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Dramen

Titel: Dramen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Wedekind
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die natürlichsten Dinge mit Entsetzen erfüllen, dann gehörst du doch selbst zu der furchtsamen Menge, deren blinde Furcht du immer verspottest.
    Buridan
    Ich kann von diesen Dingen nichts hören, weil ich todmüde bin! Laß mir vierzehn Tage Zeit, dann blicke ich der Wirklichkeit wieder mit der größten Unerschrockenheit in die Augen!
    Kadidja
    Damals hatte ich dich doch auch nur ganz schlicht und sachlich gebeten, du möchtest es einmal auf eine Probe ankommen lassen, um zu erfahren, wie geartet ich bin.
    Buridan
auf dem Diwan
    Ich hatte deinen Brief nicht geöffnet. Oder ich hatte ihn nicht zu Ende gelesen.
    Kadidja
ohne sich bei der Erzählung anders als sachlich zu erregen
    Als du aber an jenem Abend deinem Freunde das Spottgedicht von der Wetterfahne vorlasest, da glaubte ich natürlich, das sei nun die Probe, auf die du mich stellen wolltest. Ich fürchtete dabei nur, daß ich durch deine Verspottung nicht Mut genug finden würde, die Probe zu bestehen, weil mir das Gedicht im übrigen ganz gut gefiel. Als du mich dann aber mit mir allein ließest, da erhob sich ein Sturmgeheul in meinem Kopf, das mich hinderte, noch irgend etwas zu sehen oder zu hören. Rings um mich her flammten die Gedanken wie Blitze nach allen Richtungen hin. Sie zuckten so rasch durcheinander, daß ich nicht über einen einzigen Gedanken einen Augenblick nachdenken konnte. Nach einer Stunde kamst du zurück. Ich kannte mich selbst nicht mehr vor Wut darüber, daß du ein so klägliches Jammergeschöpf aus mir gemacht hattest. Ich biß dich in die Wange, daß du aufstöhntest. Aber als du dann plötzlich, ohne ein Wort zu sprechen, nach meinen Bildern langtest, die in deinem Zimmer auf dem Kamin und auf dem Schreibtisch standen, und als du ein Bild um das andere in Stücke zerrissest und die Stücke unter deine Füße tratst, da faßte mich ein Gefühl, wie ich es bis dahin nie gekannt hatte. Von einer Probe, die dir meine Liebe beweisen sollte, wußte ich nichts mehr, als ich die drei Treppen hinunterrannte.
(Lächelnd)
: Was mich über das Geländer ins Wasser trieb, war einzig die Empfindung, daß gerade das, was mir von frühester Kindheit auf am liebsten an mir war, daß das in Fetzen zerrissen unter deinen Füßen lag.
    Buridan
verwundert
    Deshalb also sprangst du hinunter?
    Kadidja
    Ich kann nicht behaupten, daß ich es selber tat. Mich trieb weiter gar nichts als – meine nüchterne Wirklichkeit.
    Buridan
    Ich wurde unversehens an dir zum Bilderstürmer, weil ich mich auf deine Angriffe hin nicht an dir selbst vergreifen wollte! Nur um dich in deiner Raserei durch ein völlig unschädliches Mittel zur Besinnung zu bringen, vergriff ich mich an deinen Bildern!
    Kadidja
    Du brauchst mir deine Liebe nicht zu beteuern. Ich weiß ganz bestimmt, daß mich kein Mann in dieser Welt höher schätzen würde, als du mich schätzest. Deshalb gibt es für mich auch keine Wahl zwischen dir und einem anderen Mann. Für mich gibt es nur die Wahl zwischen dir und einem freien, durch nichts beschränkten Freudenleben.
    Buridan
erhebt sich
    Kadidja, gib mir vierzehn Tage Urlaub! Nur vierzehn Tage gib mir, ohne daß ich derweil um deinen Besitz zu zittern brauche, dann habe ich wieder Genußfähigkeit im Überfluß!
    Kadidja
    Ich glaube dir, daß du dich danach sehnst! Wenn du vierzehn Tage ohne mich gelebt hast, dann habe ich dich verloren. Ich überschätze meine Anziehungskraft nicht.
    Buridan
    Kadidja! Ich habe große Gedanken in meinem Kopf! Es war sonst nie meine Gewohnheit, mit meinen Plänen und Projekten zu prahlen. Dir gegenüber muß ich es tun, damit du Mitleid mit ihnen fühlst. Ich arbeite schon viel länger, als wir uns kennen, an einem Werk, durch das die Widersprüche, in denen ich mich seit meiner Kindheit befinde, endlich aufgehoben werden sollen. Ich sehe seit Jahren nicht ein, warum die Verehrung, die wir für die ewigen Weltgesetze hegen, und die Verehrung, die wir schönen Farben, schönen Körpern, der ganzen Schöpfungspracht entgegenbringen, warum sich diese Gefühle ewig in den Haaren liegen sollen! Das war früher anders, als sich die Anbetung des Geistes mit der Verehrung menschlicher Schönheit unter demselben Tempeldach zusammenfanden. Warum soll das nicht wieder anders werden? Der Streit kommt nur daher, daß wir die erhabene Schönheit geistiger Gesetzmäßigkeit so wenig würdigen, wie wir die unerbittliche Gesetzmäßigkeit körperlicher Schönheit einsehen. Der Geist ist uns ein strenger Zuchtmeister, die

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