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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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mehr der Mensch bin, der ich früher war. Ich bin häufig verstimmt, weil es mir an der nötigen Spannkraft fehlt. Diese Spannkraft kann ich aber nur in mir selbst wiederfinden…
    Kadidja
    Das heißt mit anderen Worten, du willst dich von mir trennen?
    Buridan
    Nur für vierzehn Tage…
    Kadidja
    Dann können wir uns schon geradesogut vollends Lebewohl sagen.
    Buridan
    So wenig bin ich dir wert?
    Kadidja
    Was bin denn ich dir noch wert? Ich war von Kindheit auf immer die Freude meiner ganzen Umgebung. Dir bin ich längst keine Freude mehr, obschon ich alles tue, wovon ich denken kann, daß es dir angenehm ist. Aber daran liegt es eben. Ich bin durch meine Nachgiebigkeit und meine Selbstlosigkeit ein ganz anderes Geschöpf geworden, als ich damals war, als du mich zu dir nahmst.
    Buridan
im Klubsessel
    Ich glaube nicht, daß du durch dein Zusammensein mit mir irgend etwas von deinem Zauber verloren hast. Aber du läßt mir ja keine Zeit, um meine Genußfähigkeit wiederzufinden.
    Kadidja
    Ich bin das Alleinsein nun einmal nicht gewohnt. Wir waren unsere acht Geschwister in meinem Elternhaus. Als ich dann zum Theater kam, gab es eine Unmenge von Kollegen und Kolleginnen, Regisseure, Theaterarbeiter und Dramaturgen, die in jeder Stadt wieder andere waren. Allerdings hat man mir ja auch schon öfter gesagt, daß ich der Kunst wegen überhaupt nicht zur Bühne gegangen sei, sondern nur um meine Unterhaltung dabei zu finden.
    Buridan
    Glaubst du denn, ich schreibe meine Theaterstücke aus einem anderen Grunde, als nur um während des Schreibens meine Unterhaltung dabei zu finden? – Ich habe mich sogar auch schon gefragt, ob ich denn wirklich so viel trinke, um Theaterstücke schreiben zu können, oder ob ich nur Theaterstücke schreibe, um während des Schreibens so viel dazu trinken zu können. – Aber das alles macht dich nicht glücklicher.
    Kadidja
    Als du vorgestern abend fortgegangen warst, da ließ ich von den beiden Mädchen die Körbe, in denen meine Kostüme liegen, vom Hängeboden herunterholen. Ich packte die Kostüme hier aus und zeigte sie den Mädchen. Das ganze Zimmer, der Schreibtisch, der Diwan, der Sessel, alles lag voll von Kostümen. Dann zog ich eins nach dem anderen an, ging darin über den Teppich und besah mich im Spiegel.
(Sie tut es.)
– Die Mädchen müssen geglaubt haben, ich hätte den Verstand verloren.
    Buridan
erhebt sich
    Arme Kadidja!
(Er küßt sie.)
So tief erniedrigst du dich, um dein Zusammenleben mit mir ertragen zu können!
    Kadidja
    Ich erniedrigte mich ja doch so gerne, wenn ich wenigstens sähe, daß ich dir damit irgend etwas nützen würde! Aber je mehr ich mich in allem nach deinen Wünschen ändere, um so weniger bedeute ich für dich. Manchmal siehst du mich schon gar nicht mehr, wenn ich dicht vor dir stehe.
    Buridan
erschrickt
    Kadidja!
    Kadidja
    Von solchen Momenten kannst du natürlich nichts wissen. Als der Winter begann, hast du mir wenigstens noch manchmal deine Lieder einstudiert. Das hast du wohl ganz vergessen? Du hast sie mir mit der Reitpeitsche einstudiert, damit ich, sobald ich auf dem Podium erscheine, das Publikum durch meine Leidenschaftlichkeit überwältige. Dort an dem Büchergestell hängt noch der Zettel angeheftet, auf den du die Lieder, die ich singen konnte, notiert hattest. Du hast den Zettel seit mindestens sechs Monaten nicht mehr angesehen. Der Winter ist zu Ende, und das Singen deiner Lieder ist ein Erlebnis aus meiner Vergangenheit. Die Reitpeitsche gebraucht der Hausknecht, um unten im Hof die Teppiche auszuklopfen.
    Buridan
nimmt die Laute von der Wand
    Willst du mir nicht eines der Lieder vorsingen?
    Kadidja
    Wenn ich noch eines kann.
    Buridan
hat den Zettel vom Büchergestell genommen und liest die Titel
    Da steht: Der blinde Knabe, Franziskas Abendlied, Ilse, Die Wetterfahne, Galathea, Von vorn besehn, Konfession, Tränenschwer und Stille Befürchtung.
    Kadidja nennt einen der erwähnten Titel, z. B. »Die Wetterfahne« und nimmt die zum Singen nötige Haltung an.
    Buridan
setzt sich auf die Armlehne des Klubsessels und schlägt die Beine übereinander
    Aber die Reitpeitsche habe ich nicht. Könntest du nicht vielleicht auch ohne sie in die nötige Leidenschaftlichkeit geraten?
    Kadidja
    Ich will's versuchen.
    Buridan
schlägt die Saiten an
    Dies ist die Stimmung. – Hopp!
    Kadidja
singt in diesem Falle folgendes Lied
:
    Du auf deinem höchsten Dach!
Ich in nächster Nähe!
Doch die wahre Liebe, ach,
Schwankt in solcher

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