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Drachenruf

Drachenruf

Titel: Drachenruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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zu, Mädchen, such dir ein Instrument, das schlecht genug zum Üben, aber gut genug für dich ist!«
    Sie versuchte es mit mehreren anderen; ihr war klar, dass sie eine gute Wahl treffen musste. Eine hatte einen sanften Klang, aber die Stimmwirbel waren so abgenutzt, dass die Saiten ihre Spannung während einer langen Ballade kaum halten würden.
Sie fürchtete schon, kein einziges brauchbares Instrument in der Sammlung zu finden, als sie im Schatten ganz hinten noch eines an einem Wandhaken entdeckte. Eine Saite war gerissen, aber als sie die anderen anschlug, klangen sie seidenweich und rein. Sie befühlte das dünne Holz des Resonanzbodens. Rund um das Schallloch hatte der Instrumentenbauer ein herrliches Ornament aus verschiedenfarbigen Hölzern geschaffen. Die Stimmwirbel waren aus neuerem Holz als die übrige Gitarre, aber, von der fehlenden Saite abgesehen, war es das beste Instrument, das sie bisher entdeckt hatte.
    »Darf ich die hier nehmen?« Sie streckte die Gitarre Meister Jerint entgegen.
    Der Meister nickte langsam und anerkennend, ohne auf Do- mick zu achten, der ihm wuchtig auf die Schulter hieb. »Ich besorge dir eine neue E-Saite...« Und Jerint ging zu einer Reihe von Schubladen am Ende der Regale, kramte in einer davon und holte eine sorgfältig aufgerollte Darmsaite heraus.
    Da die Saite bereits eine Schlinge hatte, schob Menolly sie über den Haken, spannte sie entlang Steg und Hals bis zum Loch des Stimmwirbels. Sie merkte, dass die beiden Männer sie aufmerksam beobachteten, und versuchte, das Zittern ihrer Finger zu verbergen. Zuerst stimmte sie den neuen Darm an der benachbarten Saite, dann an den übrigen, und griff einen Akkord; der weiche, volle Klang bestätigte ihr, dass sie richtig gewählt hatte.
    »Nun, da du gezeigt hast, dass du etwas von Instrumenten verstehst, wollen wir auch sehen, wie du mit ihnen umgehen kannst«, meinte Domick. Er nahm sie am Ellbogen und führte sie aus der Werkstatt.
    Sie hatte gerade noch Zeit, sich mit einem Kopfnicken bei Meister Jerint zu bedanken, ehe die Tür hinter ihr zuschlug. Ungerührt von Prinzesschens Zischen, dirigierte Domick sie die Treppe hinauf und in einen rechteckigen Raum oberhalb des Eingangstorbogens. Der Saal diente wohl zugleich als Büro und
Unterrichtszimmer, denn Menolly sah neben einem Sandkasten und Archivrollen eine Wandtafel und ein Regal mit Instrumenten. Entlang der Wände standen Hocker, aber es gab auch drei lederbezogene Liegen, die ersten, die Menolly je zu Gesicht bekam, mit altersdunklen Arm- und Rückenlehnen, die an einigen Stellen geflickt waren. Zwei breite Fenster mit Faltjalousien aus Metall zeigten auf einer Seite zur breiten Burgstraße und auf der anderen zum Innenhof.
    »Spiel mir vor!«, sagte Domick zu ihr und deutete auf einen Hocker, während er selbst sich auf die Liege gegenüber dem Kamin plumpsen ließ.
    Seine Stimme war ausdruckslos und seine Miene so zurückhaltend, dass Menolly den Eindruck gewann, er traute ihr nicht gerade viel zu. Das eben erst durch die richtige Wahl des Instruments gestärkte Selbstvertrauen bröckelte schon wieder ab. Sie tändelte an den Stimmwirbeln und überlegte, was sie spielen sollte, um ihr Können zu zeigen. Denn sie war fest entschlossen, diesen spöttischen Meister Domick, der sie ständig wegen ihrer neun Feuerechsen hänselte, zu überraschen.
    »Sing nicht mit«, fügte Domick hinzu. »Und du auch nicht!« Er deutete auf Prinzessin, die immer noch auf Menollys Schulter saß. Dann faltete er die Hände über dem Bauch und wartete.
    Sein Tonfall weckte Menollys Trotz. Ohne lange zu überlegen, schlug sie den Eröffnungsakkord von »Moretas Ritt« an. Sie stellte befriedigt fest, dass Domick erstaunt die Augenbrauen hochzog. Das Stück war schwer genug, wenn Stimmen die Melodie trugen, aber Melodie und Begleitung gleichzeitig zu spielen, erhöhte den Schwierigkeitsgrad beträchtlich. Sie glitt auch einige Male ab, da ihre linke Hand die schnellen Griffwechsel nicht schaffte, aber der Rhythmus stimmte exakt, und die Finger der rechten Hand spielten die Melodie klar und rein.
    Sie hatte erwartet, dass er sie nach der ersten Strophe und dem Chor unterbrechen würde, aber da er ihr kein Zeichen gab,
machte sie weiter und wandelte die Begleitung an der Stelle ab, wo sie mit dem Greifen Probleme hatte. Als sie die dritte Strophe anstimmte, beugte er sich plötzlich vor und umfasste ihr rechtes Handgelenk. »Genug jetzt mit der Gitarre«, sagte er. Seine Miene blieb

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