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Drachenruf

Drachenruf

Titel: Drachenruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Röcken durch und legte sie verächtlich beiseite. »Das hier vielleicht...« Sie wählte einen Stoff in einem satten Rot und hielt ihn hoch.
    »Das ist viel zu schön für mich!«
    »Glaubst du, dass ich dich in den gleichen Röcken herumlaufen lasse wie meine Küchenmägde? Und selbst die machen sich fein, wenn sie mit der Arbeit fertig sind.« Silvinas Stimme klang mit einem Mal schroff. »Du besitzt zu wenig Selbstvertrauen, Menolly. Ich sage ja nichts gegen Bescheidenheit, aber du musst dir klar darüber werden, dass sich deine Stellung geändert hat. Du bist nicht mehr das jüngste Kind eines mehr als sparsamen See-Barons. Du bist Harfnerlehrling, und wir ...« - Silvina tippte sich mit dem Finger gegen die Brust -, »wir müssen auf unser Ansehen achten. Du wirst dich genauso gut, ja sogar besser anziehen als diese albernen jungen Damen, die nichts außer Mode im Kopf haben. Das Rot hier kleidet dich gut.« Sie schlug Menolly den
Stoff um die Schultern. »Bis er allerdings fertig genäht ist, müssen wir uns mit Hosen behelfen.« Sie kramte eine dunkelblaue Hose aus weichem Wherleder hervor. »Beim Ei, bist du schlank! Die hier vielleicht noch.« Sie reichte ihr eine zweite Hose aus einem dicht gewebten blaugrünen Stoff. »Und das da...« Ein dunkelblaues Wams. »Leg die anderen Sachen auf die Truhe dort und probier das an! Hmm, nicht schlecht. Hier sind Blusen und Kittel. Und nun noch Unterwäsche.« Silvina kramte Bruststützen und Höschen hervor. »Dunca war empört, dass du ganz ohne herumläufst.« Sie lachte, schwieg aber gleich darauf, als sie Menollys Gesicht sah. »Was schaust du mich so entsetzt an? Weil Dunca in deinen Sachen geschnüffelt hat? Du wirst dir doch nicht im Ernst Gedanken darüber machen, was die alte Vettel sagt oder tut? Mädchen, ich sehe schon, ich muss ein ernstes Wörtchen mit dir reden!«
    Silvina legte Menolly den Arm um die Schultern und setzte sich mit ihr auf eine der Truhen.
    »Ich glaube«, begann sie mit sehr sanfter Stimme, »dass du zu viel allein gelebt hast. Und nicht nur in jener Höhle an den Klippen. Ich glaube, der Tod von Petiron war ein schlimmer Verlust für dich. Er schien als Einziger in der Halbkreis-Bucht begriffen zu haben, was in dir steckt. Obwohl ich nicht verstehe, weshalb er so lange zögerte, Meister Robinton die Wahrheit zu sagen. Nun, in gewisser Weise vielleicht doch, aber das gehört jetzt nicht her. Eines steht jedenfalls fest. Du bleibst nicht in dieser Pension. Keine Nacht mehr...«
    »Aber Silvina...«
    »Kein Aber«, unterbrach die Wirtschafterin streng. »Glaube ja nicht, dass mir Ponas oder Duncas schäbige kleine Tricks entgangen sind! Nein, die Pension ist der falsche Ort für dich. Ich dachte es mir gleich bei deiner Ankunft, aber es gab mehrere Gründe, dich dort einzuquartieren. Nun jedoch wollen wir die Sache auf lange Sicht planen und dich hier in der Halle unterbringen. Oldive
wünscht nicht, dass du so lange auf den Beinen bist, und deinen Echsen gefällt es in Duncas Haus auch nicht. Die alte Närrin! Nein, Menolly, du kannst nichts dafür. Außerdem hast du als Lehrling wirklich nichts mit diesen Gastschülerinnen gemein. Du bleibst hier in der Halle - und Schluss mit der Debatte!« Silvina richtete sich auf. »Komm, nimm die Kleider! Ich bringe dich in das Zimmer, in dem du die erste Nacht geschlafen hast. Es liegt in der Nähe der Harfnerräume und...«
    »Aber das ist doch viel zu vornehm für mich!«
    Silvina lachte. »Wenn du darauf bestehst, lasse ich die Möbel abholen und stelle dir eine Lehrlingspritsche auf.«
    »Im Ernst - ich würde mich wohler dabei fühlen. Das Zimmer allein ist herrlich. Außerdem mache ich ohnehin genug Umstände mit meinen neun Echsen. Ich möchte keine Sonderstellung...«
    Silvina schaute sie lange an und schüttelte dann den Kopf.
    »Nun,im Grunde hast du recht.Wir haben ja erlebt, wie schnell hier geklatscht wird. Aber eine Lehrlingspritsche ist schmal und deine Echsen...«
    »Wie wäre es mit - zwei Pritschen? Wenn Sie eine übrig haben, meine ich.«
    »Gemacht. Wir rücken sie zusammen und legen einen breiten Strohsack hinein.«
    Und genau das taten sie. Ohne die kostbaren Behänge und schweren Möbel wirkte das Zimmer riesig und kahl. Menolly versicherte zwar, dass es ihr nichts ausmachte, aber Silvina holte ein paar alte Vorhänge aus den Flickstuben und schlug Menolly vor, sie in ihrer Freizeit umzunähen. Mehrere schmale Läufer wurden auf die Holzdielen gebreitet. Ein Tisch aus dem

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