Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes
Treatment enthielt die folgende unglückliche Anweisung:
Der 2000-Jahre-Sprung zurück ins technisierte und zivilisierte Atlantis bedeutet natürlich eine Romananlage, die eher SF- als Fantasy-orientiert ist. Dennoch hat der Autor es in der Hand, das SF-Element zu überspielen, indem er technische Schilderungen oder Erklärungen so gut wie gar nicht bringt, sondern sein Augenmerk verstärkt auf phantastisch anmutende Aktionen oder Geschehnisse richtet und nur das an technischen Elementen einbaut, was der Leser zum Verständnis unbedingt benötigt.
Das Ergebnis von Willi Voltz’ Bemühungen, ein rustikales Raumfahrer-Atlantis, war weder für SF-Leser noch für Fantasy-Leser besonders verdaulich. Schlimmer noch, mit dieser SF-Vorgabe im Kopf fiel es den Autoren oft schwer, den Helden glaubhaft in jenem mystischmagischen Rahmen zu schildern und den für die Fantasy so notwendigen Sense of Wonder zu schaffen, diese Atmosphäre des Märchenhaften, Geheimnisvollen.
Wir haben deshalb beschlossen, in dieser Buchausgabe die Serie so zu präsentieren, wie sie ursprünglich geplant war. Die drei Romane von William Voltz werden, um die Serie trotzdem in ihrer Gänze zu präsentieren, als abschließender Band 19 dieser Buchreihe erscheinen. Ich werde da und dort Szenen einfügen, um wichtige Details aus dem Goldenen Zeitalter in Form von Erinnerungen einfließen zu lassen und Dragons Wandlung vom mystisch-magischen Verständnis zum technisch-aufgeklärten möglichst harmonisch zu gestalten.
In diesem Band sind die Romane Der Schrein des schlafenden Gottes, Maratha – Die Seherin und König der Vampire – alle von Hans Kneifel – zusammengefaßt.
Widmen möchte das »neue DRAGON-Team« diese Ausgabe den drei Kollegen, die leider nicht mehr unter uns sind, um diese Auferstehung der Söhne von Atlantis mitzufeiern: Willi Voltz, Peter Terrid und Günter M. Schelwokat. Die Arbeit an seiner Serie DRAGON – SÖHNE VON ATLANTIS war immer ein Vergnügen für mich und ist es jetzt, fast 30 Jahre danach, wieder.
Hugh Walker
Es war der Traum, den er schon tausendmal geträumt hatte. In dem er tausendmal geweint hatte. Der Traum von Feuer und Rauch und Tod.
Der Traum vom Sterben einer Welt und einer Zeit.
Der Träumer krallte sich verzweifelt an den Panzer des gewaltigen Drachen, der zum Meer hinabstürzte. Hinter ihm war die Küste ein zerrissener, in Dampf und Feuer gehüllter Landstrich, gegen den sich das Meer mit seiner ganzen zerstörerischen Gewalt warf. Die Insel selbst lag unter einem gelbroten Leichentuch aus Flammen und Rauch verborgen.
Mit einem betäubenden Klatschen tauchte der schwere Körper des Drachen in die tosenden Fluten, dann spülte eine gewaltige Welle wannen Wassers über ihn hinweg. Sein mächtiger Schwanz peitschte das Meer, als er schnaubend an die Oberfläche kam. Mit schwindelerregender Geschwindigkeit glitt er von der untergehenden Insel fort durch die schäumenden Wogen.
Der Träumer blickte nicht zurück – er hätte den Anblick seiner sterbenden Heimat nicht mehr ertragen.
Nach einer langen Zeit, während der Rauch den Himmel verdunkelte und die Bewegungen des Drachen müder wurden, tauchte die Küste des Ostkontinentes am Horizont auf. Auch dort war das Land in Aufruhr, hatte sich die Erde geöffnet und spie Feuer.
Der Träumer sprach mit dem Drachen, aber der antwortete nicht mehr. Er sah die Blutspur im Wasser, die Raubfische angelockt hatte, und wußte, daß sein Freund sterben würde.
Der Drache schwamm in eine ruhige, geschützte Bucht, watete aber nicht aus dem Wasser, sondern blieb liegen und legte den Kopf auf den Sand …
Es war das Ende des Weges.
Am Ende des Weges, sagte ein Sprichwort, ist immer ein Drache.
Hans Kneifel
Der Schrein
des schlafenden Gottes
Gegen Mittag wirkte Urgor wie eine Totenstadt. Reglosigkeit und Stille herrschten in den Häusern innerhalb des Mauerringes. In den Schenken wurde nicht getrunken und gelärmt, in den Freudenhäusern erklangen keine Flöten und Harfen, und aus den vielen Werkstätten hörte man nicht einen Ton. Die Menschen schlichen gedrückt durch den Glast des Tages. Seit drei Monden war nicht ein einziger Tropfen Regen gefallen. Selbst das Atmen fiel schwer. Dazu kam noch, daß die Fieberseuche einen Stadtbewohner nach dem anderen hinwegraffte. Die Götter schienen einen unheimlichen Fluch gegen Urgor ausgestoßen zu haben. Und in der Stunde, in der Hitze und Trockenheit am größten waren, erklangen die Hufschläge eines
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