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Dracyr – Das Herz der Schatten

Dracyr – Das Herz der Schatten

Titel: Dracyr – Das Herz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom , Susanne
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    Sie folgte ihm durch die äußere Schleuse hinauf in den Vorhof. Die Sonne stach auf ihren Scheitel und blendete sie. Erst beim zweiten vergeblichen Versuch, ihre seitlichen Nickhäute zum Schutz vorgleiten zu lassen, ging ihr auf, dass sie ein Mensch war. Sie schüttelte den Kopf und kniff die Augen zusammen. Es roch nach Abfall und Pferdemist. Hinten im Hof klirrten Ketten und jemand schimpfte. Metall schlug auf Metall. Hitze und Glut. Der Hufschmied war da. Über ihrem Kopf segelten Schwalben, sie hörte den heiseren Ruf einer Taube, eine Katze schlich durch das hohe Gras, Laub rauschte, der Wind brachte den Geruch des Flusswassers mit sich, ein Mädchen sang, eine Pumpe quietschte, der Wind strich über ihre Haut und ließ ihre Haare tanzen, alles war gelb und rot und grün und blau, schmerzhaft laut, viel zu stark…
    Â» Wenn es dir zu viel wird, brich den Kontakt ab « , hörte sie Damian erneut sagen.
    Kay seufzte und schloss die Augen, lehnte sich an ihn. Das Chaos an Eindrücken reduzierte sich auf das, was sie hörte, und das Gefühl, das seine Berührung hervorrief. Er strich über ihre Schultern und ihre Wange. Es schien ihn genauso wenig wie sie zu stören, dass alle Welt zusehen konnte, wie er mit ihr Zärtlichkeiten austauschte.
    Kay öffnete die Augen und trat einen Schritt zurück. » Danke « , sagte sie. » Ich… es geht schon. Musst du nicht zu den anderen, wegen des Übungsfluges? « Mit einem Mal wurde sie kribbelig, denn sie hätte ihre Verabredung mit Bradan beinahe vergessen.
    Damian sah verblüfft aus, dann nickte er. » Du hast recht, mich darauf hinzuweisen. Wir sehen uns dann heute Abend, ich möchte, dass wir zusammen einen Ausflug unternehmen. Ich hole dich ab. « Er drehte sich um und ging zurück in die Burg.
    Kay holte tief Luft. Sie musste sich fertig machen, um ihren Bruder zu treffen. Würde sie diese Begegnung mit Gormydas in ihrem Inneren schaffen? Und falls sie es versuchte– was sie allerdings vorhatte–, würde Bradan etwas bemerken?

Kapitel 23
    Der kleine Anleger gehörte zu einer Fähre, die die beiden größten Stadtteile miteinander verband. Auf dem burgseitigen Ufer drängte die Altstadt mit einer Unzahl von kleinen Läden, Handwerksbuden und Gaststätten beinahe bis an den Fluss, und auf dem jenseitigen Ufer blickte man auf eine Flusspromenade mit Weiden und Birken, schmalbrüstige Wohnhäuser und einen großen Wochenmarkt, um dem sich Lagerhäuser und Schuppen drängten.
    Kay hatte den Weg vom Burgberg hinunter durch die Stadt halb im Nebel hinter sich gebracht. Gormydas zuckte und zappelte in ihrem Inneren. Was er durch Kays Sinne aufnahm, schien ihn bis ins Mark zu erschüttern und zu erregen. Zum ersten Mal kam ihr der Gedanke, dass diese Verschmelzung für ihren Dracer nicht weniger aufwühlend sein musste als für sie– vielleicht sogar noch ein wenig mehr, weil er doch nie etwas anderes zu sehen bekam als die stille Dunkelheit des Dracyrpferchs.
    Sie nahm den kurzen Weg durch die Seilergasse, die eng und düster war. Ihre Schritte hallten zwischen den Häuserwänden, in der Gosse gluckste trübes Abwasser, und dann trat sie in einen Haufen Unrat, der stinkend zerplatzte. Sie blieb stehen, um ihren Schuh an dem Kratzeisen neben einer Haustür zu reinigen. Schritte, die sie bisher für ein Echo gehalten hatte, verstummten plötzlich hinter ihr. Kay wandte den Kopf, aber niemand war zu sehen. Da war ein Schatten in einer Toreinfahrt, aber als sie Gormydas Sinne zusätzlich zu ihren eigenen anstrengte, konnte sie erkennen, dass es nur der Schatten eines zersplitterten Torpfostens war.
    Sie ging weiter, aber ihre Sinne waren angespannt. Wurde sie verfolgt? Und wenn ja, von wem?
    Sie blieb noch einmal unvermittelt stehen, bevor sie die Seilergasse verließ und auf einen kleinen Platz hinaustrat. Dieses Mal hörte sie keine Schritte und spürte auch niemanden hinter sich. Wahrscheinlich war es nur eine Einbildung gewesen.
    Sie legte den Rest des Weges zum Flussufer in zügigem Tempo zurück. Am kleinen Anleger drängten sich Menschen vor der Gierfähre, die so geschickt an Seilen verankert war, dass sie durch die Strömung des Flusses vom einen zum anderen Ufer getrieben wurde.
    Kay wartete, bis die schwimmende Brücke sich wieder vom Anleger gelöst hatte, und ging dann zu seinem Ende. Sie blickte in das

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