Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
einen Drachenlord angeln.«
Also hatte sie seinen Sarkasmus nicht bemerkt; das hatte er auch nicht erwartet. Anstella hörte – und sah – nur das, was sie hören und sehen wollte. Trotz ihres Ehrgeizes minderte Anstellas Unbedarftheit ihren Nutzen für die Bruderschaft. Bedauerlich, daß Peridaen sich mit ihr eingelassen hatte.
»Und wenn die Richter allesamt Frauen sind?« fragte Peridaen. »Welche Tränen der Enttäuschung!« Seufzend griff er sich mit einer Hand ans Herz. Von der Bewegung verrutschte das große Amethyst-Amulett, das er stets trug. Der Edelstein funkelte purpurn.
Kas Althume lächelte mitleidig. »Selbst wenn, würden auch männliche Drachenlords eintreffen. Meines Wissens sind Drachenlords nur ungern von ihren Seelengefährten getrennt; zweifellos werden die Richter die ihren mitbringen. Es könnten also bis zu sechs Drachenlords bei uns eintreffen.«
»O Götter«, sagte die Baronesse voller Abscheu. »So viele?« Ihre Lippen verzogen sich wie die ihrer Tochter.
»Beruhigt Euch, Mylady. Wahrscheinlich werden es nur vier sein. Ich vermute, daß zwei der Richter Seelengefährten sind; der vierte wird den dritten Richter einfach nur begleiten«, erklärte Kas Althume.
»Also werden die jungen Dinger doch zu ihrer Chance kommen«, sagte Peridaen und strich sich über den Bart.
»Unwahrscheinlich. Es heißt, ein Drachenlord, der einen Seelengefährten hat, sei gegen Verführung immun.« Kas Althume nippte wieder am Wein.
»Schade. Sonst hätten wir ein wenig Unruhe unter ihnen stiften können.« Peridaen wandte sich auf seinem Stuhl um. Er winkte einen Diener heran, der ein Tablett mit Gebäck trug. Der Junge eilte herbei. Der Prinz wählte ein Stück aus, dann eilte der Diener wieder außer Hörweite.
»Gut geschult«, sagte Kas Althume.
»Darauf bestehe ich«, sagte Peridaen und sah wieder auf die Wiese hinaus. »Hmm – schade, daß selbst Eure magischen Kräfte nicht für einen Liebestrank ausreichen, mit dem man einen Drachenlord becircen kann. Ach so, ich vergaß. Weil wir nicht wissen, ob sie Magie spüren können, mußtet Ihr Eure Versuche einstellen. Verdammt! Und Rann tobt munter durch die Gegend. Wenn das so weitergeht, wird niemand glauben, daß er krank ist. Kas?«
Verärgert über Peridaens Annahme, seine Magie würde nicht für einen Drachenlord ausreichen, wandte Kas Althume den Kopf und blickte quer über die Wiese in den Pavillon der Herzogin Alinya, der Übergangsregentin von Cassori. Er sah den jungen Prinzen mit seinem Wolfshund herumtollen. Er sagte: »Ich werde veranlassen, daß er mehr von dem Mittel erhält. Vermutlich hat er heute morgen nicht seine tägliche Dosis bekommen. Es wird nicht wieder vorkommen.«
»Ich kann noch immer nicht glauben, daß Desia das getan hat«, sagte Peridaen gereizt. »Wenn ich es nur gewußt hätte …«
»Ihr hattet wirklich keine Ahnung, daß sie für den Fall ihres Todes Beren zum Thronfolger ernannt hatte?«
»Nicht die geringste. Das war die böseste Überraschung seit langem«, sagte Peridaen. Sein Blick verfinsterte sich.
Kas Althume zuckte mit den Schultern. Es war ein Rückschlag gewesen, richtig, aber er hatte die Gelegenheit genutzt, um einen noch ehrgeizigeren Plan zu schmieden. Man mußte stets bereit sein.
Ein Raunen aus der Menge ließ ihn aufschauen. Leute rannten umher, einige schrien vor Aufregung, alle deuteten nach Norden. Er schützte seine Augen mit der Hand vor dem gleißenden Sonnenlicht. Einen Augenblick später erkannte er am tiefblauen Himmel drei einzelne Punkte. Er hielt nach einem vierten Ausschau, konnte aber keinen entdecken.
»Ich dachte, es kämen mindestens vier«, sagte Anstella. Kas Althume konnte nicht heraushören, ob sie enttäuscht oder zufrieden war.
Er antwortete nicht. Stattdessen beobachtete er die näherkommenden Drachen. Und wunderte sich.
Zwei Drachen, der eine braun, der andere gelb, flogen nebeneinander. So groß sie seinen Menschenaugen auch erschienen, im Vergleich zu dem dunkelroten Drachen hinter ihnen waren sie klein. Ihre Schuppen glänzten im Sonnenschein. Die drei kreisten über der Menge, anmutig wie Schwalben, und verdunkelten einen Moment die Sonne.
Kas Althume konnte den Windstoß ihrer mächtigen Flügel spüren, während ihre Schatten über ihn hinwegglitten. Die plötzliche Brise ließ überall auf dem Feld die Banner flattern. Als die Drachen sie passiert hatten, erschlafften sie wieder. Leute schrien und duckten sich, obwohl die Drachen hoch über ihnen
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