Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
blieben. Dann wandten sie sich beide dem Publikum zu.
»Ich bin Maria!« verkündete Angie. Dann drehte sie sich um und zeigte auf Jim. »Und das ist Josef.«
Das Publikum quittierte dies mit einem neuerlichen erfreuten Gemurmel.
»Und dort in der Krippe«, sagte Angie, »liegt das kleine Jesuskind.«
Hastig projizierte Jim das glückliche Glucksen eines kleinen Kindes zum Publikum.
Diesmal war die Reaktion des Publikums beträchtlich stimmhafter, und man hörte hier und da beinahe ein Kreischen. Allerdings vermochte Jim nicht zu sagen, ob es sich um einen Laut der Freude oder des Erstaunens handelte. Er beeilte sich, dem Publikum seine eigene Stimme zu präsentieren.
»Maria«, sagte er, legte eine Hand über die Augen und spähte in den vom Sonnenuntergang geröteten westlichen Himmel, »die Nacht naht und noch immer ist keine Herberge in Sicht. Ich fürchte, wir müssen bis zum Morgen an diesem wilden Ort bleiben. Aber ängstige dich nicht, ich werde für dich und das Kind eine Hütte bauen, und ich werde die ganze Nacht vor der Hütte Wache halten, während diese guten Tiere mir Gesellschaft leisten und uns beschützen werden. Denn ich sehe hier einige Bäume und Felsen und dunkle Orte, die mir zutiefst mißfallen. Aber so Gott es will, wird uns keine Gefahr drohen.«
»Dessen bin ich mir gewiß, mein lieber Gatte«, sagte Angie laut und deutlich. Dann wandte sie sich abermals um, ging zur Krippe und tat, als spräche sie mit dem glücklicherweise immer noch schlafenden Robert. Das Publikum brachte seine absolute Zustimmung zu ihrer letzten Bemerkung zum Ausdruck.
Jim war klar, daß nun der Zeitpunkt gekommen war, da er so tun sollte, als lege er sich hin, um ebenfalls zu schlafen. Er hatte vergessen, daß er sein Gesicht in ungefähr vier Zoll tiefen Schnee betten mußte. Daran ließ sich nun allerdings nichts mehr ändern, daher wandte er dem Publikum den Rücken zu und legte sich nieder. Unterdessen behielt er weiterhin Angie im Auge, die immer noch mit dem Kind beschäftigt war. Dies war eine goldene Gelegenheit, nach den Drachen zu sehen und sie zu ihrem Auftritt zu rufen.
Während seine linke Wange in unangenehme Berührung mit dem Schnee kam, überlegte er sich genau, wie er das, was er wollte, auf magischem Wege bewerkstelligen konnte. Dann schuf er, ohne daß das Publikum etwas davon sehen konnte, ein Bild von sich selbst, das seine Stelle im Schnee vor der Kulisse einnahm, während sein eigentliches Selbst in die Bäume projiziert wurde, um den Drachen zu erscheinen, die auf ihr Stichwort warteten.
Er hatte ursprünglich die Absicht gehabt, vor Secoh zu erscheinen, und genau das tat er nun. Aber obwohl Secoh mit ihm und den magischen Dingen, die um Jim herum geschahen, durchaus vertraut war, schrak der Drache doch sichtlich zusammen und breitete, als Jim so plötzlich vor ihm auftauchte, schon halb die Flügel aus.
»Mylord«, stieß er hervor. »Ich hatte nicht erwartet Euch zu sehen..,«
»Ruhe!« sagte Jim hastig, denn die Drachen waren jetzt nur noch notdürftig hinter den Bäumen in der Nähe der Krippe verborgen, und Secoh hatte beinahe mit normaler Drachenstimme gesprochen - was das Publikum durchaus hätte hören können.
»Ihr alle«, sagte Jim zu dem verstummten Secoh und den anderen Drachen. »Seid jetzt sehr leise - vor allem die, die gesegnet werden sollen. Secoh, sind die fünf von Euch, die mit hinauskommen sollen, bereit?«
»Jawohl, Mylord«, antwortete Secoh. »Ich und Gorbash, Tigatal, Norganosh und Arghnach.«
»Gut. Ihr zuerst, Secoh, dann die anderen vier. Also«, erklärte Jim und hob die Stimme, um sich auch bei den hinter Secoh stehenden Drachen Gehör zu verschaffen, »der kleine Prinz wird alle hier versammelten Drachen segnen, auch die, die im Wald bleiben - damit sich niemand hintangesetzt fühlt. Ihr müßt nur genau zuhören, was er sagt.«
Aus dem Wald kam ein tiefes Gemurmel der Zufriedenheit.
»Und nun muß ich zurück zu unserer Aufführung«, sagte Jim. »Wenn ich in den Wald schaue und sage: >Die Drachen kommen...<, dann kommt Ihr fünf heraus und tretet an die Krippe; aber Ihr müßt ungefähr zehn Fuß davor stehenbleiben, und zwar ein wenig seitlich, wenn möglich vor dem Ochsen. Denn der Esel ist leicht erregbar und könnte Schwierigkeiten machen, wenn er plötzlich ganz in der Nähe Drachen sieht - aber nein, wenn ich recht darüber nachdenke, könnt Ihr das alles ruhig wieder vergessen. Ich werde das mit Hilfe von Magie regeln. Aber, wie dem
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