Drachenwacht: Roman (German Edition)
Kriegsgeschehen, doch sie waren zerstreut und neigten eher dazu, von ihren eigenen Schlachten in früheren Kriegen zu berichten. Die anderen Drachen waren zwar entsetzt angesichts der Epidemie, jedoch auf eine sehr engstirnige Art und Weise. Es bekümmerte sie, dass sie selbst und ihre eigenen Kameraden krank geworden und einige von ihnen gestorben waren; es beschäftigte sie, dass es so lange gedauert hatte, bis das Heilmittel sie erreicht hatte. Es bedeutete ihnen jedoch überhaupt nichts, dass die Drachen in Frankreich ebenfalls krank geworden waren oder dass sich das Leiden ausgebreitet und Tausende getötet hätte, wenn Temeraire und Laurence nicht das Gegenmittel nach Europa gebracht hätten. Und es kümmerte sie auch kein bisschen, dass die Lords der Admiralität es Hochverrat genannt und Laurence zum Tode verurteilt hatten.
Sie hatten allerdings auch gar keine Veranlassung, sich um irgendetwas zu kümmern. Sie wurden gefüttert, und es gab genug Nahrung für alle. Zwar war ihre Unterkunft nicht eben komfortabel, aber sie war nicht schlimmer als das, woran diejenigen Drachen, die sich zur Ruhe gesetzt hatten, aus den Tagen ihres aktiven Dienstes gewöhnt waren. Keiner von ihnen hatte je von einem Pavillon gehört oder daran gedacht, dass man es ihnen behaglicher machen könnte, als es augenblicklich der Fall war. Niemand musste sich je um ein Ei kümmern; die Wärter des Geheges schafften sie mit unendlicher Sorgfalt fort, um sie in kleinen Wägelchen zu verwahren, die mit
Stroh ausgelegt waren und in denen im Winter zusätzliche Wärmflaschen und Wolldecken die Eier wärmten. Die Wärter erstatteten den Drachen so lange Bericht, bis ein Tier geschlüpft war und damit nicht mehr in ihre Zuständigkeit fiel. Alle wussten, dass die Eier bei ihnen in guten Händen waren – und dass es sogar sicherer war, als sie bei sich zu behalten, sodass auch die Drachen, die selbst keinen Kapitän gewählt hatten, den Wärtern gerne ihre eigenen Eier überließen. Sie konnten nicht weit wegfliegen, denn sie wurden nicht zu einer festgesetzten Zeit, sondern jeden Tag zu einer anderen Stunde gefüttert. Flogen sie außer Hörweite der Glocken, konnte es gut passieren, dass sie zu spät kamen und den ganzen Tag über hungrig blieben. So hatten sie kaum Gesellschaft, und es gab keinen Kontakt mit anderen Zuchtgehegen oder den Stützpunkten, außer es kam ein anderer Drache von weiter weg, um sich zu paaren, und selbst das wurde von den Wärtern arrangiert. Die Drachen lebten als willige Gefangene auf ihrem eigenen Gebiet, dachte Temeraire verbittert. Er hätte das nie ertragen, wenn er es nicht für Laurence auf sich genommen hätte, nur für Laurence, den man mit Sicherheit hängen würde, wenn Temeraire nicht mehr gehorchte.
Zunächst mied Temeraire den Umgang mit den anderen Drachen, denn er musste sich um seine Höhle kümmern. Trotz der prächtigen Aussicht, die sie bot, war sie unbewohnt gewesen, weil sie ungemütlich klein war, und er hatte sich hineinzwängen müssen. Dahinter jedoch lag noch eine weitere Höhle, die man durch Öffnungen in der hinteren Wand erkennen konnte. Nach und nach schaffte Temeraire einen Zugang dorthin, indem er vorsichtig sein Grollen, den Göttlichen Wind, einsetzte. Möglicherweise arbeitete er langsamer, als es nötig gewesen wäre, und ließ bereitwillig zu, dass die Aufgabe mehrere Tage in Anspruch nahm. Dann musste die Höhle von Schutt und von alten, abgenagten Knochen und störenden Felsbrocken befreit werden, die er unter großen Mühen selbst aus etlichen Ecken entfernte – viel zu enge Ecken, als dass er darin hätte liegen können, doch er wollte es halt sauber und ansprechend haben. Im Tal
fand er einige raue Gesteinsbrocken, die er benutzte, um die Wände der Höhle durch Hin-und-her-Schaben etwas zu glätten, wobei er eine enorme Staubwolke aufwirbelte, was ihn zum Niesen brachte. Er setzte seine Arbeit jedoch fort, denn er hatte nicht vor, in einem unbehaglichen und unwirtlichen Loch zu hausen. Er schlug die Stalaktiten von der Höhlendecke und klopfte Erhebungen im Boden glatt. Als er zufrieden war, schob er vorsichtig mit seinen Klauen an den Seiten seines neu entstandenen Vorzimmers einige hübsch aussehende Steine und alte, verdorrte Zweige zurecht, die spiralförmig gedreht und ausgeblichen waren und die er in den Wäldern und Schluchten gesammelt hatte. Zu gerne hätte er einen Teich und einen Springbrunnen gehabt, doch ihm fiel nicht ein, wie er das Wasser
Weitere Kostenlose Bücher