Dramatische Werke
(Trompeten)
König (zu Johanna).
Wenn du von Menschen bist gezeugt wie wir,
So sage, welches Glück dich kann erfreuen;
Doch wenn dein Vaterland dort oben ist,
Wenn du die Strahlen himmlischer Natur
In diesem jungfräulichen Leib verhüllst,
So nimm das Band hinweg von unsern Sinnen
Und laß dich sehn in deiner Lichtgestalt,
Wie dich der Himmel sieht, daß wir anbetend
Im Staube dich verehren.
(Ein allgemeines Stillschweigen, jedes Auge ist auf die Jungfrau gerichtet)
Johanna (plötzlich aufschreiend).
Gott! Mein Vater!
Eilfter Auftritt
Die Vorigen. Thibaut tritt aus der Menge und steht Johanna gerade gegenüber
Mehrere Stimmen.
Ihr Vater!
Thibaut.
Ja ihr jammervoller Vater,
Der die Unglückliche gezeugt, den Gottes
Gericht hertreibt, die eigne Tochter anzuklagen.
Burgund.
Ha! Was ist das!
Du Chatel.
Jetzt wird es schrecklich tagen!
Thibaut (zum König).
Gerettet glaubst du dich durch Gottes Macht?
Betrogner Fürst! Verblendet Volk der Franken!
Du bist gerettet durch des Teufels Kunst.
(Alle treten mit Entsetzen zurück)
Dunois.
Rast dieser Mensch?
Thibaut.
Nicht ich, du aber rasest,
Und diese hier, und dieser weise Bischof,
Die glauben, daß der Herr der Himmel sich
Durch eine schlechte Magd verkünden werde.
Laß sehn, ob sie auch in des Vaters Stirn
Der dreisten Lüge Gaukelspiel behauptet,
Womit sie Volk und König hinterging.
Antworte mir im Namen des Dreieinen,
Gehörst du zu den Heiligen und Reinen?
(Allgemeine Stille, alle Blicke sind auf sie gespannt, sie steht unbeweglich)
Sorel.
Gott, sie verstummt!
Thibaut.
Das muß sie vor dem furchtbarn Namen
Der in der Höllen Tiefen selbst
Gefürchtet wird! – Sie eine Heilige,
Von Gott gesendet! – An verfluchter Stätte
Ward es ersonnen, unterm Zauberbaum,
Wo schon von alters her die bösen Geister
Den Sabbat halten – hier verkaufte sie
Dem Feind der Menschen ihr unsterblich Teil,
Daß er mit kurzem Weltruhm sie verherrliche.
Laßt sie den Arm aufstreifen, seht die Punkte,
Womit die Hölle sie gezeichnet hat!
Burgund.
Entsetzlich! – Doch dem Vater muß man glauben,
Der wider seine eigne Tochter zeugt!
Dunois.
Nein, nicht zu glauben ist dem Rasenden,
Der in dem eignen Kind sich selber schändet!
Sorel (zur Johanna).
O rede! Brich dies unglückselge Schweigen!
Wir glauben dir! Wir trauen fest auf dich!
Ein Wort aus deinem Mund, ein einzig Wort
Soll uns genügen – Aber sprich! Vernichte
Die gräßliche Beschuldigung – Erkläre,
Du seist unschuldig, und wir glauben dir.
(Johanna steht unbeweglich, Agnes Sorel tritt mit Entsetzen von ihr hinweg)
La Hire.
Sie ist erschreckt. Erstaunen und Entsetzen
Schließt ihr den Mund. – Vor solcher gräßlichen
Anklage muß die Unschuld selbst erheben.
(Er nähert sich ihr)
Faß dich, Johanna. Fühle dich. Die Unschuld
Hat eine Sprache, einen Siegerblick,
Der die Verleumdung mächtig niederblitzt!
In edelm Zorn erhebe dich, blick auf,
Beschäme, strafe den unwürdgen Zweifel,
Der deine heilge Tugend schmäht.
(Johanna steht unbeweglich. La Hire tritt entsetzt zurück, die Bewegung vermehrt sich)
Dunois.
Was zagt das Volk? Was zittern selbst die Fürsten?
Sie ist unschuldig – Ich verbürge mich,
Ich selbst, für sie mit meiner Fürstenehre!
Hier werf ich meinen Ritterhandschuh hin,
Wer wagte, sie eine Schuldige zu nennen?
(Ein heftiger Donnerschlag, alle stehen entsetzt)
Thibaut.
Antworte bei dem Gott, der droben donnert!
Sprich, du seist schuldlos. Leugn es, daß der Feind
In deinem Herzen ist, und straf mich Lügen!
(Ein zweiter stärkerer Schlag, das Volk en Sieht zu allen Seiten)
Burgund.
Gott schütz uns! Welche fürchterliche Zeichen!
Du Chatel (zum König).
Kommt! Kommt, mein König! Fliehet diesen Ort!
Erzbischof (zur Johanna).
Im Namen Gottes frag ich dich. Schweigst du
Aus dem Gefühl der Unschuld oder Schuld,
Wenn dieses Donners Stimme fiir dich zeugt,
So fasse dieses Kreuz und gib ein Zeichen!
(Johanna bleibt unbeweglich. Neue heftige Donnerschläge. Der König, Agnes Sorel, Erzbischof, Burgund, La Hire und Du Chatel gehen ab)
Zwölfter Auftritt
Dunois . Johanna
Dunois.
Du bist mein Weib – Ich hab an dich geglaubt
Beim ersten Blick, und also denk ich noch.
Dir glaub ich mehr als diesen Zeichen allen,
Als diesem Donner selbst, der droben spricht.
Du schweigst in edelm Zorn, verachtest es,
In deine heilge Unschuld eingehüllt,
So schändlichen Verdacht zu widerlegen.
– Veracht es, aber mir vertraue dich,
An deiner Unschuld hab ich nie gezweifelt.
Sag mir
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