Drachenlord-Saga 03 - Das Lied des Phönix
…«
Er hielt inne; Shima wartete, bis er sich wieder im Griff hatte. Dann fuhr der Mann fort: »Mein … Lieferant ist in Gefahr.« Die zornige Anklage in seiner Stimme war wie ein Schlag.
Der Seemann sprach gutes Yerrin, wenn auch mit deutlichem Akzent. Shima antwortete ihm aufgebracht in derselben Sprache.
»Und wir haben Euch, als all dies vor fünf Jahren begann, deutlich genug gesagt, daß Zhantse keine Gefahr für Eure Geschäftspartner gesehen hat.«
»Was sagte er?« wollte Zhantse in ihrer eigenen Sprache wissen. »Ich kann ihm ein wenig folgen, aber es genügt nicht.«
Shima übersetzte; Zhantse schüttelte den Kopf.
»Sag ihm«, erklärte der Schamane, »daß kein Akt der Gnade verschwendet ist. Ich sehe nicht, welche Rolle dieser Taren spielen wird, aber ich weiß, daß sie eine große Veränderung bringt. Sag ihm, daß ich noch immer keine Gefahr für ihn und die Seinen erkennen kann.«
Shima gab die Botschaft an den Seemann weiter. Der Mann behielt seine grimmige Miene bei, aber Shima konnte an seinem Blick sehen, wie sehr er sich danach sehnte, es glauben zu können. Endlich zuckte der Seemann die Schultern – ob es ein Zeichen von Resignation oder Niederlage war, hätte Shima nicht sagen können.
»Es liegt jetzt in den Händen der Götter«, meinte der Seemann. Die Amulette in seinen vielen Zöpfen klickten. »Und ich hoffe nur, daß Euer Schamane recht hat.«
Das unausgesprochene Oder hing zwischen ihnen in der Luft.
»Das hat er«, erklärte Shima mutig. Das hoffe ich.
»Eure Sänfte steht bereit, Begünstigte«, sagte Murohshei.
»Endlich«, fauchte Shei-Luin. Sie legte eine Hand auf ihren Bauch, als das Kind darin trat.
»Er ist stark«, sagte Tsiaa anerkennend. »Das ist gut.«
Shei-Luin warf ihrer Zofe unter gesenkten Lidern einen finsteren Blick zu. Aber Tsiaa lachte nur und half ihr aus dem Sessel.
»Ich weiß, ich weiß«, sagte die Zofe und zupfte Shei-Luins Gewand zurecht. »Ihr haßt diesen Teil der Schwangerschaft. Es ist wirklich unbequem, aber es wird bald vorüber sein, Herrin, und dann habt Ihr einen weiteren schönen Sohn.«
Zusammen gingen sie den kurzen Weg durch den Flur zu einem Hof vor dem Harem. Bei einer kunstvollen Sänfte warteten acht Eunuchen; sie verbeugten sich, als sie Shei-Luin sahen.
Shei-Luin stützte sich schwer auf Tsiaas Arm, als sie das glatte Steinpflaster überquerte. Gerade, als sie die Sänfte erreichte, ging das Tor zum Hof auf, und eine weitere Sänfte wurde hereingetragen. Shei-Luin blieb stehen und starrte sie überrascht an, denn die geschlossenen Vorhänge der neuen Sänfte zeigten das Wappen von Fürst Jhanun.
»Warte«, sagte Shei-Luin, als Murohshei den Vorhang ihrer eigenen Sänfte zur Seite zog und Tsiaa dazu ansetzte, ihr hineinzuhelfen. »Ich möchte sehen, was hier passiert.«
Sie dachte hektisch nach. Fürst Jhanun war Witwer, das wußte sie; zweifellos hatte seine Frau den Tod als einen Segen empfunden, nachdem sie mit diesem Mistkerl hatte leben müssen. Sie hatten keine Kinder, also konnte es keine Tochter sein.
Die Träger setzten die Sänfte ab. Einer zog den Vorhang zurück und bot derjenigen, die darin saß, die Hand. Einen Augenblick später tauchte eine junge Frau auf – sehr hübsch, dachte Shei-Luin, auf eine bescheidene Art und Weise.
Ihr scharlachrotes und blaues Gewand war üppig bestickt; Shei-Luin erhaschte einen Blick auf einen winzigen Pantoffel, der mit Süßwasserperlen bestickt war. Hinter dieser Frau stand Wohlstand, und Shei-Luin wußte, woher er kam.
Was brütete Fürst Jhanun nun schon wieder aus?
Die Frau begann, geführt von dem obersten Sänftenträger, auf das Haus zuzugehen. Shei-Luin blickte über die Schulter. Wie sie angenommen hatte, kam einer der Haremseunuchen, um die neue Bewohnerin zu begrüßen. Shei-Luin drehte sich wieder um, und ihr Blick begegnete dem der neuen Konkubine. Ihr blieb beinahe das Herz stehen. Nie hatte sie solche Leere im Blick eines anderen Menschen gesehen; es war, als wäre die Seele dieser Frau geflohen. Noch während Shei-Luin sich fragte, ob dies wirklich eine menschliche Frau war oder ein Fuchsgeist, der gekommen war, um Xiane hinters Licht zu führen, starrte die andere zum Palast hinauf, und nur zu menschliche Verzweiflung zeichnete ihre Miene.
Shei-Luin sah ihr nach, wie sie im Palast verschwand, bevor sie ihre eigene Sänfte bestieg. Als Tsiaa sich neben ihr niederließ, sagte Shei-Luin zu Murohshei: »Finde heraus, wer sie ist.«
»Das werde ich,
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