Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dramatische Werke

Dramatische Werke

Titel: Dramatische Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
Vom Netzwerk:
mit Heu vorlieb nehmen. Dir eine Stallmagd, und keine Amalia! (Geht ab.)
Zweite Scene.
    Des alten Moors Schlafzimmer.
    Der alte Moor schlafend in seinem Lehnsessel. Amalia .
    Amalia (sachte herbeischleichend).
Leise, leise! er schlummert. (Sie stellt sich vor den Schlafenden.) Wie schön, wie ehrwürdig! – ehrwürdig, wie man die Heiligen malt – nein, ich kann dir nicht zürnen! Weißlockigtes Haupt, dir kann ich nicht zürnen! Schlummre sanft, wache froh auf, ich allein will hingehn und leiden.
    D. a. Moor (träumend).
Mein Sohn! mein Sohn! mein Sohn!
    Amalia (ergreift seine Hand).
Horch, horch! sein Sohn ist in seinen Träumen.
    D. a. Moor.
Bist du da? bist du wirklich? Ach wie siehst du so elend! Sieh mich nicht an mit diesem kummervollen Blick! ich bin elend genug.
    Amalia (weckt ihn schnell).
Seht auf, lieber Greis! Ihr träumtet nur. Faßt Euch!
    D. a. Moor (halb wach).
Er war nicht da? drückt' ich nicht seine Hände? Garstiger Franz! willst du ihn auch meinen Träumen entreißen?
    Amalia.
Merkst du's, Amalia?
    D. a. Moor (ermuntert sich).
Wo ist er? wo? wo bin ich? Du da, Amalia?
    Amalia.
Wie ist Euch? Ihr schlieft einen erquickenden Schlummer.
    D. a. Moor.
Mir träumte von meinem Sohn. Warum hab' ich nicht fortgeträumt? Vielleicht hätte ich Verzeihung erhalten aus seinem Munde.
    Amalia.
Engel grollen nicht – er verzeiht Euch. (Faßt seine Hand mit Wehmut.) Vater meines Karls! ich verzeih' Euch.
    D. a. Moor.
Nein, meine Tochter! diese Todtenfarbe deines Angesichts verdammt den Vater. Armes Mädchen! Ich brachte dich um die Freuden deiner Jugend – o fluche mir nicht!
    Amalia (küßt seine Hand mit Zärtlichkeit).
Euch?
    D. a. Moor.
Kennst du dieses Bild, meine Tochter?
    Amalia.
Karls! –
    D. a. Moor.
So sah er, als er ins sechzehnte Jahr ging. Jetzt ist er anders – Oh, es wüthet in meinem Innern – diese Milde ist Unwillen, dieses Lächeln Verzweiflung – Nicht wahr, Amalia? Es war an seinem Geburtstage in der Jasminlaube, als du ihn maltest? – Oh meine Tochter! Eure Liebe machte mich so glücklich.
    Amalia immer das Auge auf das Bild geheftet).
Nein! nein! er ist's n. Bei Gott! Das ist Karl nicht – Hier, hier (auf Herz und Stirne zeigend). So ganz, so anders. Die träge Farbe reicht nicht, den himmlischen Geist nachzuspiegeln, der in seinem feurigen Auge herrschte. Weg damit! dies ist so menschlich! Ich war eine Stümperin.
    D. a. Moor.
Dieser huldreiche, erwärmende Blick – wär' er vor meinem Bette gestanden, ich hätte gelebt mitten im Tode! Nie, nie wär' ich gestorben!
    Amalia.
Nie, nie wär't Ihr gestorben! Es wär' ein Sprung gewesen, wie man von einem Gedanken auf einen andern und schönern hüpft – dieser Blick hätt' Euch übers Grab hinüber geleuchtet. Dieser Blick hätt' Euch über die Sterne getragen.
    D. a. Moor.
Es ist schwer, es ist traurig! Ich sterbe, und mein Sohn Karl ist nicht hier – ich werde zu Grabe getragen, und er weint nicht an meinem Grabe – Wie süß ist's, eingewiegt zu werden in den Schlaf des Todes von dem Gebet eines Sohnes – das ist Wiegengesang.
    Amalia (schwärmend).
Ja süß, himmlisch süß ist's, eingewiegt zu werden in den Schlaf des Todes von dem Gesang des Geliebten – vielleicht träumt man auch im Grabe noch fort – ein langer, ewiger, unendlicher Traum von Karln, bis man die Glocke der Auferstehung läutet – (aufspringend, entzückt) und von jetzt an in seinen Armen auf ewig. (Pause. Sie geht ans Clavier und spielt.)
    Willst dich, Hektor, ewig mir entreißen,
Wo des Äaciden mordend Eisen
Dem Patroklus schrecklich Opfer bringt?
Wer wird künftig deinen Kleinen lehren
Speere werfen und die Götter ehren,
Wenn hinunter dich der Xanthus schlingt?
    D. a. Moor.
Ein schönes Lied, meine Tochter. Das mußt du mir vorspielen, eh ich sterbe.
    Amalia.
Es ist der Abschied Andromachas und Hektors – Karl und ich haben's oft zusammen zu der Laute gesungen. (Spielt fort.)
    Theures Weib, geh, hol' die Todeslanze,
Laß mich fort zum wilden Kriegestanze!
Meine Schultern tragen Ilium.
Über Astyanax unsre Götter!
Hektor fällt, ein Vaterlands Erretter,
Und wir sehn uns wider in Elysium.
    Daniel .
    Daniel.
Es wartet draußen ein Mann auf Euch. Er bittet, vorgelassen zu werden, er hab' Euch eine wichtige Zeitung.
    D. a. Moor.
Mir ist auf der Welt nur etwas wichtig, du weißt's, Amalia – Ist's ein Unglücklicher, der meiner Hilfe bedarf? Er soll nicht mit Seufzen von hinnen gehn.
    Amalia.
Ist's ein Bettler, er soll eilig

Weitere Kostenlose Bücher