Dramatische Werke
der Wahrheit!
Fünfter Auftritt
Die Vorigen. Königin Isabeau mit Soldaten erscheint im Hintergrund
Isabeau (noch hinter der Szene).
Dies ist der Weg ins engelländsche Lager!
Raimond.
Weh uns! die Feinde!
(Soldaten treten auf, bemerken im Hervorkommen die Johanna, und taumeln erschrocken zurück)
Isabeau.
Nun! was hält der Zug!
Soldaten.
Gott steh uns bei!
Isabeau.
Erschreckt euch ein Gespenst!
Seid ihr Soldaten? Memmen seid ihr! – Wie,
(Sie drängt sich durch die andern, tritt hervor und fährt zurück, wie sie die Jungfrau erblickt)
Was seh ich! Ha!
(Schnell faßt sie sich und tritt ihr entgegen)
Ergib dich! Du bist meine
Gefangene.
Johanna.
Ich bins.
(Raimond entflieht mit Zeichen der Verzweiflung)
Isabeau (zu den Soldaten).
Legt sie in Ketten!
(Die Soldaten nahen sich der Jungfrau schüchtern, sie reicht den Arm hin und wird gefesselt)
Ist das die Mächtige, Gefürchtete,
Die eure Scharen wie die Lämmer scheuchte,
Die jetzt sich selber nicht beschützen kann?
Tut sie nur Wunder, wo man Glauben hat,
Und wird zum Weib, wenn ihr ein Mann begegnet?
(Zur Jungfrau) Warum verließest du dein Heer? Wo bleibt
Graf Dunois, dein Ritter und Beschützer?
Johanna.
Ich bin verbannt.
Isabeau (erstaunt zurücktretend).
Was? Wie? Du bist verbannt?
Verbannt vom Dauphin!
Johanna.
Frage nicht! Ich bin
In deiner Macht, bestimme mein Geschick.
Isabeau.
Verbannt, weil du vom Abgrund ihn gerettet,
Die Krone ihm hast aufgesetzt zu Reims,
Zum König über Frankreich ihn gemacht?
Verbannt! Daran erkenn ich meinen Sohn!
– Führt sie ins Lager. Zeiget der Armee
Das Furchtgespenst, vor dem sie so gezittert!
Sie eine Zauberin! Ihr ganzer Zauber
Ist euer Wahn und euer feiges Herz!
Eine Närrin ist sie, die für ihren König
Sich opferte, und jetzt den Königslohn
Dafür empfängt – Bringt sie zu Lionel –
Das Glück der Franken send ich ihm gebunden,
Gleich folg ich selbst.
Johanna.
Zu Lionel! Ermorde mich
Gleich hier, eh du zu Lionel mich sendest.
Isabeau (zu den Soldaten).
Gehorchet dem Befehle. Fort mit ihr! (Geht ab)
Sechster Auftritt
Johanna . Soldaten
Johanna (zu den Soldaten).
Engländer, duldet nicht, daß ich lebendig
Aus eurer Hand entkomme! Rächet euch!
Zieht eure Schwerter, taucht sie mir ins Herz,
Reißt mich entseelt zu eures Feldherrn Füßen!
Denkt, daß ichs war, die eure Trefflichsten
Getötet, die kein Mitleid mit euch trug,
Die ganze Ströme engelländschen Bluts
Vergossen, euren tapfern Heldensöhnen
Den Tag der frohen Wiederkehr geraubt!
Nehmt eine blutge Rache! Tötet mich!
Ihr habt mich jetzt, nicht immer möchtet ihr
So schwach mich sehn –
Anführer der Soldaten.
Tut, was die Königin befahl!
Johanna
Sollt ich
Noch unglückselger werden als ich war!
Furchtbare Heilge! deine Hand ist schwer!
Hast du mich ganz aus deiner Huld verstoßen?
Kein Gott erscheint, kein Engel zeigt sich mehr,
Die Wunder ruhn, der Himmel ist verschlossen.
(Sie folgt den Soldaten)
Das französische Lager
Siebenter Auftritt
Dunois zwischen dem Erzbischof und Du Chatel
Erzbischof.
Bezwinget Euern finstern Unmut, Prinz!
Kommt mit uns! Kehrt zurück zu Euerm König!
Verlasset nicht die allgemeine Sache
In diesem Augenblick, da wir aufs neu
Bedränget, Eures Heldenarms bedürfen.
Dunois.
Warum sind wir bedrängt? Warum erhebt
Der Feind sich wieder? Alles war getan,
Frankreich war siegend und der Krieg geendigt.
Die Retterin habt ihr verbannt, nun rettet
Euch selbst! Ich aber will das Lager
Nicht wieder sehen, wo sie nicht mehr ist.
Du Chatel.
Nehmt bessern Rat an, Prinz. Entlaßt uns nicht
Mit einer solchen Antwort!
Dunois.
Schweigt, Du Chatel! Ich hasse Euch, von Euch will ich nichts hören.
Ihr seid es, der zuerst an ihr gezweifelt.
Erzbischof.
Wer ward nicht irr an ihr und hätte nicht
Gewankt an diesem unglückselgen Tage,
Da alle Zeichen gegen sie bewiesen!
Wir waren überrascht, betäubt, der Schlag
Traf zu erschütternd unser Herz – Wer konnte
In dieser Schreckensstunde prüfend wägen?
Jetzt kehrt uns die Besonnenheit zurück,
Wir sehn sie, wie sie unter uns gewandelt,
Und keinen Tadel finden wir an ihr.
Wir sind verwirrt – wir fürchten schweres Unrecht
Getan zu haben. – Reue fühlt der König,
Der Herzog klagt sich an, La Hire ist trostlos,
Und jedes Herz hüllt sich in Trauer ein.
Dunois.
Sie eine Lügnerin! Wenn sich die Wahrheit
Verkörpern will in sichtbarer Gestalt,
So muß sie ihre Züge an sich tragen!
Wenn Unschuld, Treue, Herzensreinigkeit
Auf Erden irgend wohnt
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