Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dramatische Werke

Dramatische Werke

Titel: Dramatische Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
Vom Netzwerk:
ein vortrefflicher Mann! – (Er wischt sich die Augen.) Ein göttlicher Mann!
    Amalia.
Sie scheinen viel Antheil an ihm zu nehmen.
    Moor.
Oh ein vortrefflicher Mann – und er sollte dahin sein?
    Amalia.
Dahin! wie unsere besten Freuden dahin gehn – (Sanft seine Hand ergreifend.) Lieber Herr Graf, es reift keine Seligkeit unter dem Monde.
    Moor.
Sehr wahr, sehr wahr – und sollten Sie schon diese traurige Erfahrung gemacht haben? Sie können nicht dreiundzwanzig Jahre alt sein.
    Amalia.
Und habe sie gemacht. Alles lebt, um traurig wieder zu sterben. Wir interessieren und nur darum, wir gewinnen nur darum, daß wir wieder mit Schmerzen verlieren.
    Moor.
Sie verloren schon etwas?
    Amalia.
Nichts! Alles! Nichts – wollen wir weiter gehen, Herr Graf?
    Moor.
So eilig? Weß ist dies Bild rechter Hand dort? mich däucht, es ist eine unglückliche Physiognomie.
    Amalia.
Dies Bild linker Hand ist der Sohn des Grafen, der wirkliche Herr – Kommen Sie, kommen Sie!
    Moor.
Aber dies Bild rechter Hand?
    Amalia.
Sie wollen nicht in den Garten gehn?
    Moor.
Aber dies Bild rechter Hand? – Du weinst, Amalia?
    Amalia (schnell ab).
    Moor.
Sie liebt mich! sie liebt mich! – Ihr ganzes Wesen fing an, sich zu empören, verrätherisch rollten die Thränen von ihren Wangen. Sie liebt mich! – Elender, das verdientest du um sie! Steh' ich nicht hier wie ein Gerichteter vor dem tödlichen Block? Ist das der Sopha, wo ich an ihrem Halse in Wonne schwamm? Sind das die väterlichen Säle? (Ergriffen vom Anblick seines Vaters.) Du, du – Feuerflammen aus deinem Auge – Fluch, Fluch, Verwerfung! – Wo bin ich? Nacht vor meinen Augen – Schrecknisse Gottes – Ich, ich hab' ihn getödtet! (Er rennt davon.)
    Franz von Moor in tiefen Gedanken.
    Franz.
Weg mit diesem Bild! weg, feige Memme! Was zagst du, und vor wem? Ist's mir nicht die wenigen Stunden, die der Graf in diesen Mauern wandelt, als schlich' immer ein Spion der Hölle meinen Fersen nach – Ich sollt' ihn kennen! Es ist so was Großes und Oftgesehenes in seinem wilden sonnenverbrannten Gesicht, das mich beben macht – Auch Amalia ist nicht gleichgültig gegen ihn! Läßt sie nicht so gierig schmachtende Blicke auf dem Kerl herumkreuzen, mit denen sie doch gegen alle Welt sonst so geizig thut? Sah ich's nicht, wie sie ein paar diebische Thränen in den Wein fallen ließ, den er hinter meinem Rücken so hastig in sich schlürfte, als wenn er das Glas mit hineinziehen wollte? Ja, das sah ich, durch den Spiegel sah ich's mit diesen meinen Augen. Holla, Franz! sieh dich vor! dahinter steckt irgend ein verderbenschwangeres Ungeheuer!
    (Er steht forschend dem Porträt Karls gegenüber.)
    Sein langer Gänsehals – seine schwarzen, feuerwerfenden Augen, hm! hm! – sein finsteres überhangendes, buschichtes Augenbraun. (Plötzlich zusammenfahrend.) – Schadenfrohe Hölle! jagst du mir diese Ahnung ein? Es ist Karl! ja! jetzt werden mir alle Züge wieder lebendig – Er ist's! trutz seiner Larve! – Er ist's – trutz seiner Larve – Er ist's – Tod und Verdammniß! (Auf und ab mit heftigen Schritten.) Hab' ich darum meine Nächte verpraßt, – darum Felsen hinweggeräumt und Abgründe eben gemacht, – bin ich darum gegen alle Instincte der Menschheit rebellisch worden, daß mir zuletzt dieser unstäte Landstreicher durch meine künstlichsten Wirbel tölple – Sachte! nur sachte! – Es ist nur noch Spielarbeit übrig – Bin ich doch ohnehin schon bis an die Ohren in Todsünden gewatet, daß es Unsinn wäre, zurückzuschwimmen, wenn das Ufer schon so weit hinten liegt – ans Umkehren ist doch nicht mehr zu gedenken – Die Gnade selbst würde an den Bettelstab gebracht und die unendliche Erbarmung bankerott werden, wenn sie für meine Schulden all gut sagen wollte – Also vorwärts wie ein Mann – (Er schellt.) – Er versammle sich zu dem Geist seines Vaters und komme! der Todten spott' ich. Daniel! he, Daniel! – Was gilt's, den haben sie auch schon gegen mich aufgewiegelt? Er sieht so geheimnißvoll.
    Daniel kommt.
    Daniel.
Was steht zu Befehl, mein Gebieter?
    Franz.
Nichts. Fort, fülle diesen Becher Wein, aber hurtig! (Daniel ab.) Wart, Alter! dich will ich fangen, ins Auge will ich dich fassen, so starr, daß dein getroffenes Gewissen durch die Larve erblassen soll! – Er soll sterben! Der ist ein Stümper, der sein Werk nur auf die Hälfte bringt und dann weggeht und müßig zugafft, wie es weiter damit werden wird.
    Daniel mit Wein.
    Franz.
Stell'

Weitere Kostenlose Bücher