Dramatische Werke
Franken rücken an mit fliegenden Fahnen,
Von ihren Waffen blitzt das ganze Tal.
Johanna (begeistert).
Die Franken rücken an! Jetzt, stolzes England,
Heraus ins Feld, jetzt gilt es, frisch zu fechten!
Fastolf.
Unsinnige, bezähme deine Freude!
Du wirst das Ende dieses Tags nicht sehn.
Johanna.
Mein Volk wird siegen und ich werde sterben,
Die Tapfern brauchen meines Arms nicht mehr.
Lionel.
Ich spotte dieser Weichlinge! Wir haben
Sie vor uns her gescheucht in zwanzig Schlachten,
Eh dieses Heldenmädchen für sie stritt!
Das ganze Volk veracht ich bis auf eine ,
Und diese haben sie verbannt. – Kommt, Fastolf!
Wir wollen ihnen einen zweiten Tag
Bei Crequi und Poitiers bereiten.
Ihr, Königin, bleibt in diesem Turm, bewacht
Die Jungfrau, bis das Treffen sich entschieden,
Ich laß Euch fünfzig Ritter zur Bedeckung.
Fastolf.
Was? Sollen wir dem Feind entgegengehn,
Und diese Wütende im Rücken lassen?
Johanna.
Erschreckt dich ein gefesselt Weib?
Lionel.
Gib mir
Dein Wort, Johanna, dich nicht zu befreien!
Johanna.
Mich zu befreien ist mein einzger Wunsch.
Isabeau
Legt ihr dreifache Fesseln an. Mein Leben
Verbürg ich, daß sie nicht entkommen soll.
(Sie wird mit schweren Ketten um den Leib und um die Arme gefesselt)
Lionel (zur Johanna).
Du willst es so! Du zwingst uns! Noch stehts bei dir!
Entsage Frankreich! Trage Englands Fahne,
Und du bist frei, und diese Wütenden,
Die jetzt dein Blut verlangen, dienen dir!
Fastolf (dringend).
Fort, fort, mein Feldherr!
Johanna.
Spare deine Worte!
Die Franken rücken an, verteidge dich!
(Trompeten ertönen, Lionel eilt fort)
Fastolf.
Ihr wißt, was Ihr zu tun habt, Königin!
Erklärt das Glück sich gegen uns, seht Ihr,
Daß unsre Völker fliehen –
Isabeau (einen Dolch ziehend).
Sorget nicht!
Sie soll nicht leben, unsern Fall zu sehn.
Fastolf (zur Johanna).
Du weißt, was dich erwartet. Jetzt erflehe
Glück für die Waffen deines Volks! (Er geht ab)
Eilfter Auftritt
Isabeau . Johanna . Soldaten
Johanna.
Das will ich!
Daran soll niemand mich verhindern. – Horch!
Das ist der Kriegsmarsch meines Volks! Wie mutig
Er in das Herz mir schallt und siegverkündend!
Verderben über England! Sieg den Franken!
Auf, meine Tapfern! Auf! Die Jungfrau ist
Euch nah, sie kann nicht vor euch her wie sonst
Die Fahne tragen – schwere Bande fesseln sie,
Doch frei aus ihrem Kerker schwingt die Seele
Sich auf den Flügeln eures Kriegsgesangs.
Isabeau (zu einem Soldaten).
Steig auf die Warte dort, die nach dem Feld
Hin sieht, und sag uns, wie die Schlacht sich wendet.
(Soldat steigt hinauf)
Johanna.
Mut, Mut, mein Volk! Es ist der letzte Kampf!
Den einen Sieg noch, und der Feind liegt nieder.
Isabeau.
Was siehest du?
Soldat.
Schon sind sie aneinander.
Ein Wütender auf einem Barberroß,
Im Tigerfell, sprengt vor mit den Gendarmen.
Johanna.
Das ist Graf Dunois! Frisch, wackrer Streiter!
Der Sieg ist mit dir!
Soldat.
Der Burgunder greift
Die Brücke an.
Isabeau.
Daß zehen Lanzen ihm
Ins falsche Herz eindrängen, dem Verräter!
Soldat.
Lord Fastolf tut ihm mannhaft Widerstand.
Sie sitzen ab, sie kämpfen Mann für Mann,
Des Herzogs Leute und die unsrigen.
Isabeau.
Siehst du den Dauphin nicht? Erkennst du nicht
Die königlichen Zeichen?
Soldat.
Alles ist
In Staub vermengt Ich kann nichts unterscheiden.
Johanna.
Hätt er mein Auge oder stünd ich oben,
Das Kleinste nicht entginge meinem Blick!
Das wilde Huhn kann ich im Fluge zählen,
Den Falk erkenn ich in den höchsten Lüften.
Soldat.
Am Graben ist ein fürchterlich Gedräng,
Die Größten, scheints, die Ersten kämpfen dort.
Isabeau.
Schwebt unsre Fahne noch?
Soldat.
Hoch flattert sie.
Johanna
Könnt ich nur durch der Mauer Ritze schauen,
Mit meinem Blick wollt ich die Schlacht regieren!
Soldat.
Weh mir! Was seh ich! Unser Feldherr ist
Umzingelt!
Isabeau (zuckt den Dolch auf Johanna).
Stirb, Unglückliche!
Soldat (schnell).
Er ist befreit.
Im Rücken faßt der tapfere Fastolf
Den Feind – er bricht in seine dichtsten Scharen.
Isabeau (zieht den Dolch zurück).
Das sprach dein Engel!
Soldat.
Sieg! Sieg! Sie entfliehen!
Isabeau.
Wer flieht?
Soldat.
Die Franken, die Burgunder fliehn,
Bedeckt mit Flüchtigen ist das Gefilde.
Johanna.
Gott! Gott! So sehr wirst du mich nicht verlassen!
Soldat.
Ein schwer Verwundeter wird dort geführt.
Viel Volk sprengt ihm zu Hülf, es ist ein Fürst.
Isabeau.
Der Unsern einer oder Fränkischen?
Soldat.
Sie lösen ihm den Helm, Graf
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