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Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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denn?»
    »Eigentlich nicht.«
    Dann bemerkte er die Schlagzeile oben auf der ersten Seite: SCHIESSEREI IN EINEM RESTAURANT IN LAGUNA BEACH. Dann die Unterzeile: ZWEI TOTE, ZEHN VERWUNDETE. Es war die Spätausgabe mit dem ersten Bericht über Ordegards Amoklauf.
    »Augenblick«, sagte Harry. »Ja, doch. Ich glaub’, ich nehme sie.«
    Wenn einer seiner Fälle in die Schlagzeilen kam, fand Harry sich normalerweise nicht in der Zeitung erwähnt. Er war Polizist, keine berühmte Persönlichkeit.
    Er gab dem Verkäufer ein 25-Cent-Stück und nahm die Abendausgabe.
    Er verstand immer noch nicht, wie die Zeitung gefaltet unter seinen Arm gekommen war. Ein Blackout? Oder etwas Seltsameres, was in unmittelbarem Zusammenhang mit den übrigen unerklärlichen Ereignissen des Tages stand?
    Als Harry die Eingangstür öffnete und triefend in die Diele seiner Eigentumswohnung trat, kam ihm sein Heim so einladend vor wie noch nie. Es war ein sauberer und aufgeräumter Zufluchtsort, in den das Chaos der Außenwelt nicht eindringen konnte.
    Er zog seine Schuhe aus. Sie waren völlig durchnässt, wahrscheinlich ruiniert. Er hätte Überschuhe tragen sollen, doch der Wetterbericht hatte keinen Regen vor Einbruch der Dunkelheit angekündigt.
    Seine Strümpfe waren ebenfalls nass, doch er behielt sie an. Er würde den Fliesenboden in der Diele aufwischen, nachdem er sich saubere und trockene Sachen angezogen hatte.
    Er ging in die Küche, um das Brot und den Senf auf die Anrichte neben das Schneidebrett zu legen. Später würde er sich Sandwiches mit kaltem, gedünstetem Hühnchen machen. Er hatte einen Mordshunger.
    Die Küche blitzte vor Sauberkeit. Er war so froh, dass er sich die Zeit genommen hatte, die Reste vom Frühstück aufzuräumen, bevor er zur Arbeit ging. Der Anblick hätte ihn jetzt deprimiert.
    Von der Küche ging er mit der Abendzeitung in der Hand durch das Esszimmer, den kurzen Flur entlang zum Schlafzimmer. Als er die Schwelle überquerte, knipste er das Licht an -und entdeckte den Penner auf seinem Bett.
    Alice ist nie in ein tieferes Kaninchenloch gefallen als das, in das Harry beim Anblick des Landstreichers sank.
    Der Mann wirkte sogar noch größer als im Freien oder von weitem auf dem Gang im Special Projects. Schmutziger. Abscheulicher. Auch hatte er nicht das Transparente einer Erscheinung; mit seinen verfilzten Haarmassen, den Schichten von Schmutz und dem Gewirr von Narben, mit seinen dunklen Klamotten, die so verknittert und zerlumpt waren, dass sie an die Bestattungstücher einer uralten ägyptischen Mumie erinnerten, war er sogar wirklicher als der Raum selbst, wie eine von einem Photorealisten bis ins kleinste Detail gemalte Figur, die in die Strichzeichnung eines Minimalisten von einem Zimmer eingefügt worden ist.
    Die Augen des Landstreichers öffneten sich. Wie Tümpel von Blut.
    Er setzte sich auf und sagte: »Du glaubst, du bist etwas Besonderes. Aber du bist auch nur ein Tier, ein wandelndes Stück Fleisch wie alle anderen.«
    Harry ließ die Zeitung fallen, zog den Revolver aus seinem Schulterholster und sagte: »Keine Bewegung.«
    Der Eindringling ignorierte die Warnung, schwang seine Beine über die Bettkante und stand auf.
    Der Abdruck von Kopf und Körper des Landstreichers blieb auf der Decke, den Kissen und der Matratze. Ein Geist konnte durch den Schnee laufen, ohne Fußspuren zu hinterlassen, und Halluzinationen hatten kein Gewicht.
    »Nur ein weiteres krankes Tier.« Wenn überhaupt, dann war . die Stimme des Landstreichers tiefer und krächzender, als sie auf der Straße in Laguna Beach gewesen war, die kehlige Stimme einer Bestie, die mühsam sprechen gelernt hatte. »Du glaubst, du bist ein Held, was? Großer Mann. Großer Held. Doch du bist nichts, weniger als das letzte Stück Dreck, das bist du. Nichts!«
    Harry konnte nicht glauben, dass es noch mal passierte, nicht zweimal an einem Tag und um Himmels willen nicht in seiner Wohnung.
    Er machte einen Schritt zurück in den Türrahmen und sagte: »Wenn du dich nicht sofort auf den Boden legst, mit dem Gesicht nach unten, Hände auf den Rücken, auf der Stelle, dann blase ich dir den Kopf weg.«
    Der Landstreicher ging um das Bett herum auf Harry zu und sagte: »Du glaubst, du kannst jeden erschießen, den du willst, jeden rumkommandieren, wie es dir passt, und damit ist es erledigt, aber bei mir ist damit nichts erledigt. Mich zu erschießen erledigt überhaupt nichts.«
    »Bleib sofort stehen, das ist mein Ernst!«
    Der

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