Dramatische Werke
dem Major in die Hände .
Präsident.
Toller Einfall! Als ob sie sich so geschwind hin bequemen würde, ihr eigenes Todesurtheil zu schreiben?
Wurm.
Sie muß , wenn Sie mir freie Hand lassen wollen. Ich kenne das gute Herz auf und nieder. Sie hat nicht mehr als zwo tödtliche Seiten, durch welche wir ihre Gewissen bestürmen können – ihren Vater und den Major. Der letztere bleibt ganz und gar aus dem Spiel; desto freier können wir mit dem Musikanten umspringen.
Präsident.
Als zum Exempel?
Wurm.
Nach Dem, was Ew. Excellenz mir von dem Auftritt in seinem Hause gesagt haben, wird nichts leichter sein, als den Vater mit einem Halsproceß zu bedrohen. Die Person des Günstlings und Siegelbewahrers ist gewissermaßen der Schatten der Majestät – Beleidigungen gegen jenen sind Verletzungen dieser – Wenigstens will ich den armen Schächer mit diesem zusammengeflickten Kobold durch ein Nadelöhr jagen.
Präsident.
Doch – ernsthaft dürfte der Handel nicht werden.
Wurm.
Ganz und gar nicht – Nur in so weit, als es nöthig ist, die Familie in die Klemme zu treiben – Wir setzen also in aller Stille den Musikus fest – Die Noth um so dringender zu machen, könnte man auch die Mutter mitnehmen, – sprechen von peinlicher Anklage, von Schaffot, von ewiger Festung, und machen den Brief der Tochter zur einzigen Bedingung seiner Befreiung.
Präsident.
Gut! Gut! Ich verstehe.
Wurm.
Sie liebt ihren Vater – bis zur Leidenschaft, möcht' ich sagen. Die Gefahr seines Lebens – seiner Freiheit zum Mindesten – die Vorwürfe ihres Gewissens, den Anlaß dazu gegeben zu haben – die Unmöglichkeit, den Major zu besitzen – endlich die Betäubung ihres Kopfs, die ich auf mich nehme – es kann nicht fehlen – sie muß in die Falle gehn.
Präsident.
Aber mein Sohn? Wird er nicht auf der Stelle Wind davon haben?
Wurm.
Das lassen Sie meine Sorge sein, gnädiger Herr – Vater und Mutter werden nicht eher freigelassen, bis die ganze Familie einen körperlichen Eid darauf abgelegt, den ganzen Vorgang geheim zu halten und den Betrug zu bestätigen.
Präsident.
Einen Eid? Was wird ein Eid fruchten, Dummkopf?
Wurm.
Nichts bei uns , gnädiger Herr! Bei dieser Menschenart Alles – Und sehen Sie nun, wie schön wir Beide auf diese Manier zum Ziele kommen werden – Das Mädchen verliert die Liebe des Majors und den Ruf ihrer Tugend. Vater und Mutter ziehen gelindere Saiten auf, und durch und durch weich gemacht von Schicksalen dieser Art, erkennen sie's noch zuletzt für Erbarmung, wenn ich der Tochter durch meine Hand ihre Reputation wieder gebe.
Präsident (lacht unter Kopfschütteln).
Ja, ich gebe mich dir überwunden, Schurke! Das Geweb' ist satanisch fein. Der Schüler übertrifft seinen Meister — Nun ist die Frage, an wen das Billet muß gerichtet werden? Mit wem wir sie in Verdacht bringen müssen?
Wurm.
Nothwendig mit Jemand, der durch den Entschluß Ihres Sohnes Alles gewinnen oder Alles verlieren muß.
Wurm (nach einigem Nachdenken).
Ich weiß nur den Hofmarschall.
Wurm (zuckt die Achseln). Mein Geschmack wär' es nun freilich nicht, wenn ich Luise Millerin hieße.
Präsident.
Und warum nicht? Wunderlich! Eine blendende Garderobe – Eine Atmosphäre von
Eau de mille fleurs
und Bisam – und jedes alberne Wort eine Handvoll Ducaten – und alles Das sollte die Delicatesse einer bürgerlichen Dirne nicht endlich bestechen können? O, guter Freund! so scrupulös ist die Eifersucht nicht! Ich schicke zum Marschall. (Klingelt.)
Wurm.
Unterdessen, daß Ew. Excellenz dieses und die Gefangennehmung des Geigers besorgen, werd' ich hingehen und den bewußten Liebesbrief aufsetzen.
Präsident (zum Schreibpult gehend).
Den Er mir zum Durchlesen heraufbringt, sobald er zu Stand sein wird. (Wurm geht ab. Der Präsident setzt sich zu schreiben; ein Kammerdiener kommt; er steht auf und gibt ihm ein Papier.) Dieser Verhaftsbefehl muß ohne Aufschub in die Gerichte – ein Andrer von euch wird den Hofmarschall zu mir bitten.
Kammerdiener.
Der gnädige Herr sind so eben hier angefahren.
Präsident.
Noch besser – aber die Anstalten sollen mit Vorsicht getroffen werden, sagt ihr, daß kein Aufstand erfolgt.
Kammerdiener.
Sehr wohl, Ihr' Excellenz!
Präsident.
Versteht ihr? Ganz in der Stille!
Kammerdiener.
Ganz gut, Ihr' Excellenz! (Ab.)
Zweite Scene.
Der Präsident und der Hofmarschall .
Hofmarschall (eilfertig).
Nur
en passant
, mein Bester! – Wie leben Sie? Wie befinden Sie sich?
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