Dramatische Werke
Was Ihre Alba leisten,
Das kann auch Carl, und Carl kann mehr. Was fragt
Ein Miethling nach dem Königreich, das nie
Sein eigen sein wird? – Was bekümmert's den ,
Wenn Philipps graue Haare weiß sich färben?
Ihr Carlos hätte Sie geliebt. – Mir graut
Vor dem Gedanken, einsam und allein,
Auf einem Thron allein zu sein. –
Philipp (von diesen Worten ergriffen, steht nachdenkend und in sich gekehrt. Nach einer Pause).
Ich bin allein.
Carlos (mit Lebhaftigkeit und Wärme auf ihn zugehend).
Sie sind's gewesen. Hassen Sie mich nicht mehr,
Ich will Sie kindlich, will Sie feurig lieben,
Nur hassen Sie mich nicht mehr. – Wie entzückend
Und süß ist es, in einer schönen Seele
Verherrlicht uns zu fühlen, es zu wissen,
Daß unsre Freude fremde Wangen röthet,
Daß unsre Angst in fremdem Busen zittert,
Daß unsre Leiden fremde Augen wässern!
Wie schön ist es und herrlich, Hand in Hand
Mit einem theuern, vielgeliebten Sohn
Der Jugend Rosenbahn zurück zu eilen,
Des Lebens Traum noch einmal durchzuträumen!
Wie groß und süß, in seines Kindes Tugend
Unsterblich, unvergänglich fortzudauern,
Wohlthätig für Jahrhunderte! – Wie schön,
Zu pflanzen, was ein lieber Sohn einst erntet,
Zu sammeln, was ihm wuchern wird, zu ahnen,
Wo hoch sein Dank einst flammen wird! – Mein Vater,
Von diesem Erdenparadiese schwiegen
Sehr weislich ihre Mönche.
Philipp (nicht ohne Rührung).
O, mein Sohn,
Mein Sohn! du brichst dir selbst den Stab. Sehr reizend
Malst du ein Glück, das – du mir nie gewährtest.
Carlos.
Das richte der Allwissende! – Sie selbst,
Sie schlossen mich, wie aus dem Vaterherzen,
Von Ihres Scepters Anteil aus. Bis jetzt,
Bis diesen Tag – o, war das gut, war's billig? –
Bis jetzt mußt' ich, der Erbprinz Spaniens,
In Spanien ein Fremdling sein, Gefangner
Auf diesem Grund, wo ich einst Herr sein werde.
War das gerecht, war's gütig? – O, wie oft,
Wie oft, mein Vater, sah ich schamroth nieder,
Wenn die Gesandten fremder Potentaten,
Wenn Zeitungsblätter mir das Neueste
Vom Hofe zu Aranjuez erzählten!
Philipp.
Zu heftig braust das Blut in deinen Adern.
Du würdest nur zerstören.
Carlos.
Geben Sie
Mir zu zerstören, Vater. – Heftig braust's
In meine Adern – Dreiundzwanzig Jahre,
Und nichts für die Unsterblichkeit gethan!
Ich bin erwacht, ich fühle mich. – Mein Ruf
Zum Königsthron pocht, wie ein Gläubiger,
Aus meinem Schlummer mich empor, und alle
Verlornen Stunden meiner Jugend mahnen
Mich laut wie Ehrenschulden. Er ist da,
Der große, schöne Augenblick, der endlich
Des hohen Pfundes Zinsen von mir fordert:
Mich ruft die Weltgeschichte, Ahnenruhm
Und des Gerüchtes donnernde Posaune.
Nun ist die Zeit gekommen, mir des Ruhmes
Glorreiche Schranken aufzuthun. – Mein König,
Darf ich die Bitte auszusprechen wagen,
Die mich hieher geführt?
Philipp.
Noch eine Bitte?
Entdecke sie.
Carlos.
Der Aufruhr in Brabant
Wächst drohend an. Der Starrsinn der Rebellen
Heischt starke, kluge Gegenwehr. Die Wuth
Der Schwärmer zu bezähmen, soll der Herzog
Ein Heer nach Flandern führen, von dem König
Mit souveräner Vollmacht ausgestattet.
Wie ehrenvoll ist dieses Amt, wie ganz
Dazu geeignet, Ihren Sohn im Tempel
Des Ruhmes einzuführen! – Mir, mein König,
Mir übergeben Sie das Heer. Mich lieben
Die Niederländer; ich erkühne mich,
Mein Blut für ihre Treue zu verbürgen.
Philipp.
Du redest, wie ein Träumender. Dies Amt
Will einen Mann und keinen Jüngling –
Carlos.
Will
Nur einen Menschen, Vater, und das ist
Das Einzige, was Alba nie gewesen.
Philipp.
Und Schrecken bändigt die Empörung nur.
Erbarmung hieße Wahnsinn. – Deine Seele
Ist weich, mein Sohn, der Herzog wird gefürchtet –
Steh ab von deiner Bitte.
Carlos.
Schicken Sie
Mich mit dem Heer nach Flandern, wagen Sie's
Auf meine weiche Seele. Schon der Name
Des königlichen Sohnes, der voraus
Vor meinen Fahnen fliegen wird, erobert,
Wo Herzog Albas Henker nur verheeren.
Aus meinen Knieen bitt' ich drum. Es ist
Die erste Bitte meines Lebens – Vater,
Vertrauen Sie mir Flandern –
Philipp (den Infanten mit einem durchdringenden Blick betrachtend).
Und zugleich
Mein bestes Kriegsheer deiner Herrschbegierde?
Das Messer meinem Mörder?
Carlos.
O mein Gott!
Bin ich nicht weiter, und ist das die Frucht
Von dieser längst erbetnen großen Stunde?
(Nach einigem Nachdenken, mit gemildertem Ernst.)
Antworten Sie mir sanfter! Schicken Sie
Mich so nicht weg! Mit dieser übeln Antwort
Möcht' ich nicht gern entlassen
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