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Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes

Titel: Dragon 01: Der Schrein des schlafenden Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Gottes der vielen Namen.«
    Partho packte ihn hart an der Schulter. »Was ist mit den Spähern in der Stadt? Sind sie auch übergelaufen?«
    »Sie kamen vor wenigen Augenblicken zurück. Die Dunklen Wächter sagen, daß die Sonne verschlungen wird. Sie schüren den Zorn gegen König Alac.«
    »Er wird die Nacht nicht mehr überleben!« sagte Partho hart. »Wir verteidigen den Palast eine Weile, dann bringen wir die Prinzessinnen in die Berge. Verrammelt alle Tore und bringt die Pferde ans Bergtor!«
    »Alles klar. Wo rechnest du mit dem Hauptsturm?«
    »Am Haupttor, wo eine große Menge Platz hat. Obad ist feige – er wird sich hinter dem Pöbel verstecken.«
    Partho dachte an Amee, während er zu seiner Kammer ging, um Vorbereitungen für die Flucht zu treffen. Amee … er begehrte sie, aber sie liebte ein Phantom. Einen, den sie den »schlafenden Gott« nannten. Er legte seine Waffen an, warf Bogen und den vollen Köcher über die Schulter und steckte zwei lange, flammenförmig gekrümmte Dolche in die Stiefelschäfte, nahm Schild und Mantel. Er beobachtete, wie seine Männer die Pferde in die Nähe des Bergtores brachten.
    Er ging langsam zu seinen Männern zurück. Amee, Agrion und Ada würden das Nötigste zusammenpacken.
    Unten in der Stadt mit ihren knapp dreißigtausend Bewohnern schlichen die Gerüchte umher wie giftige Schlangen. Die Dürre und der Hunger, das lange Jahr der Trockenheit und der Ausbruch der Fieberseuche – das sei noch nicht Strafe genug für die Sünden des Volkes, verkündeten die Männer des Oberpriesters. Nur ein großes Opfer könne den Götzen versöhnen und den Regen bringen. Eine Opferung, in deren Verlauf der Schrein des Gottes zertrümmert werden sollte. Ein Opfer, das während der Stunde dargebracht wurde, in der ein Dämon die Sonne verschlang. Eine Jungfrau von königlichem Blut mußte auf dem zerstörten Schrein verbluten. Und die eine, die Obad im Auge hatte, war – Ada!
    Nur dieses Opfer war dem Götzen würdig genug. Partho sah zum Himmel empor. In fünf Stunden würde die Sonne verschwinden. Er glaubte nicht daran, daß sie mitten am Tag »verschlungen« würde. Seit seiner Geburt war sie jeden Morgen aufgegangen, jeden Tag über den Himmel gewandert und jeden Abend hinter dem Horizont versunken. Warum sollte ausgerechnet ein Dämon die Sonne verschlingen?
     
    Der Vollmond spiegelte sich im Wasser des Raxos. In der Stadt sah Partho die Lichter vieler Fackeln und Öllampen. Ein umgestürzter Karren, ein Fetzen Tuch an einem Mauervorsprung, Gesichter, die sich bewegten und zum Palast heraufsahen. Die Feuerschalen, gefüllt mit Öl, bildeten auf der untersten Palastmauer große weiße Inseln aus Licht. Partho überschaute alles mit einem Blick und lauschte dem heißen Atem der Nacht. Ein Wachposten, den Bogen in der Hand, trat auf den Hauptmann zu.
    »Die Ruhe ist unheimlich!« sagte er. »Ob sie stürmen?«
    »Wahrscheinlich bald. Die Mädchen und die Pferde – sind sie in Sicherheit?«
    »Sie sind im Wachhaus neben dem Bergtor. Sechs Männer sind bei ihnen.«
    Zwischen den Zinnen der Mauer und den ersten Häusern der Stadt gab es genug freien Platz, dort wuchsen Bäume, deren Laub jetzt halb verwelkt war. Von hier oben konnte fast jeder Bogenschuß treffen. Aber er wußte, daß sechzig Männer dem erwarteten fanatischen Ansturm nur kurze Zeit standhalten konnten. Partho plante, sich in der allgemeinen Verwirrung während des Angriffs mit den beiden Prinzessinnen, dem Gold und dem Rest seiner Männer abzusetzen.
    Partho hielt sich im Schatten eines Mauervorsprungs und blickte auf den menschenleeren, von Feuerschalen erhellten Platz hinaus. Nach einer Weile rührte sich dort unten etwas. Stimmen der Priester, schlurfende Schritte im Halbdunkel zwischen den Häusern. Menschen schoben sich von allen Seiten heran. Fackelschein huschte über die weißen Mauern.
    »Sie kommen!« rief unterdrückt ein Posten.
    »Ich sehe sie!« ertönte Parthos dunkle Stimme.
    Langsam schob sich eine große Menschenmenge von drei Seiten auf den Palast zu. Die Mutigsten oder jene, die genug getrunken hatten, gingen vorn und trugen Waffen oder Fackeln. Die Spitze bildeten drei ehemalige Wachen und ein schwarzgekleideter Mann hinter ihnen, der eine Fackel hochhielt. Das war Obad, der Oberpriester. Er hielt sich hinter den runden Schilden der Wachen.
    Das Licht der knisternden Fackel ließ Obads Gesicht dämonisch erscheinen. Unter dem Rand der schwarzen Kapuze spielten die Schatten auf dem

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