Dramatische Werke
ihn hieher! Sieh mir fest ins Auge! Wie deine Kniee schlottern! wie du zitterst! Gesteh, Alter, was hast du gethan?
Daniel.
Nichts, gnädiger Herr, so wahr Gott lebt und meine arme Seele.
Franz.
Trink diesen Wein aus! – Was? du zauderst? – Heraus, schnell! Was hast du in den Wein geworfen?
Daniel.
Hilf Gott! Was? Ich – in den Wein?
Franz.
Gift hast du in den Wein geworfen! Bist du nicht bleich wie Schnee? Gesteh, gesteh! Wer hat's dir gegeben? Nicht wahr, der Graf, der Graf hat dir's gegeben?
Daniel.
Der Graf? Jesus Maria! Der Graf hat mir nichts gegeben.
Franz (greift ihn hart an).
Ich will dich würgen, daß du blau wirst, eisgrauer Lügner du! Nichts? Und was staket ihr denn so beisammen? Er und du und Amalia? Und was flüstertet ihr immer zusammen? Heraus damit! Was für Geheimnisse, was für Geheimnisse hat er dir anvertraut?
Daniel.
Das weiß der allwissende Gott. Er hat mir keine Geheimnisse anvertraut.
Franz.
Willst du es leugnen? Was für Kabalen habt ihr angezettelt, mich aus dem Weg zu räumen? Nicht wahr? Mich im Schlaf zu erdrosseln? Mir beim Bartscheeren die Gurgel abzuschneiden? Mir im Wein oder im Chocolade zu vergeben? Heraus, heraus! – oder mir in der Suppe den ewigen Schlaf zu geben? Heraus damit! ich weiß Alles.
Daniel.
So helfe mir Gott, wenn ich in Noth bin, wie ich Euch jetzt nichts anders sage, als die reine lautere Wahrheit.
Franz.
Diesmal will ich dir verzeihen. Aber gelt, er steckte dir gewiß Geld in deinen Beutel? Er drückte dir die Hand stärker, als der Brauch ist? so ungefähr, wie man sie seinen alten Bekannten zu drücken pflegt?
Daniel.
Niemals, mein Gebieter.
Franz.
Er sagte dir, zum Exempel, daß er dich etwa schon kenne? – daß du ihn fast kennen solltest? daß dir einmal die Decke von den Augen fallen würde – daß – was? davon sollt' er dir niemals gesagt haben?
Daniel.
Nicht das Mindeste.
Franz.
Daß gewisse Umstände ihn abhielten – daß man oft Masken nehmen müsse, um seinen Feinden zuzukönnen – daß er sich rächen wolle, aufs grimmigste rächen wolle?
Daniel.
Nicht einen Laut von Diesem allem.
Franz.
Was? gar nichts? Besinne dich recht. – Daß er den alten Herrn sehr genau – besonders genau gekannt – daß er ihn liebe – ungemein liebe – wie ein Sohn liebe –
Daniel.
Etwas dergleichen erinnere ich mich von ihm gehört zu haben.
Franz (blaß).
Hat er, hat er wirklich? Wie, so laß mich doch hören! Er sagte, er sei mein Bruder?
Daniel (betroffen).
Was, mein Gebieter? – Nein, das sagte er nicht. Aber wie ihn das Fräulein in der Galerie herumführte, ich putzte eben den Staub von den Rahmen der Gemälde ab, stand er bei dem Portrait des seligen Herrn plötzlich still, wie vom Donner gerührt. Das gnädige Fräulein deutete darauf hin und sagte: ein vortrefflicher Mann! Ja, ein vortrefflicher Mann! gab er zur Antwort, indem er sich die Augen wischte.
Franz.
Höre, Daniel! Du weißt, ich bin immer ein gütiger Herr gegen dich gewesen, ich hab' dir Nahrung und Kleider gegeben und dein schwaches Alter in allen Geschäften geschonet –
Daniel.
Dafür lohn' Euch der liebe Herr Gott! und ich hab' Euch immer redlich gedienet.
Franz.
Das wollt' ich eben sagen. Du hast mir in deinem Leben noch keine Widerrede gegeben, denn du weißt gar zu wohl, daß du mir Gehorsam schuldig bist in allem, was ich dich heiße.
Daniel.
In Allem von ganzem Herzen, wenn es nicht wider Gott und mein Gewissen geht.
Franz.
Possen, Possen! Schämst du dich nicht? Ein alter Mann, und an das Weihnachtsmärchen zu glauben! Geh, Daniel! das war ein dummer Gedanke. Ich bin ja Herr. Mich werden Gott und Gewissen strafen, wenn es ja einen Gott und ein Gewissen gibt.
Daniel (schlägt die Hände zusammen).
Barmherziger Himmel!
Franz.
Bei deinem Gehorsam! verstehst du das Wort auch? Bei deinem Gehorsam befehl' ich dir, morgen darf der Graf nimmer unter den Lebendigen wandeln.
Daniel.
Hilf, heiliger Gott! Weswegen?
Franz.
Bei deinem blinden Gehorsam! – und an dich werd' ich mich halten.
Daniel.
An mich? Hilf, selige Mutter Gottes! An mich? Was hab' ich alter Mann denn Böses gethan?
Franz.
Hier ist nicht lang Besinnszeit, dein Schicksal steht in meiner Hand. Willst du dein Leben im tiefsten meiner Thürme vollends ausschmachten, wo der Hunger dich zwingen wird, deine eigenen Knochen abzunagen, und der brennende Durst, dein eigenes Wasser wieder zu saufen? – Oder willst du lieber dein Brod essen in Frieden, und Ruhe haben
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