektik, der Sklave sowieso einmal zum Herrn wird, es wäre falsch, diese naturgesetzliche Entwicklung forcieren zu wollen. Ferner: sich ganz dem Willen eines anderen ergeben (wie dies Liebende und Mystiker tun), ermangelt nicht der Größe und schafft seine eigenen Freuden, so die Freude, sich - endlich! - befreit zu wissen von den eigenen Neigungen, Interessen und Komplexen. Kurz, diese kleine Schrift würde heute, mehr noch als vor hundert Jahren, als Häresie gelten: als gefährliches Buch.
Hier handelt es sich um eine andere Art von gefährlichem Buch, genau gesagt, um ein Erotikum.
I. Bündig wie ein Brief
Übrigens, warum nennt man diese Bücher gefährlich! Das ist zumindest unklug. Als hätte man es - wir alle fühlen uns ja gemeinhin recht mutig - geradezu darauf angelegt, daß wir sie lesen und uns so der Gefahr aussetzen. Es hat schon seinen Grund, wenn die Geographischen Gesellschaften ihren Mitgliedern nahelegen, in ihren Reiseberichten den Akzent nicht auf die bestandenen Gefahren zu legen. Nicht aus Bescheidenheit, sondern um niemanden in Versuchung zu führen (man bedenke nur die Leicht-Fertigkeit der Kriege). Doch welche Gefahren?
Eine zumindest besteht, und ich sehe sie von meinem Standpunkt aus sehr deutlich. Eine geringfügige Gefahr. Die gehört ganz offensichtlich zu den Büchern, die ihren Leser prägen - die ihn nicht ganz so zurücklassen, wie sie ihn vorfanden - oder ihn sogar völlig verändern: die von dem Einfluß, den sie ausüben, auf wunderliche Weise selbst erfaßt werden und sich mit dem Leser wandeln. Nach ein paar Jahren sind sie nicht mehr die gleichen Bücher. So daß die ersten Kritiken bald schon ein bißchen töricht wirken. Aber sei's drum, ein Kritiker sollte niemals
Weitere Kostenlose Bücher