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Draußen - Reportagen vom Rand der Gesellschaft

Draußen - Reportagen vom Rand der Gesellschaft

Titel: Draußen - Reportagen vom Rand der Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Redline Wirtschaft
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Sich nach draußen begeben – Ein Vorwort
    Die Wahrheit ist schnell recherchiert. Laut Statistik der Bundesagentur für Arbeit waren im September 2012 in Deutschland 6,1263 Millionen Menschen nicht erwerbstätig – weil sie keine Arbeit finden, Kinder betreuen, krank sind oder wegen einer Behinderung nicht arbeiten können. 2,788 Millionen Menschen waren arbeitslos im engeren Sinn, weil sie erwerbsfähig sind, aber keinen Job haben. 4,5 Millionen Menschen beziehen Arbeitslosengeld II, auch »Hartz IV« genannt – weil sie seit Langem keinen Job finden, nicht arbeiten können oder weil der Lohn nicht zur Grundsicherung reicht. 7,3 Millionen Schwerbehinderte leben laut Statistischem Bundesamt in Deutschland. Nicht jeder von ihnen findet Arbeit. Nicht jeder kann arbeiten. Arbeit und damit Einkommen sind jedoch die wichtigsten Schlüssel zur Teilhabe an der Gesellschaft. Wer »draußen« ist, entscheidet die finanzielle Situation: Haste nix, biste nix. Denn Leistungsgesellschaft bedeutet heute, dass in ihr derjenige Erfolg hat, der am meisten verdient – und nicht unbedingt derjenige, der am meisten leistet oder am härtesten arbeitet. Niedriglöhne und Zeitarbeitsverträge haben zur Folge, dass mancher auch bei Vollbeschäftigung unter der Armutsgrenze lebt, manchmal unter dem Existenzminimum. Er kann »aufstocken« auf Hartz IV. Mancher verzichtet stolz und geht stattdessen ins Sozialkaufhaus oder zu einer der 900 Tafeln in Deutschland, die gespendete Lebensmittel an diejenigen verteilen, die sich nicht einmal mehr den Discounter leisten können.
    Als arm gilt in Europa, wer über weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens seines Landes verfügt. In Deutschland waren es beim letzten Armutsbericht der Bundesregierung 12,7 Prozent. Der aktuelle Armutsbericht entfachte im Herbst 2012 Streit im die Definition von Armut – der sich auch darauf auswirken wird, wie eng oder weit der Staat künftig die sozialen Netze stricken wird. Deutlich zeigt der seit Herbst 2012 diskutierte neue Armutsbericht: Die reichsten 10 Prozent der Deutschen verfügen über mehr als die Hälfte des gesamten Privatvermögens in Deutschland. Die Hälfte der Bevölkerung hat dagegen keinen nennenswerten Anteil an diesem Gesamtvermögen – nur 1 winziges Prozent. Diese Menschen haben nahezu kein Erspartes, kein Vermögen. Jedes fünfte Kind in Deutschland ist arm, meldet zudem der Deutsche Kinderschutzbund. Jedes siebte Kind unter 15 Jahren lebt von Hartz IV, verrät die Statistik zur Grundsicherung der Bundesagentur für Arbeit.
    Dass hinter all den Zahlen Menschen und Schicksale stehen, ist schnell dahingesagt. Wie sich das Leben am Rand der Gesellschaft anfühlt, wie schnell man draußen sein kann und wie einen dann diejenigen betrachten, die drinnen sind, das steht jedoch nicht in den Zahlen. Einige mutige Journalisten haben es sich zum Ziel gesetzt, das Leben am Rande der Gesellschaft zu erkunden. Es mit ihren Reportagen hineinzuholen in die guten Stuben der Leistungsgesellschaft. Mit ihren Selbsterfahrungsberichten tragen sie ein Stück weit dazu bei, dass die Menschen draußen Gesichter bekommen, Stimmen und Stimmungen. Im Internet nachschlagen kann jedermann. Das Verdienst der Reporter im Selbstversuch ist, echte Menschen, echte Gefühle und echte Erfahrungen vorzustellen. Aus Zahlen echtes Leben zu machen. Wie es jeder eines Tages erleben kann – denn draußen ist man schneller denn je. Sogar das verraten die Statistiken der vergangenen Jahre. Der jüngste Armutsbericht. Die Tafel-Mitarbeiter, die von größer werdendem Andrang berichten.
    Günter Wallraff und Michael Holzach gehören zu den Pionieren der Sozialreportage in Deutschland. Sie waren als Reporter schon »ganz unten« und »draußen«, als die Mehrheit ihrer Kollegen nur vom Schreibtisch aus oder in Gesprächen mit Sozialarbeitern über diejenigen berichteten, die mit dem Nötigsten zurechtkommen müssen. Wallraff und Holzach waren und sind Vorbilder vieler Kollegen, die ebenfalls ausprobieren, wie sich das Leben am Rande der Gesellschaft anfühlt.
    Außer den Reportern ist niemand freiwillig dort. Draußen zu sein ist ein Tabuthema, immer noch. Wer kann, verschleiert seine Situation. Niemand steht gerne am Rand. Niemand ist stolz darauf, arm oder ausgegrenzt zu sein. Umso wichtiger ist es, auch diese Menschen im Blick zu behalten und ihre Lebenssituation zu verstehen. Die sich bemühen, den Anschluss an die Gesellschaft nicht völlig zu verpassen, denn das möchte

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