Sauhaxn: Kriminalroman (German Edition)
Dienstag
Johann Mühlbauer, vor 19 Jahren
in Lendnitz geboren und nun angehender Koch im Schmuckkästchen der Stadt, mochte
Kartoffelbrei. Er fand es beruhigend zu wissen, dass man sich beim Essen von Püree
nicht an einer Gräte verschlucken und ersticken konnte.
Es war Dienstagvormittag,
es war Frühling, es war ein wunderschöner Tag und genau 11 Uhr und 15 Minuten. Exakt
eine Viertelstunde nach Dienstbeginn stellte Johann sein Fahrrad am Hintereingang
des Schlosshotels ab, drückte die Tür auf und machte sich bereit für den bevorstehenden
Arbeitstag. Im schmalen Flur stieß er beinahe mit dem Souschef Harald Moschik zusammen.
»’tschuldigung«,
keuchte Johann und verschwand schnell im Nebenzimmer, um sich umzuziehen.
Kaum hatte
er die Tür hinter sich zugezogen, stieß Harald Moschik sie auch schon wieder auf.
Moschik war einer dieser Menschen, die ihre Nase grundsätzlich in die Angelegenheiten
anderer stecken mussten. Vornehmlich, um sich darüber aufzuregen.
Es war wahrscheinlich
Moschiks Schicksal, solch ein unauffälliges Äußeres zu besitzen, dachte Johann.
Er musste schreien, um wahrgenommen zu werden.
»Mit dieser
Einstellung kommst du hier nicht weit, lass dir das gesagt sein!«, meckerte Moschik
wie erwartet und stach Johann mit seinem erhobenen Zeigefinger fast ins Auge. »Wenn
du es nicht schaffst, morgens pünktlich zur Arbeit zu kommen, brauchst du bald gar
nicht mehr aufzutauchen.«
Es überraschte
Johann nicht, dass keiner der anderen Köche Moschik leiden konnte. Wenn man es recht
bedachte, mochten ihn die Kellner ebenfalls nicht. Während Moschik weiter schimpfte,
öffnete Johann seinen Spind, holte die Kochjacke heraus und sah dabei Bruce Willis
in die Augen. Er straffte die Schultern, drehte sich zu Moschik um und – gab nach.
»Tut mir wirklich leid«, sagte er und fühlte Bruce’ vorwurfsvollen Blick im Nacken.
Das Poster war der erste Schritt seines Plans zu mehr Mut und Entschlossenheit.
Johann hoffte, dass Bruce’ Männlichkeit auf ihn abfärbte. Bisher blieb der erwünschte
Effekt aus.
»Beeil dich
gefälligst, es wartet eine ganze Kiste Brokkoli auf dich!«, beendete Moschik seine
Schimpftirade und stapfte aus dem Zimmer.
Johann knöpfte
die Kochjacke zu und verstaute seinen Rucksack im Schrank. Das nächste Mal würde
er sich Moschiks Gemecker nicht kommentarlos anhören. Er würde Kontra geben und
sich wie ein richtiger Mann verhalten. Seufzend schlug Johann seine Spindtür zu.
Nächstes Mal.
»Ich bring
dich um, du Schweinehund!«
Johann blinzelte
erschrocken. Ein dicker, ihm unbekannter Mann gestikulierte in der Küche aufgebracht
mit den Händen, während er wüste Beschimpfungen gegen den Chefkoch Karl Bachmaier
ausstieß. Harald Moschik stand sichtlich verängstigt neben dem Herd, während sich
der Chefkoch verwirrt am Kopf kratzte.
»Was soll
denn das?«, fragte Bachmaier, als der tobende Dicke ein Brettchen mit geschnittenen
Zucchini von der Arbeitsfläche fegte.
»Oh, ich
sag dir, was das soll!«, schrie der Unbekannte. »Ich werd dich fertigmachen, Bachmaier.
Ich werd dich fertigmachen, so wie du mich fertiggemacht hast.« Er schnappte sich
einen Teller und warf ihn mit aller Wucht in Richtung des Chefkochs. Der duckte
sich trotz seines Übergewichts geschickt, verlor aber einen Großteil seiner Nonchalance.
»Hey«, rief
er empört und ging gleich vor der nächsten Attacke in Deckung.
»Kaputt
geschuftet habe ich mich. Hast du gehört? Kaputt geschuftet für dieses Hotel«, brüllte
der Dicke. »Ich war so dicht dran, dem Schlosshotel in Velden den Rang abzulaufen.«
Er warf einen weiteren Topf nach dem Chefkoch, der inzwischen alle Mühe hatte, den
heranfliegenden Geschossen auszuweichen. »Aber dann bist du gekommen und hast alles
ruiniert.« Er schnaufte und trat gegen einen Mülleimer, der scheppernd zu Boden
fiel.
Johann sah
zu Harald Moschik, der sich bisher keinen Millimeter bewegt hatte. Blass war er
geworden.
Wie war
der Dicke eigentlich in die Küche gekommen? Der Hintereingang war doch immer abgeschlossen.
Oh, oh. Johann fühlte, wie er ebenfalls blass wurde. Er hatte vergessen, die Hintertür
abzuschließen. Es war seine Schuld.
»Du bist
eine Beleidigung für das Schlosshotel! Eine Beleidigung für unsere ganze Zunft,
du schmieriger, widerlicher Möchtegern-Koch! Du und deine krummen Geschäfte!«
Krumme Geschäfte?
Was sollte das heißen? Wer war der Kerl überhaupt? Ein Teller traf den Chefkoch
gegen die Brust.
»Hör mal
zu,
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