Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes
los. Etwa zwanzig Männer schlossen sich ihm an, begleitet vom Lärm der Rammstöße gegen das Tor. Sie liefen durch den Hof, vorbei an einem halben Dutzend Toten, stolperten über herabgestürzte Mauerbrocken und Ziegel und erreichten die Ställe und das Wachhaus in der Nähe des Bergtores.
Niemand sah, wie der sterbende König sein Gemach verließ. Er schleppte sich mühsam bis zu einer Stelle, von der aus er die Stadt und das Meer von Menschen im Fackellicht sehen konnte. Als er das Brechen der Torflügel hörte, schloß König Alac die Augen. Ein furchtbarer Schmerz durchfuhr ihn. Er sank schwer gegen die rauhe Mauer und rutschte daran entlang zu Boden. Er streckte sich im Winkel zwischen Boden und Mauer aus. Auf seinem Gesicht erschien ein trauriges Lächeln. Die letzten Geräusche, ehe er starb, waren Pferdegetrappel, Parthos Stimme und die Antwort von Amee.
»Auf die Pferde! Öffnet das Tor!« befahl der Hauptmann.
»Ich reite neben dir, Partho!« forderte Amee.
Partho setzte sich im Sattel zurecht und sah zu, wie sich die Mädchen auf die Pferderücken schwangen.
Einige Reiter galoppierten an ihm vorbei und zogen vom Sattel aus die schweren Riegel des Bergtores auf. Parthos weißer Hengst wieherte und bäumte sich auf. Auf durchgehenden Pferden stoben andere Reiter durch die Dunkelheit davon und verschwanden in der schmalen Gasse, die hinaus in eine gewundene Schlucht und in Sicherheit führte. Weit hinter ihnen drang die Menge durch die niedergebrochenen Torflügel in den Palast ein.
Amee führte Adas Pferd am Zügel, hinter ihnen hielt sich Agrion. Partho deutete mit dem Schwert auf die Öffnung. Ein Mann, der eine Fackel hoch über seinen Kopf hielt, ritt dicht vor dem Hauptmann. Zusammen jagten sie auf das Tor zu und hinaus aus dem Palast. Amee überholte Partho. Sie war eine ausgezeichnete Reiterin – Partho selbst hatte es sie gelehrt. Hinter der Gruppe mit den drei Mädchen kamen fünf oder mehr Reiter.
Sie kamen nicht weiter als zwanzig Mannslängen. Plötzlich wurden Fackeln hochgerissen. Die Gasse war von einer Gruppe bewaffneter Reiter versperrt.
»Hier sind sie! Umzingelt sie! Die Frauen …!« schrie Obad aus dem Hintergrund.
Parthos Augen gewöhnten sich an die flackernde Helligkeit. Die Schatten der Pferde und Männer tanzten riesengroß an den gekalkten Wänden. Die ersten Palastwachen schlugen mit den Schwertern auf die anderen Reiter ein. Pferde wieherten, Ada schrie laut auf, als sich zu beiden Seiten der Absperrung Reiter in Bewegung setzten und versuchten, die Gruppe um Partho zu umgehen.
»Kommt nur und sterbt!« zischte Partho.
Seine Klinge beschrieb einen Halbkreis. Ein Reiter, der an Partho vorbeijagte, wurde in den Hals getroffen und sank sterbend aus dem Sattel. Die Wand aus Schilden und Pferdeleibern schob sich langsam näher. Zwei Männer drangen auf Partho ein, und er riß seinen Schild hoch und wehrte sich mit wütenden Schwerthieben. Die anderen Reiter drängten sich näher an die Prinzessinnen heran. Partho dirigierte seinen Hengst mit Schenkeldruck langsam rückwärts. Sein langes, gekrümmtes Schwert blitzte im Fackellicht, begleitet von Klirren und dem Schreien der Getroffenen.
»Partho!« rief Amee halblaut.
Er wandte sich kurz um und sah, wie sich die Tür einer Hütte öffnete. Nur einen Spaltbreit. Die Hütte gehörte zu einem jetzt leeren königlichen Speicher. Eine Hand zog am Fuß der Prinzessin. Amee begriff schnell und sprang aus dem Sattel. Agrion folgte ihr, indem sie sich vom Pferderücken gleiten ließ und zwischen den wirbelnden Hufen der aufgeregten Tiere hindurchkroch. Der Arm eines Unbekannten zog Agrion und Amee durch die Tür, dann schloß sie sich leise.
Partho hieb in den Oberarm eines Angreifers, zwang sein Pferd herum und drängte sich fluchend zwischen zwei Reitern hindurch. Sein Ziel war Ada, die wütend mit der Reitpeitsche um sich schlug, bedrängt von drei Reitern. Ein Reiter überholte den Hauptmann und holte mit einer Streitaxt aus. Einer der Wächter ritt gerade noch rechtzeitig heran und schlug dem Reiter den Kopf ab.
Partho schlug einen Schild zur Seite, stieß zu und traf einen Angreifer in die Brust. Trotz heftiger Gegenwehr jedoch wurde Ada abgedrängt und überwältigt. Um Partho bildete sich ein Ring aus Angreifern. Der Hauptmann wehrte sich verbissen.
Ein auskeilendes Pferd zerschmetterte einem Mann, der sich aufrichtete, den Brustkorb. Zwischen den Mauern hallte der Todesschrei. Von einer Fackel, mit der ein
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