Dramatische Werke
das Schloß des Lebens zu ebenen? – den Körper vom Geist aus zu verderben – ha! ein Originalwerk! – wer das zu Stand brächte? – Ein Werk ohne Gleichen! – Sinne nach, Moor! – Das wär' eine Kunst, die's verdiente, dich zum Erfinder zu haben. Hat man doch die Giftmischerei beinahe in den Rang einer ordentlichen Wissenschaft erhoben und die Natur durch Experimente gezwungen ihre Schranken anzugeben, daß man nunmehr des Herzens Schläge Jahr' lang vorausrechnet und zu dem Pulse spricht: bis hieher und nicht weiter! [1] – Wer sollte nicht auch hier seine Flügel versuchen?
Und wie ich nun werde zu Werk gehen müssen, diese süße, friedliche Eintracht der Seele mit ihrem Leibe zu stören? Welche Gattung von Empfindnissen ich werde wählen müssen? Welche wohl den Flor des Lebens am grimmigsten anfeinden? Zorn? – dieser heißhungrige Wolf frißt sich zu schnell satt – Sorge? – dieser Wurm nagt mir zu langsam – Gram? – diese Natter schleicht mir zu träge – Furcht? – die Hoffnung läßt sich nicht umgreifen – Was? sind das all die Henker des Menschen? – Ist das Arsenal des Todes so bald erschöpft? – (Tiefsinnend.) Wie? – Nun? – Was? Nein! – Ha! (Auffahrend.) Schreck! – Was kann der Schreck nicht? – Was kann Vernunft, Religion wider dieses Giganten eiskalte Umarmung? – Und doch? – Wenn er auch diesem Sturm stünde? – Wenn er? – O so komme du mir zu Hilfe, Jammer , und du, Reue , höllische Eumenide, grabende Schlange, die ihren Fraß wiederkäut und ihren eigenen Koth wiederfrißt, ewige Zerstörerinnen und ewige Schöpferinnen eures Giftes! und du, heulende Selbstverklagung , die du dein eigen Haus verwüstest und deine eigene Mutter verwundest – Und kommt auch ihr mir zu Hilfe, wohlthätige Grazien selbst, sanftlächelnde Vergangenheit , und du mit dem überquellenden Füllhorn, blühende Zukunft , haltet ihm in euren Spiegeln die Freuden des Himmels vor, wenn euer fliehender Fuß seinen geizigen Armen entgleitet – So fall' ich, Streich auf Streich, Sturm auf Sturm, dieses zerbrechliche Leben an, bis den Furientrupp zuletzt schließt – die Verzweiflung! Triumph! Triumph! – Der Plan ist fertig – schwer und kunstvoll wie keiner – zuverlässig – sicher – denn (spöttisch) des Zergliederers Messer findet ja keine Spuren von Wunde oder corrosivischem Gift.
(Entschlossen.) Wohlan denn! (Hermann tritt auf.) Ha!
Deus ex machina!
Hermann!
Hermann.
Zu Euren Diensten, gnädiger Junker!
Franz (gibt ihm die Hand).
Die du keinem Undankbaren erweisest.
Hermann.
Ich hab' Proben davon.
Franz.
Du sollst mehr haben mit nächstem – mit nächstem, Hermann! – Ich habe dir etwas zu sagen, Hermann.
Hermann.
Ich höre mit tausend Ohren.
Franz.
Ich kenne dich, du bist ein entschloßner Kerl – Soldatenherz – Haar auf der Zunge! – Mein Vater hat dich sehr beleidigt, Hermann!
Hermann.
Der Teufel hole mich, wenn ich's vergesse!
Franz.
Das ist der Ton eines Mannes! Rache geziemt einer männlichen Brust. Du gefällst mir, Hermann. Nimm diesen Beutel, Hermann. Er sollte schwerer sein, wenn ich erst Herr wäre.
Hermann.
Das ist ja mein ewiger Wunsch, gnädiger Junker; ich dank' Euch.
Franz.
Wirklich, Hermann? wünschest du wirklich, ich wäre Herr? – aber mein Vater hat das Mark eines Löwen, und ich bin der jüngere Sohn.
Hermann.
Ich wollt', Ihr wär't der ältere Sohn, und Euer Vater hätte das Mark eines schwindsüchtigen Mädchens.
Franz.
Ha! wie dich der ältere Sohn dann belohnen wollte! wie er dich aus diesem unedlen Staub, der sich so wenig mit deinem Geist und Adel verträgt, ans Licht emporheben wollte! – Dann solltest du, ganz wie du da bist, mit Gold überzogen werden und mit vier Pferden durch die Straßen dahinrasseln, wahrhaftig! das solltest du! – Aber ich vergesse, wovon ich dir sagen wollte – hast du das Fräulein von Edelreich schon vergessen, Hermann?
Hermann.
Wetter Element! was erinnert Ihr mich an das?
Franz.
Mein Bruder hat sie dir weggefischt.
Hermann.
Er soll dafür büßen!
Franz.
Sie gab dir einen Korb. Ich glaube gar, er warf dich die Treppe hinunter.
Hermann.
Ich will ihn dafür in die Hölle stoßen.
Franz.
Er sagte: man raune sich einander ins Ohr, du seist zwischen dem Rindfleisch und Merrettig gemacht worden, und dein Vater habe dich nie ansehen können, ohne an die Brust zu schlagen und zu seufzen: Gott sei mir Sünder gnädig!
Hermann (wild).
Blitz, Donner und Hagel, seid still!
Franz.
Er
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