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Drachenwacht: Roman (German Edition)

Drachenwacht: Roman (German Edition)

Titel: Drachenwacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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blühen würde, wenn sie es
wagten, an Laurence Hand anzulegen. Also hatte er keinerlei Veranlassung, seine Drohung rückgängig zu machen. Unwillkürlich jedoch spähte er vorsichtig zu Laurence hinüber, der mit Admiral Roland sprach: Er sah müde aus, und auch wenn er natürlich niemals die Schultern hängen lassen würde, strahlte er so, wie er dastand, Bedrückung aus. Temeraire plagte das schlechte Gewissen, auch wenn er froh war, der Diskussion entkommen zu sein.
    Immerhin war Laurence mittlerweile anständig angezogen: Temeraire hatte das Gefühl, dass er wenigstens in dieser Hinsicht seiner Pflicht nachgekommen war. Er hatte letzte Nacht Lady Allendale etwas zugeflüstert, woraufhin sie einige Kleidungsstücke aus dem Haus heruntergeschickt hatte: einen warmen, dicken Mantel und einige von Laurence’ alten Sachen, die ihr überbracht worden waren, als man Laurence ins Gefängnis gesteckt hatte. Zwar war das noch nicht ganz so, wie Temeraire Laurence gerne gekleidet gesehen hätte, aber immerhin hatte er seinen Degen wieder, bessere Stiefel und einen Mantel, der passte.
     
    Dann landete Palliata mit vier weiteren Gelben Schnittern und einigen Graukupfern. Sie waren hungrig, und aus Temeraires Vorwand, um dem Gespräch zu entschlüpfen, wurde bitterer Ernst: Sie machten sich über die Grütze her, waren laut und streitsüchtig, während sie am Hinunterschlingen waren, und als alles leergeputzt war, fragte Palliata lauernd: »Und wo sollen wir morgen fressen? Keine Schätze, kein Essen; was ist denn nun mit all deinen tollen Versprechungen?«
    Temeraire war empört, auf diese Weise herausgefordert zu werden, und sagte: »Du musst mich nicht so anfahren, weil wir die Schlacht verloren haben. Wenn Napoleon so leicht zu schlagen wäre, dann würde er keinerlei Schätze besitzen, die es wert sind, dass man um sie kämpft. Es waren Schwierigkeiten zu erwarten, und ich nenne es kleinlich, sich gleich zu beklagen, nur weil du nicht schlau genug warst, dir letzte Nacht genug zum Abendbrot zu suchen.«
    »Oh, vorher hast du nichts von Schwierigkeiten gesagt«, klagte sie. »Und du schienst von Napoleon auch keine so hohe Meinung zu haben. Wenn er so viele Schätze besitzt, dann ist es doch klar, dass er sehr schwer zu besiegen sein wird, und vielleicht gewinnen wir auch überhaupt nicht.«
    »Und falls doch«, schaltete sich höhnisch ein Graukupfer namens Rictus ein und hob den Kopf aus der Grützegrube, »dann gehe ich davon aus, dass es trotzdem keine Pavillons gibt oder Schätze, jedenfalls nicht für uns, die wir nicht unsere Kapitäne zurückbekommen oder einen Platz im Korps haben, der jederzeit auf uns wartet. Nein, wir werden schön wieder zurück ins Zuchtgehege geschickt werden, und es endet für uns genauso, wie alles angefangen hat. Ich sehe nicht ein, warum wir uns erschießen lassen oder Klauenhieben aussetzen und mit knurrendem Magen durch die Weltgeschichte fliegen sollten.«
    Vereinzelt war ein leises, zustimmendes Murmeln zu hören, schlimmer aber war die Tatsache, dass mehrere der anderen Drachen interessiert die Köpfe hoben, um zu sehen, was Temeraire erwidern würde. Dieser setzte sich zornig auf: »Ich bin kein Betrüger, und wenn du mich so beschimpfen möchtest, dann mach das jetzt und in aller Öffentlichkeit, anstatt um den heißen Brei herumzuschleichen.«
    »Was hast du denn vor, wenn wir gewonnen haben?«, fragte Ballista, die bislang nur zugehört hatte. »Rictus hat schon recht, wenn er sagt, dass du dich um den Rest von uns gar nicht mehr kümmern musst: Du bist nicht mehr unangeschirrt, selbst wenn deine Besatzung nicht der Rede wert ist.«
    Bei dieser letzten Bemerkung legte Temeraire die Halskrause an. Immerhin hatte er jetzt Gong Su zurück und Dorset – auch wenn Dorset nicht ganz so angenehm wie Keynes war – und natürlich Emily und Demane und Sipho, und Fellowes und Blythe, ja selbst Allen. Das war sehr wohl eine respektable Zahl an Mannschaftsmitgliedern, was aber natürlich überhaupt nichts zur Sache tat. »Du
hattest früher eine Besatzung, und du könntest wieder eine haben wie jeder von uns«, stellte er richtig. »Also ist die Frage nicht, ob man angeschirrt ist oder nicht, sondern ob man sich dafür oder dagegen entscheidet. Wenn es nur die Wahl zwischen dem Geschirr oder einem Leben im Zuchtgehege gibt, dann ist das nicht genug, vor allem, wenn es so langweilig im Zuchtgehege ist, und das gilt auch dann, wenn man sich für eine gewisse Zeit ein Geschirr anlegen

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