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Drachentränen

Drachentränen

Titel: Drachentränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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war, ein anales Wrack, und er war ihr gegenüber vorsichtig gewesen, höflich und gehorsam, hatte so getan, als ob er sie liebte, ihr aber nie Einblick in seine wahre innere Welt gestattet. Wenn sich seine Besonderheit in diesem frühen Alter zunächst auch nur in Kleinigkeiten zeigte, so war er doch schlau genug, seine aufkeimenden Talente vor ihr zu verbergen, da ihm klar war, dass ihre Reaktion… gefährlich für ihn sein könnte. Die Pubertät brachte einen Wachstumsschub nicht nur in seinem Körper, sondern auch in seinen geheimen Fähigkeiten, doch er behielt das immer noch für sich und erprobte seine Macht mit Hilfe einer Vielzahl kleiner Tiere, die er auf unterschiedlichste Art genussvoll zu Tode quälte.
    Vor zwei Jahren, nur wenige Wochen nach seinem achtzehnten Geburtstag, war diese merkwürdige, dynamische Kraft in ihm wieder mal hochgekommen, wie das periodisch vorkam, und auch wenn er sich noch immer nicht stark genug gefühlt hatte, es mit der ganzen Welt aufzunehmen, hatte er gewusst, dass er bereit war, sich Oma Drackman vorzuknöpfen. Sie saß gerade in ihrem Lieblingssessel, mit den Füßen auf einem Polsterhocker, aß rohe Mohren, nippte an einem Glas Mineralwasser, las einen Artikel in der Los Angeles Times über die Todes-
    strafe und fügte ihre tief empfundenen Kommentare über die Notwendigkeit hinzu, selbst den schlimmsten Verbrechern Mitleid entgegenzubringen, da setzte Bryan seine erst kürzlich verfeinerte Fähigkeit der Pyrokinese ein und ließ sie in Flammen aufgehen. Mensch, hatte die gebrannt! Trotz der Tatsache, dass sie weniger Fett auf den Knochen hatte als eine durchschnittlich große Gottesanbeterin, leuchtete sie wie ein Talglicht. Obwohl eine ihrer Regeln war, im Haus niemals laut zu sprechen, brüllte sie so laut, dass die Fenster fast zu Bruch gegangen waren - allerdings nicht lange. Es war ein kontrollierter Brand, ganz auf die Großmutter und ihre Kleider konzentriert, der Sessel und der Polsterhocker wurden nur ein wenig angesengt, doch sie selbst brannte so lichterloh, dass Bryan blinzeln musste, wenn er hinsah. Wie eine Raupe, die man in Alkohol getaucht hat und mit einem Streichholz anzündet, brutzelte und knallte sie und flackerte immer heller, dann verkohlte sie und ringelte sich zusammen. Er ließ sie immer noch weiter brennen, bis die verkohlten Reste ihrer Knochen zu Asche wurden, die Asche zu Ruß und der Ruß schließlich in einem letzten Aufblitzen grüner Funken verschwand.
    Dann zerrte er Pierre aus seinem Versteck und grillte ihn ebenfalls.
    Es war ein schöner Tag.
    Das war das Ende von Oma Drackman und ihren Regeln. Von da an lebte Bryan nach seinen eigenen Regeln. Bald würde die ganze Welt ebenfalls nach ihnen leben.
    Er stand auf und ging zum Kühlschrank. Der war voller Süßigkeiten und Garnierungen für Desserts. Da war kein Pilz zu finden und keine in Stücke geschnittene Jicama-Wurzel. Er nahm einen Becher Karamellcreme mit zum Tisch und tat etwas davon in das Eis. »Heißa, die Hex’ ist tot, die böse alte Hex’ ist tot«, sang er vergnügt.
    Er machte sich an den amtlichen Unterlagen zu schaffen und verpasste der Großmutter auf diese Weise eine offizielle Sterbeurkunde. Außerdem änderte er sein offizielles Alter auf 21 (damit das Gericht keinen Vermögensverwalter einsetzen würde) und machte sich selbst in ihrem Testament zum alleinigen Erben. Das war ein Kinderspiel, da kein verschlossenes Büro und kein Tresor vor ihm sicher war. Mit Hilfe seiner Größten und Geheimsten Kraft konnte er hingehen, wohin er wollte, tun, was er wollte, und niemand würde wissen, dass er jemals dort gewesen war. Nachdem er das Haus in Besitz genommen hatte, hatte er es ganz ausräumen und nach seinem Geschmack umgestalten lassen und damit jede Spur der Karotten essenden Hexe beseitigt.
    Obwohl er in den letzten zwei Jahren mehr ausgegeben hatte, als er geerbt hatte, waren derartige Extravaganzen kein Problem. Er konnte jede Menge Geld bekommen, wann immer er es brauchte. Doch das brauchte er nicht oft, weil er sich dank seiner Größten und Geheimsten Kraft praktisch auch alles andere nehmen konnte, ohne je erwischt zu werden.
    »Auf dein Wohl, Großmama«, sagte er und hob einen gehäuften Löffel Eis mit Karamellsauce.
    Obwohl er - bisher jedenfalls - noch nicht in der Lage war, seine eigenen Verletzungen zu heilen oder auch nur einen blauen Fleck verschwinden zu lassen, konnte er sein richtiges Gewicht und seinen ausgezeichneten körperlichen Zustand

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