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Dramatische Werke

Dramatische Werke

Titel: Dramatische Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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Vergnügen
Mit ihrer Ehre kaufen?
    Marquis.
Ein Erröthen
Zurückzunehmen, haben Manche schon
Der Schande sich geopfert.
    Carlos (mit Heftigkeit aufstehend).
Nein, das ist
Zu hart, zu grausam! Sie ist stolz und edel;
Ich kenne sie und fürchte nichts. Umsonst
Versuchst du, meine Hoffnungen zu schrecken.
Ich spreche meine Mutter.
    Marquis.
Jetzt? Wozu?
    Carlos.
Ich habe nun nichts mehr zu schonen – muß
Mein Schicksal wissen. Sorge nur, wie ich
Sie sprechen kann.
    Marquis.
Und diesen Brief willst du
Ihr zeigen? Wirklich, willst du das?
    Carlos.
Befrage
Mich darum nicht. Das Mittel jetzt, das Mittel,
Daß ich sie spreche!
    Marquis (mit Bedeutung).
Sagtest du mir nicht,
Du liebtest deine Mutter? – Du bist Willens,
Ihr diesen Brief zu zeigen?
(Carlos sieht zur Erde und schweigt.)
Carl, ich lese
In deinen Mienen etwas – mir ganz neu –
Ganz fremd bis diesen Augenblick. – Du wendest
Die Augen von mir? Warum wendest du
Die Augen von mir? So ist's wahr? – Ob ich
Denn wirklich recht gelesen? Laß doch sehn –
    (Carlos gibt ihm den Brief. Der Marquis zerreißt ihn.)
    Carlos.
Was? Bist du rasend?
(Mit gemäßigter Empfindlichkeit.)
Wirklich – ich gesteh' es –
An diesem Briefe lag mir viel.
    Marquis.
So schien es.
Darum zerriß ich ihn.
    (Der Marquis ruht mit einem durchdringenden Blick auf dem Prinzen der ihn zweifelhaft ansieht. Langes Stillschweigen.)
    Sprich doch – was haben
Entweihungen des königlichen Bettes
Mit deiner – deiner Liebe denn zu schaffen?
War Philipp dir gefährlich? Welches Band
Kann die verletzten Pflichten des Gemahls
Mit deinen kühnern Hoffnungen verknüpfen?
Hat er gesündigt, wo du liebst? Nun freilich
Lern' ich dich fassen. O, wie schlecht hab' ich
Bis jetzt auf deine Liebe mich verstanden!
    Carlos.
Wie, Roderich? Was glaubst du?
    Marquis.
O, ich fühle,
Wovon ich mich entwöhnen muß. Ja, einst,
Einst war's ganz anders. Da warst du so reich,
So warm, so reich! ein ganzes Weltkreis hatte
In deinem weiten Busen Raum. Das alles
Ist nun dahin, von einer Leidenschaft,
Von einem kleinen Eigennutz verschlungen.
Dein Herz ist ausgestorben. Keine Thräne
Dem ungeheuren Schicksal der Provinzen,
Nicht einmal eine Thräne mehr! – O Carl,
Wie arm bist du, wie bettelarm geworden,
Seitdem du Niemand liebst, als dich.
    Carlos (wirft sich in einen Sessel. – Nach einer Pause mit kaum unterdrücktem Weinen.)
Ich weiß,
Daß du mich nicht mehr achtest.
    Marquis.
Nicht so, Carl!
Ich kenne diese Aufwallung. Sie war
Verirrung lobenswürdiger Gefühle.
Die Königin gehörte dir, war dir
Geraubt von dem Monarchen – doch bis jetzt
Mißtrautest du bescheiden deinen Rechten.
Vielleicht war Philipp ihrer werth. Du wagtest
Nur leise noch, das Urtheil ganz zu sprechen.
Der Brief entschied. Der Würdigste warst du.
Mit stolzer Freude sahst du nun das Schicksal
Der Tyrannei, des Raubes überwiesen.
Du jauchztest, der Beleidigte zu sein;
Denn Unrecht leiden schmeichelt großen Seelen.
Doch hier verirrte deine Phantasie,
Dein Stolz empfand Genugthuung – dein Herz
Versprach sich Hoffnung . Sieh, ich wußt' es wohl,
Du hattest diesmal selbst dich mißverstanden.
    Carlos (gerührt).
Nein, Roderich, du irrest sehr. Ich dachte
So edel nicht, bei Weitem nicht, als du
Mich gerne glauben machen möchtest.
    Marquis.
Bin
Ich denn so wenig hier bekannt? Sieh, Carl,
Wenn du verirrest, such' ich allemal
Die Tugend unter Hunderten zu rathen,
Die ich des Fehlers zeihen kann. Doch, nun
Wir besser uns verstehen, sei's! Du sollst
Die Königin jetzt sprechen, mußt sie sprechen. –
    Carlos (ihm um den Hals fallend).
O, wie erröth' ich neben dir!
    Marquis.
Du hast
Mein Wort. Nun überlaß mir alles Andre.
Ein wilder, kühner glücklicher Gedanke
Steigt auf in meiner Phantasie. – Du sollst
Ihn hören, Carl, aus einem schönen Munde.
Ich dränge mich zur Königin. Vielleicht,
Daß morgen schon der Ausgang sich erwiesen.
Bis dahin, Carl, vergiß nicht, daß »ein Anschlag,
Den höhere Vernunft gebar, das Leiden
Der Menschen drängt, zehntausendmal vereitelt,
Nie aufgegeben werden darf.« – Hörst du?
Erinnre dich an Flandern!
    Carlos.
Alles, Alles,
Was du und hohe Tugend mir gebieten.
    Marquis (geht an ein Fenster).
Die Zeit ist um. Ich höre dein Gefolge.
(Sie umarmen sich.)
Jetzt wieder Kronprinz und Vasall.
    Carlos.
Du fährst
Sogleich zur Stadt?
    Marquis.
Sogleich.
    Carlos.
Halt! noch ein Wort!
Wie leicht war das vergessen! – Eine Nachricht,
Dir äußerst wichtig: – »Briefe

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