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Dracula - Stoker, B: Dracula

Dracula - Stoker, B: Dracula

Titel: Dracula - Stoker, B: Dracula Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bram Stoker
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Ergebnisse! Warum sollte man die Wissenschaft auf ihrem kompliziertesten und vitalsten Gebiet, auf dem Gebiet der Hirnforschung, nicht auch so vorantreiben können? Wenn ich doch nur das Geheimnis eines
einzigen
Gehirns besäße, wenn ich den Schlüssel zu den Ideen nur eines
einzigen
Wahnsinnigen hätte, so würde ich meinen Wissenschaftszweig zu einer solchen Höhe emporführen, dass Burdon-Sandersons Physiologie oder Ferriers Lehre vom Gehirn 4 einfach ein Nichts wären. Wenn doch nur ein hinreichender Grund vorläge! Ich darf nicht zu sehr daran denken, sonst komme ich wahrlich noch in Versuchung. Ein einziger guter Grund könnte den Ausschlag zu meinen Gunsten bewirken. Bin ich denn nicht ebenfalls ein außergewöhnlicher Kopf?
    Wie klar dieser Mann argumentiert! Innerhalb ihrer eigenen Welt vermögen die Wahnsinnigen dies übrigens oft. Ich frage mich, auf wie viele »Leben« er wohl einen Menschen taxieren würde, vielleicht nur auf eines? Er hat seine Berechnungen ganz gewissenhaft abgeschlossen, und heute hat er wieder von Neuem |108| begonnen. Wie viele von uns vermögen es schon, jeden Tag ihres Lebens aufs Neue zu beginnen?
    Mir kommt es wie gestern vor, dass mit dem Erlöschen meiner Hoffnungen auch mein bisheriges Leben endete. Nun müsste ich eigentlich mit etwas Neuem beginnen. Und so wird dann wohl weitergehen, bis der große Buchhalter mit mir abrechnet und mein Hauptbuch mit einer Bilanz zu meinen Gunsten oder zu meinen Lasten abschließt. Oh Lucy, Lucy, ich kann dir nicht zürnen, noch meinem Freund, dessen Glück ja auch deines ist! Für mich aber heißt es jetzt, ohne Hoffnungen weiterzumachen und zu arbeiten. Arbeiten, arbeiten!
    Wenn ich dafür doch nur einen ebenso starken Antrieb hätte wie mein armer wahnsinniger Freund, einen guten, selbstlosen Grund, so wäre ich schon zufrieden.
     
    Mina Murrays Tagebuch
     
    26. Juli
    Ich bin so besorgt, und es bietet mir etwas Erleichterung, mich hier aussprechen zu können. Es ist so, als ob ich mir selbst etwas zuflüsterte und zugleich auf mich lauschte. Auch ist etwas in den stenografischen Zeichen, das sie so sehr von der normalen Schrift unterscheidet. Ich bin unglücklich wegen Lucy und wegen Jonathan. Ich hatte schon so lange nichts mehr von Jonathan gehört, da sandte mir gestern der liebe Mr. Hawkins, der immer so gut zu mir ist, einen Brief von ihm. Ich hatte ihm geschrieben und ihn gefragt, ob er denn nichts Neues von Jonathan wisse. Er antwortete, er hätte soeben eine Nachricht erhalten, die er mir beifügte. Es ist nur eine Zeile, geschrieben auf der Burg Dracula, in der Jonathan von seiner bevorstehenden Abreise Mitteilung macht. Das Ganze passt vom Stil her aber ganz und gar nicht zu ihm; ich verstehe ihn nicht und es ist mir unheimlich. Dann hat Lucy, die sonst ganz wohlauf ist, zu allem Überfluss ihre alte Gewohnheit |109| des Nachtwandelns wieder aufgenommen. Ihre Mutter sprach darüber mit mir, und wir haben ausgemacht, dass ich jede Nacht die Tür unseres Zimmers zuschließen und den Schlüssel zu mir nehmen werde. Mrs. Westenra weiß, dass Nachtwandler gewöhnlich auf Dachfirsten und an Klippen spazieren gehen, dann aber plötzlich aufwachen und mit einem grässlichen Schrei hinabstürzen.
    Arme Frau, sie hat natürlich Angst um Lucy, und sie erzählte mir, dass ihr Mann, Lucys Vater, dieselbe Gewohnheit hatte. Er stand oft in der Nacht auf, zog sich an und wäre fortgegangen, wenn man ihn nicht aufgehalten hätte. Lucy will im Herbst heiraten und macht schon ihre Pläne bezüglich Kleidung und Hauseinrichtung. Ich nehme lebhaften Anteil daran, denn ich bin ja in der gleichen Lage, nur dass Jonathan und ich beabsichtigen, uns ganz einfach einzurichten. Mr. Holmwood – das ist Hon. Arthur Holmwood, der einzige Sohn von Lord Godalming – wird hierherkommen, sobald er abkömmlich ist, seinem Vater geht es nämlich nicht gut. Ich glaube, Lucy zählt die Minuten, bis er da ist. Sie möchte ihn gerne hier heraufbringen und ihm von der Bank an der Friedhofsklippe aus die Schönheit von Whitby zeigen. Es ist, möchte ich fast sagen, das Warten, das ihr so zusetzt. Wenn er ankommt, wird es ihr besser gehen.
     
    27. Juli
    Keine Nachricht von Jonathan. Ich beginne mich um ihn zu sorgen, obgleich ich ja keinen Grund dafür anzugeben wüsste. Aber ich wünsche so sehnlichst, dass er schreiben möge, und wäre es auch nur eine Zeile. Lucy nachtwandelt mehr denn je, und jede Nacht weckt mich ihr Herumgehen im Zimmer auf. Glücklicherweise

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