Drachenmord (Funny-Fantasy-Serie: Gesandter der Drachen) (German Edition)
in meine Handfläche.
Immer noch warteten alle.
Dann gab es hinter mir einen jähen Knall. Ein Blitz zuckte auf.
Kurz hing eine Rauchwolke über uns, die von Form und Größe an eine schlanke Gestalt in einem langen Mantel erinnerte.
Ich drehte mich um.
Orelût war fort.
Er hatte es offenbar vorgezogen, sich allem Folgenden auf Zauberer-Art zu entziehen.
Einige hatten aufgeschrien, als es blitzte. Nun waren sie wieder still. Wollte denn Niflingyr immer noch nicht umsinken?
Ich bückte mich, wischte Drachenspeichel und Zwergenblut am Gewand eines gefallenen Kriegers ab und hob die Kugel hoch, um sie allen zu zeigen.
„So“, rief ich. „Ich fürchte, ich muss einige hier schwer enttäuschen. Sie warten darauf, dass nun Drachen sterben. Dass sie leise und klaglos umfallen und tot sind. Ich muss euch sagen: Das wird nicht geschehen!“
Noch immer rührte sich niemand. Man hörte nur Niflingyr heftig einatmen.
Ich ließ die Kugel im Licht aufblitzen.
„Wie ihr gehört habt, bin ich der zweite Sohn des Reichsverwesers von Tar. Ihr dürft mir glauben, dass ich besser als viele andere weiß, wie die Kugel aussieht, die Macht über die Drachen hat. Dies hier ist nicht jene Kugel. Und das wusste auch Orelût, der sich deswegen gerade eben recht plötzlich aus unserer Runde verabschiedet hat. Was Orelût zu bieten hatte, waren Drohungen. Ein Gauklerstück. Das wird niemanden wundern, der ihn kannte. Dachtet ihr, man würde Tar ohne den Schutz lassen und die Kugel an einen windigen Wanderzauberer ausleihen? Krieger, man hat euch betrogen!“
Noch sekundenlang war es still, dann ließ Niflingyrs Gebrüll den Berg wanken. Waffen klirrten, als sie weggeworfen wurden. Denn nun setzte die Flucht ein.
Mit einem Körnchen Salz
Nur einer blieb unverdrossen, wo er war: Rolan. Schließlich hielt er Yasildôr, ein Schwert, das mehr Zuversicht in die eigenen Fähigkeiten verleiht, als für manchen gut ist. Er reckte die grün schimmernde Klinge Niflingyr entgegen.
„Komm her, du Wurm!“
Eilig ging ich dazwischen.
„Ich möchte das Schwert gerne behalten – also bitte nicht runterschlucken, oh, Herr unter dem Berg! Außerdem …“
„Außerdem was?“, brüllte Rolan.
„Außerdem wirst du die Wahrheit ausspucken, ehe du stirbst!“
„Welche Wahrheit denn? Dass du ein Speichellecker der Drachen geworden bist? Dass ich diese schuppige Kröte hier jetzt zerlegen werde wie einen gebratenen Ochsen?“
„Das ist das Stichwort: Ochsen. Ist es nicht so, dass Nyredd vor seinem Tod gebratene Ochsen gespeist hat?“
„Und wenn!“ Rolan fuhr herum und hätte mich beinahe geköpft. Ich stürzte und er legte so schnell Schläge nach, dass ich mich weiterrollen musste, um ihnen zu entgehen.
„Möchtest du das jetzt noch mit ihm durchsprechen?“, erkundigte sich Niflingyr höflich. „Oder kann ihn verschlingen?“
„Ich möchte es durchsprechen“, keuchte ich.
Ich wusste, wie Nyredd getötet worden war und von wem, doch ohne etwas wie ein Geständnis von Rolan würde es vielleicht schwierig werden, Niflingyr zu überzeugen. Schließlich gab es zwar eine ganze Reihe von Indizien, aber kaum Beweise.
Ich schaffte es, auf die Beine zu kommen und ein Schwert aufzunehmen, das neben der Hand eines toten Kriegers lag. Es folgte ein heftiger Schlagabtausch zwischen Rolan und mir. Niflingyr nutzte die Zeit, um einige der Krieger zu verschlingen, die versuchten, über die Bergflanke zu entkommen. Dann flog mein Schwert in hohem Bogen davon und Rolan stand über mir.
Mit einem wölfischen Grinsen hob er Yasildôr weit über seinen Kopf und holte genüsslich aus. Ich packte seinen Knöchel und riss sein Bein nach vorne. Er stürzte auf mich.
Yasildôr schlitterte ein Stück über den felsigen Untergrund. Rolans Hände legten sich um meine Kehle. Ich röchelte. Dann fiel ein Schatten über uns.
Gemächlich pflückte Niflingyr den Drachenjäger von mir herunter.
„Ich will jetzt hören, was du zu berichten hast!“
Rolan wurde von den scharfen Drachenkrallen zu Boden gepresst und keuchte Flüche. Die meisten der Krieger aus Tar waren geflohen. Ein stark hinkender Sirluîn half den Drachenjungfern, die Leichen zur Felskante zu schleifen.
Ich konnte nun also endlich in Ruhe die Schriften durchgehen, um die ich gebeten hatte. Azelôt hatte ein kleines schwarzes Büchlein aufgeschlagen und las mit seiner pergamenttrockenen Stimme aus der schier endlosen Liste der Waren vor, die Nyredd aus Reseldâr bezogen
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