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Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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konnte sich nicht an viele so gute Tage erinnern, und sie nahm an, ihr eigenes Glück habe sie dazu bewegen, etwas zurückzugeben, als sich die Gelegenheit ergab.
    Ihr Leben, ein Lump weniger und ein neues Ziel für ihre Zukunft - kein schlechter Tausch für zehn Dollar.
    Sie stieg ins Auto und knallte die Tür zu. Sie hatte den Schlüssel bereits in der rechten Hand. Sie ließ den Motor an und gab im Leerlauf Gas, weil er ein bisschen stotterte, als ob er sich über das Wetter beschweren wollte.
    Plötzlich merkte sie, dass ihre linke Hand fest zu einer Faust geballt war. Sie war sich nicht bewusst, dass sie eine Faust gemacht hatte. Es war, als ob ihre Hand sich in einem blitzschnellen Krampf geschlossen hätte.
    Es war etwas in ihrer Hand.
    Sie löste ihre Finger, um zu sehen, was sie da umklammert hielt.
    Die Parkplatzlampen warfen genügend Licht durch die regennasse Windschutzscheibe, dass sie den verknitterten Gegenstand sehen konnte.
    Ein Zehn-Dollar-Schein. Vom Alter schon ganz weich geworden.
    Sie starrte ihn verwirrt an, dann mit wachsender Ungläubigkeit. Es mussten dieselben zehn Dollar sein, die sie ihrer Meinung nach dem Bettler gegeben hatte.
    Aber sie hatte dem Landstreicher das Geld gegeben, hatte gesehen, wie sich seine schmutzige Pranke darum schloss, während er brabbelnd seine Dankbarkeit zum Ausdruck brachte.
    Verwirrt blickte sie durch das Seitenfenster des Autos zu dem chinesischen Restaurant. Der Bettler war nicht mehr da.
    Sie ließ ihre Augen den gesamten Bürgersteig entlang wandern. Er war nirgendwo vor der Geschäftszeile zu sehen.
    Sie starrte auf den zerknitterten Geldschein.
    Nach und nach schwand ihre gute Laune. Sie wurde von Furcht ergriffen.
    Sie hatte keine Ahnung, weshalb sie Angst haben sollte. Trotzdem hatte sie welche. Polizisteninstinkt.
     

Kapitel 18
     

    Harry brauchte länger, als er erwartet hatte, um vom Special Projects nach Hause zu kommen. Der Verkehr bewegte sich träge und staute sich häufig an überfüllten Kreuzungen.
    Er verlor noch mehr Zeit, als er bei einem 7-Eleven-Super-markt anhielt, um ein paar Dinge zu kaufen, die er zum Abendessen brauchte. Ein Brot. Senf.
    Jedes Mal wenn er in einen Lebensmittelladen ging, dachte Harry daran, wie Ricky Estefan an jenem Tag einen Liter Milch hatte holen wollen - und sich statt dessen eine radikale Veränderung seines Lebens eingehandelt hatte. Doch in dem 7-Eleven passierte nichts, außer dass er die Geschichte von dem Baby und der Geburtstagsparty hörte.
    Ein kleiner Fernseher an der Kasse diente zur Unterhaltung des Verkäufers, wenn nicht viel los war, und als Harry seine Einkäufe bezahlte, liefen gerade Nachrichten. In Chicago wurde eine junge Mutter beschuldigt, ihr Baby umgebracht zu haben. Verwandte hatten eine große Geburtstagsparty für die Frau organisiert, doch als der Babysitter nicht auftauchte, sah es so aus, als ob sie nicht dorthin gehen und sich amüsieren könnte. Also warf sie ihren zwei Monate alten Säugling einfach in den Müllschlucker ihres Apartments, ging zur Party und tanzte wie verrückt. Ihr Anwalt hatte bereits gesagt, er würde ihre Verteidigung auf einer postnatalen Depression aufbauen.
    Ein weiteres Beispiel für Connies Sammlung von Gräueltaten und Ungeheuerlichkeiten.
    Der Verkäufer war ein schlanker junger Mann mit dunklen, traurigen Augen. In einem Englisch mit iranischem Akzent sagte er: »Was ist aus diesem Land geworden?«
    »Das frage ich mich auch manchmal«, sagte Harry. »Allerdings lässt man in Ihrem früheren Land die Verrückten nicht nur frei herumlaufen, man lässt sie sogar an die Macht.«
    »Das stimmt«, sagte der Verkäufer. »Aber hier manchmal auch.«
    »Das kann ich nicht bestreiten.«
    Als er mit dem Brot und dem Senf in einer Plastiktüte den Laden gerade durch eine der beiden Glastüren verlassen wollte, merkte Harry plötzlich, dass er eine gefaltete Zeitung unter dem rechten Arm hatte. Er blieb in der halboffenen Tür stehen, zog die Zeitung unter seinem Arm hervor und starrte verständnislos darauf. Er war sicher, dass er sich keine Zeitung genommen hatte, geschweige denn eine zusammengefaltet und sich unter den Arm geklemmt hatte.
    Er ging zur Kasse zurück. Als er die Zeitung auf die Theke legte, klappte sie auf.
    »Hab ich die bezahlt?« fragte Harry.
    Verblüfft sagte der Verkäufer: »Nein, Sir. Ich habe noch nicht mal gesehen, dass sie sie genommen haben.«
    »Ich kann mich auch nicht erinnern, sie genommen zu haben.«
    »Wollten Sie sie

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