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Dracyr – Das Herz der Schatten

Dracyr – Das Herz der Schatten

Titel: Dracyr – Das Herz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom , Susanne
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Rechten und fühlte den glatten, harten Stein, der zu vibrieren schien.
    Dann, ohne jede Vorwarnung, brach ein donnerndes Gebrüll über sie herein, so laut, dass ihre Ohren schmerzten, die Augen hervortraten und sie in die Knie gezwungen wurde. Welches Tier hatte eine solche Stimme? Nein, kein Tier auf der ganzen Welt. Dies war der Schrei eines Dämons, eines Teufels, einer Schar verdammter Seelen, die in die Tiefen der Hölle gestürzt und ewigen Qualen ausgeliefert wurden.
    Kay fand sich mit weit aufgerissenem Mund neben ihrem Lager auf dem Boden kauernd wieder, die Hände gegen die Ohren gepresst, nach Luft ringend wie eine Ertrinkende.
    Durch die Lüftungsöffnung drang ein schwacher rötlicher Lichtschein. Sie konnte das zweite Bett erkennen und die Wölbung der Decke, die verriet, dass jemand darin lag. Die Decke bewegte sich langsam über den Atemzügen der Schlafenden. Es war totenstill. Keine Schreie verdammter Seelen. Kein seltsames, dumpfes Vibrieren. Die Luft, die über ihre bloßen Arme strich, war kühl und ein wenig feucht.
    Kay beruhigte ihren fliegenden Atem und legte sich wieder auf ihr Lager. Sie zog die Decke über den Kopf und lauschte auf ihren Herzschlag. Das Traumbild verblasste und verschwand. Sie schloss die Augen. Ihr erster Tag und die erste Nacht in der Burg des Dracyrlords waren vorüber.

Kapitel 6
    Einen Tag lang dachte sie noch über die Drohung nach, die über ihrem Haupt schwebte, dann vergaß sie den jungen Lord ob all der Arbeit, die über sie hereinbrach.
    Sie lernte nach und nach die anderen Hausmädchen kennen – die der Tagschicht, wie Bertha ihr erklärte. Es musste noch eine ganze Armee von Bediensteten geben, die in der Nacht zuständig waren. Die Burg schlief nie. Lord Harrynkar schlief nie.
    Sie nahm das mit einem Stirnrunzeln und skeptischen Lächeln zur Kenntnis. Die Bediensteten lebten allesamt in größter Furcht vor dem Herrn der Burg, und was sie sich über ihn zuflüsterten, machte ihn zu einem gottgleichen Wesen aus Feuer und Magie. Aber er war ein Mensch aus Fleisch und Blut, das hatte sie mit eigenen Augen gesehen, und auch sein Sohn, so schreckenerregend die Begegnung mit ihm gewesen sein mochte, war ein lebender, atmender Mensch. Kein Dämon, kein Teufel– jedenfalls nicht im wahren Sinne des Wortes. Er war verwundbar und sterblich.
    Kay hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, ihre erste Pause am Tag in dem von hohen Mauern geschützten Küchengarten zu verbringen. Dort saß sie auf einem Felsen in der Sonne und genoss das Licht und die Wärme, die das ständige Frösteln aus ihren Gliedern vertrieb.
    So saß sie auch an diesem Mittag wieder an ihrem Platz, badete mit geschlossenen Augen in der Sonnenwärme und achtete nicht auf die Schritte, die über den Kiesweg knirschten. Im Garten herrschte ein dauerndes Kommen und Gehen aus der Küche und den Vorratsräumen.
    Die Schritte passierten den Felsbrocken, auf dem sie saß, verharrten und kehrten zurück. » Hallo « , sagte eine angenehme Männerstimme. » Du bist das neue Hausmädchen, von dem mir alle erzählt haben, stimmt’s? «
    Kay öffnete die Augen und sah zu dem Fremden empor. Er lächelte breit und freundlich auf sie herunter und streckte ihr seine Hand entgegen. » Leon Quentin. Ich bin einer der Lieferanten für die Küche. «
    Â» Karolyn Donne « , erwiderte Kay und blinzelte gegen die Sonne. Rote Haare und Augen von der Farbe reifer Nüsse. Ein jungenhaftes, offenes Gesicht, breite Schultern unter einer braunen Jacke, eine unbekümmerte Ausstrahlung, die sie unwillkürlich lächeln ließ. » Was haben sie dir denn über mich erzählt? «
    Er schob sich ohne Umstände neben sie auf den Stein und sah sie von der Seite an. So jung er auch war, er hatte feine Fältchen in den Augenwinkeln, die sich vertieften, als er sie musterte. » Dass du ein Schwan unter Enten bist « , sagte er und neigte den Kopf zu einer übertrieben nachdenklichen Pose. » Dass schon etliche Wetten darüber laufen, welcher der Zöglinge dich als Erster in sein Bett zerren wird. « Er grinste breit, als er ihr entsetztes Gesicht sah. » Und daraufhin als Erster den Verlust eines ihm wichtigen und wertvollen Körperteils zu beklagen haben wird. «
    Kay stimmte etwas verhaltener in sein Gelächter ein. » So etwas erzählt man im Haus? «
    Er wurde

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