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Drachenruf

Drachenruf

Titel: Drachenruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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blieb.Vielleicht war das mit ein Grund, weshalb ihre Eltern nicht geduldet hatten, dass sie Musik machte - so etwas betrachteten sie kaum als vernünftige Arbeit. Menolly schüttelte die Hände aus. Ihre Gelenke schmerzten und die Finger zitterten von der langen Anspannung beim Spiel. Nein, ihre Eltern würden nie begreifen, dass Musizieren ebenso hart sein konnte wie die Arbeit an Segeln oder Netzen.
    Und sie war genauso hungrig, als hätte sie auf einem Kutter geschuftet. Sie zögerte, die Gitarre immer noch in der Hand. Ihr blieb sicher nicht mehr die Zeit, das Instrument zu ihrem Zimmer in der Pension zu bringen. Keiner im Hof schien ein Instrument zu tragen. So legte sie die Gitarre sorgfältig auf ein hohes Regalbrett und befahl Prinzessin, mit ihrem Schwarm dazubleiben. Sie konnte sich gut vorstellen, was geschah, wenn sie ihre
Feuerechsen mit in den Speisesaal brachte. Der Lärm draußen reichte schon...
    Plötzlich war alles verlassen. Sie rannte die Treppe hinunter, so rasch sie es mit ihren wunden Füßen vermochte, und überquerte den Hof. Am breiten Portal zum Speisesaal blieb sie stehen. Der Raum schien vollgepfropft mit jungen Menschen, die in strammer Haltung an den langen Tischen standen. Die meisten schielten in die Ecke zu ihrer Rechten. Sie wollte sich eben umdrehen, als ein Zischeln sie ablenkte. Es war Camo, der ihr mit Gesten und Grimassen zu verstehen gab, dass sie zu einem der drei leeren Plätze am Fenstertisch gehen sollte. So rasch und unauffällig wie möglich befolgte sie seinen Wink.
    »He«, flüsterte der kleine Junge neben ihr, ohne sie anzuschauen. »Eigentlich gehörst du nicht hierher, sondern zu denen dort drüben.« Er wies mit dem Daumen zu einem langen Tisch nahe dem Kamin.
    Menolly streckte sich ein wenig und sah die Mädchen aus Duncas Pension dort sitzen, im Rücken das warme Feuer.
    An einem Ende entdeckte sie einen freien Stuhl.
    »Nein!« Der Junge packte sie an der Hand. »Nicht jetzt!«
    Wie auf ein geheimes Kommando setzten sich in genau diesem Moment alle hin.
    »Schöne Prinzessin! Wo ist schöne Prinzessin?«, fragte eine besorgte Stimme neben ihr. »Prinzessin nicht hungrig?« Das war Camo, in jeder Hand eine schwere Platte, vollbeladen mit Bratenstücken.
    »Nimm sie ihm rasch ab!«, sagte der Junge neben ihr und stieß sie in die Rippen.
    Menolly gehorchte.
    »Na los, bedien dich und gib die Schüssel weiter!«, fuhr der Junge fort.
    »Sitz doch nicht da wie festgefroren!«, setzte ein schwarzhaariger Bursche ihr gegenüber hinzu und runzelte finster die Stirn.

    »He, wie lange dauert das noch?«, wollte ein anderer am Ende des Tisches wissen.
    Menolly murmelte etwas und, ehe lange nach ihrem Gürtelmesser zu greifen, packte sie die oberste Scheibe mit zwei Fingern und legte sie auf ihren Teller. Der Bursche ihr gegenüber spießte geschickt vier Stücke mit der Messerspitze auf und jonglierte sie zu sich herüber.
    »Darf man denn so viel nehmen?«, fragte sie. Das Staunen über seine Gier vertrieb ihre anfängliche Scheu.
    »In der Harfnerhalle verhungert keiner«, erklärte er mit einem breiten Grinsen.
    Er schnitt das erste Stück in die Hälfte, klappte es auf der Gabel zusammen und schob es in den Mund. Der Saft tropfte ihm über das Kinn.
    Seine Worte wurden unterstrichen von einer gewaltigen Gemüseschüssel und einem Korb mit Brot, die Camo beide vor sie hinstellte. Diesmal bediente sich Menolly reichlich und gab die Sachen sofort weiter.
    »Du bist Menolly stimmt’s?«, fragte der Junge neben ihr, während er mit vollen Backen kaute.
    Sie nickte.
    »Waren es wirklich deine Feuerechsen, die heute Morgen gesungen haben?«
    »Ja.«
    Ihre aufkeimende Verlegenheit wurde von dem verstohlenen Gekicher und Grinsen ihrer Tischgefährten zerstreut.
    »Bruddies Mienenspiel war sehenswert!«
    »Bruddies?«
    »So nennen wir den Gesellen Brudegan. Er ist dieses Jahr Chorleiter. Erst dachte er, ich wollte ihm einen Streich spielen, weil ich Sopran singen kann.Also stellte er sich dicht neben mich. Ich hatte natürlich keine Ahnung, was los war. Dann ging er weiter zu Feidon und Bonz und da hörte ich erst die Stimmen draußen.
« Der Junge hatte ein so gewinnendes Lachen, dass er Menolly mit seiner Fröhlichkeit ansteckte. »Beim Ei, Bruddie wetzte hin und her und konnte nicht rauskriegen, woher der Gesang kam. Dann deutete einer der Bässe aus dem Fenster.« Der Junge prustete unterdrückt los. »Wie hast du ihnen das beigebracht, he? Ich wusste gar nicht, dass

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