Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
Vom Netzwerk:
»Guter Gott, man darf sich sicher sein, dass Bonaparte nicht vor jeder Schlacht Diskussionen dieser Art führen muss.«
    »Wenn Sie gerne mit ihm verglichen werden wollen«, sagte Temeraire, »dann vergessen Sie nicht, dass er für seine Drachen den Marktplatz in Paris hat verbreitern lassen und ihnen Pavillons gebaut hat, und er sperrt sie nicht in Zuchtgehege ein, wenn sie dort nicht sein wollen…«
    Laurence legte Temeraire eine Hand aufs Bein, und der Drache schluckte den Rest seiner Bemerkungen hinunter. Es war schwer, daran zu denken, dass man einem Senioroffizier gegenüber respektvoll sein musste, selbst wenn dieser seinerseits unfreundlich auftrat, und sich gut zu überlegen, was man sagte, anstatt die Dinge beim
Namen zu nennen, auch wenn sie schon auf der Hand lagen und man recht mit allem hatte.
    »Sir«, sagte Laurence, »wir haben Befehle erhalten, Ihrem Rückzug Deckung zu geben«, und er reichte Wellesley Rolands Schreiben: eine kurze Notiz in ihrer schlechten Handschrift, die Temeraire aus größerer Höhe herunter nicht mehr lesen konnte.
    Wellesley las stirnrunzelnd die Erklärung, dann zerknüllte er die Nachricht und warf sie zu Boden. Einer seiner Adjutanten rettete sie eiligst hinter seinem Rücken aus dem Schlamm, damit sie nicht dort liegen bliebe und von jemand anderem aufgehoben würde. »Auf diese Frau ist mehr Verlass als auf die Hälfte der sonstigen Regierungsmitarbeiter. Es ist eine verdammte Schande. Dann lenkt also dieses chinesische Tier Bonapartes Drachen für ihn? Wie ist es ihm denn überhaupt gelungen, sich diese Kreatur gefügig zu machen? Er war doch gar nicht dabei, als sie schlüpfte.«
    »Sie trägt die Nase sehr hoch; also nehme ich an, ihr hat es gefallen, dass er ein Kaiser ist«, erläuterte Temeraire. »Ebenso wie die Tatsache, dass ein Kaiser es ihr leichter machen sollte, mir gegenüber boshaft zu sein: Sie ist ein sehr unangenehmes Drachenweibchen.«
    »Ich denke, du verabscheust sie zu sehr, um gerecht zu sein, Temeraire«, sagte Laurence, und an Wellesley gewandt fuhr er fort: »Sir, sie hatte kurz zuvor ihren Begleiter verloren, ehe sie nach Frankreich kam, und sie trauerte so sehr, dass sie vielleicht anfälliger für Zuwendungen war, gegen die ihr Stolz sie normalerweise geschützt hätte. Aber Bonaparte hat sie nicht mit irgendeiner List an sich gebunden, sondern durch ein hohes Maß an wirklicher Zuneigung, und mit Sicherheit durch das offene Zeigen von Respekt. Er hat während seiner Herrschaft in materieller Hinsicht die Lebensbedingungen der Drachen entscheidend zum Besseren verändert.«
    »Also kann jeder über einen Drachen gebieten, wenn man die Kreatur nur angemessen besticht und sie umwirbt wie eine Dame«, sagte Wellesley.
    Temeraire legte die Halskrause an. Er selbst glaubte keineswegs,
dass er Lien Unrecht tat; aber natürlich begriff er, dass Laurence’ Erklärungen viel hilfreicher hinsichtlich seines eigenen Begehrens waren. Nicht einmal Lien unterstützte Napoleon nur, weil er ihr einige Geschenke gemacht hatte. Nicht, dass Temeraire Nein gesagt hätte zu einem Diamanten, der so schön war wie der, den sie in Jena getragen hatte; aber diesen hatte sie erhalten, nachdem sie sich entschlossen hatte, ihm zu helfen. »Es ist weder Bestechung noch Schmeichelei, wenn man jemandem bezahlt, was er verdient, wenn er Ihnen ansonsten nicht helfen will.«
    »Es kostet gut zweitausend Pfund im Jahr, ein Tier Ihrer Größe zu versorgen«, sagte Wellesley. »Erwarten Sie etwa noch mehr?«
    »Dann geben Sie mir die zweitausend Pfund«, sagte Temeraire, »und ich werde selbst für meine Verpflegung sorgen und den Rest nach Belieben zur Seite legen.«
    »Ha«, stieß Wellesley aus, »und wenn Sie es verspielen und deswegen solchen Hunger leiden, dass Sie eine Kuh zum Fressen stehlen, was soll dann mit Ihnen geschehen?«
    »Natürlich würde ich aus meinen Schätzen keinen Spieleinsatz machen«, sagte Temeraire empört. »Wenn ich den Schatz eines anderen haben möchte, werde ich darum kämpfen. Und wenn ich nicht deswegen kämpfen wollen würde, würde ich ihn auch nicht haben wollen, denn wenn ich gewänne, würde sofort der andere einen Kampf beginnen, um seinen Schatz zurückzubekommen.«
    »Und jeder andere Drache ist genauso vernünftig, nehme ich an?«, fragte Wellesley.
    »Wenn es Ihnen lieber ist«, sagte Laurence, »dann können Sie ihnen ihre Verpflegung und noch etwas Sold darüber hinaus gewähren; die Form spielt dabei kaum eine Rolle. Die

Weitere Kostenlose Bücher