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Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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offenbar dadurch erhalten, dass er sich einfach täglich mehrere Minuten darauf konzentrierte - seinen Stoffwechsel also quasi wie einen gewöhnlichen Thermostaten einstellte. Aufgrund dieser Fähigkeit war er zuversichtlich, dass nach ein oder zwei weiteren Wachstumsschüben seine Macht auch rasch wirkende Selbstheilungskräfte umfassen und schließlich bis zur Unverwundbarkeit reichen würde.
    Derweil war er trotz aller Süßigkeiten und salzigen Knabbereien ausgesprochen fit. Er war stolz auf seinen schlanken, muskulösen Körperbau, was einer der Gründe war, weshalb er manchmal gerne nackt im Haus herumlief und es genoss, unerwartete Blicke von sich selbst in den vielen Spiegeln erhaschen zu können.
    Er wusste, dass sein Körper Frauen gefallen würde. Wenn er sich etwas aus Frauen gemacht hätte, hätte er jede haben können, die er wollte, vielleicht sogar ohne eine seiner Fähigkeiten einzusetzen.
    Doch Sex war für ihn uninteressant. Zum einen war Sex der größte Fehler des alten Gottes. Die Menschen waren davon besessen, und mit ihrem endlosen, verzweifelten Sich-Fortpflanzen hatten sie die Welt ruiniert. Wegen des Sex musste der neue Gott die Herde ausdünnen und den Planeten reinigen. Außerdem wurde bei ihm ein Orgasmus nicht durch Sex ausgelöst, sondern durch die gewaltsame Beendigung eines menschlichen Lebens. Wenn er einen seiner Golems dazu benutzt hatte, jemanden zu töten, und er danach sein gesamtes Bewusstsein wieder in seinen richtigen Körper zurückgebracht hatte, stellte er oft fest, dass die schwarzen Seidenlaken von glitzernden Spermaströmen nass waren.
    Was würde Oma davon halten!
    Er lachte.
    Er konnte tun, was er wollte, essen, was er wollte, und wo war seine herumnörgelnde Großmutter? Verbrannt, tot, für immer verschwunden - das war sie.
    Er war zwanzig Jahre alt und könnte vielleicht tausend werden oder zweitausend oder sogar ewig leben. Wenn er lange genug gelebt hatte, würde er seine Großmuter wahrscheinlich ganz vergessen haben, und das wäre gut so.
    »Blöde alte Kuh«, sagte er und kicherte. Es amüsierte ihn, dass er über sie sagen konnte, was er wollte, und das in dem Haus, das ihr gehört hatte.
    Obwohl er sich das Eis auf einer großen Servierplatte angerichtet hatte, aß er es bis zum letzten Bissen auf. Seine Kräfte einzusetzen war äußerst strapaziös, und er brauchte mehr als die übliche Menge Schlaf und bei weitem mehr Kalorien pro Tag als andere Menschen. Er verbrachte viel Zeit mit Essen und Schlafen, aber er nahm an, dass das Bedürfnis nach Nahrung und Schlaf möglicherweise ganz verschwinden würde, nachdem er vollständig Geworden und endlich der neue Gott war. Wenn sein Werden abgeschlossen war, würde er vielleicht nie mehr schlafen und Essen nicht mehr aus Notwendigkeit zu sich nehmen, sondern nur noch zum Vergnügen.
    Nachdem er den letzten Löffel in sich hineingeschaufelt hatte, leckte er die Platte ab.
    Oma Drackman hatte das gehasst.
    Er leckte sehr gründlich. Als er fertig war, sah sie so sauber aus, als wäre sie gespült worden.
    »Ich kann alles machen, was ich will«, sagte er. »Alles.« Auf dem Tisch schwammen in einem Schraubglas mit konservierender Flüssigkeit die Augen von Enrique Estefan und beobachteten ihn bewundernd.
     

Kapitel 9
     

    Als sie die nächtliche Küste entlang nach Norden fuhren, während Ricky tot in dem von Schlangen verseuchten Haus in Dana Point lag, sagte Harry: »Es ist meine Schuld, was mit ihm passiert ist.«
    Vom Beifahrersitz sagte Connie: »Du spinnst ja.«
    »Ich spinne nicht.«
    »Ich nehme an, es ist auch deine Schuld, dass er vor drei Jahren nach dem Dienst in diesen Lebensmittelladen gegangen ist.«
    »Danke, dass du dir so viel Mühe gibst, dass ich mich besser fühle, aber nein danke.«
    »Soll ich dafür sorgen, dass du dich noch schlechter fühlst? Sieh mal, dieser Ticktack - es gibt keine Möglichkeit herauszufinden, was er als nächstes tun wird.«
    »Doch, vielleicht kann ich das. Ich krieg’ ihn langsam irgendwie in den Griff. Ich weiß allmählich, was wir zu erwarten haben. Bloß dass ich immer einen Schritt hinter dem Scheißkerl her renne. In dem Moment, wo ich die Gürtelschnalle sah, wusste ich, dass er es natürlich auf Ricky abgesehen hatte. Das hat er unter anderem mit seiner Drohung gemeint. Ich hab’s bloß zu spät kapiert.«
    »Genau meine Rede. Vielleicht gibt’s keine Möglichkeit, diesem Kerl zuvorzukommen. Er ist was Neues, was verdammt Neues, und er denkt ganz

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