Dread Empire's Fall 02 - Sternendämmerung
Gesuchen zugestimmt hat, mir die Berichte über die Schlacht von Magaria zu schicken. Ich werde sie codiert an alle Schiffe unter meinem Kommando übermitteln. Für den Zugang benötigen Sie den Kapitänsschlüssel. Ich lege Ihnen nahe, sie zunächst allein anzusehen und sich genau zu überlegen, wen Sie sonst noch einweihen wollen.« Seine durchsichtige Nickhaut legte sich feierlich über die Augen. »Morgen werden Ihre Ersten Offiziere die Manöver von der Hilfsbrücke aus leiten. Währenddessen werden wir wieder zusammentreten und darüber diskutieren, was uns die Schlacht lehren kann.«
Martinez konnte es vor Spannung kaum noch aushalten. Offiziell hatte die Regierung die Niederlage in Magaria bisher nicht zugegeben. Vielmehr hatte sie mit größtem Nachdruck jeden treuen Bürger aufgefordert, im Angesicht der Krise sein Äußerstes zu geben, um die Abtrünnigen zu besiegen, die Praxis zu erhalten und unermüdlich für die Zukunft des Reiches zu kämpfen. Das Trommelfeuer dieser verzweifelten Forderungen ließ auf eine beträchtliche Panik hinter den Kulissen schließen. Martinez hatte es geschafft, dem Flottenausschuss die nackten Tatsachen aus der Nase zu ziehen, und entsetzt zur Kenntnis genommen, dass die achtundvierzig besten Kriegsschiffe der Flotte zusammen mit ihren Kommandanten zu radioaktivem Staub zerfallen waren. Allerdings hatte er bisher nicht gewusst, wie die Schiffe zerstört worden waren.
Als er ein paar Stunden später nach dem Abendessen auf dem Bett lag, auf das ihn der stetige Schub presste, aktivierte er das Display über seinem Kopf, spielte die Aufzeichnung ab und erschrak über die Wildheit der Schlacht. Beide Seiten hatten unzählige Raketen abgefeuert, auf beiden Seiten waren in den grellen Antimaterieexplosionen sofort oder in den ersten Sekunden ganze Geschwader zugrunde gegangen.
Besonders nützliche Aufzeichnungen stammten von einer Pinasse, die ein Kreuzer im führenden Geschwader ausgesetzt hatte. Irgendwie hatte sie es geschafft, die Schlacht unbeschädigt zu überstehen und ihre Schar von Raketen sicher durch den Kampf zu lotsen, um sie schließlich wirkungsvoll gegen den Feind einzusetzen und die fünf Schiffe zu vernichten, die den sechs Überlebenden der Heimatflotte den Rückweg abschneiden wollten. Die Pinasse hatte sich in einer idealen Position befunden, um den größten Teil des Kampfes zu beobachten – vom glorreichen Angriff des Zweiten Kreuzergeschwaders bis zur Vernichtung der letzten Einheiten der Flotte.
Martinez fragte sich, wie Lady Caroline Sula sich gefühlt hatte, als sie in ihrer einsamen Pinasse den Untergang der Heimatflotte beobachtet hatte.
Wie ihre Gefühle auch ausgesehen hatten, ihre Fähigkeiten als Pilotin hatte dies nicht beeinflusst. Es war ihr gelungen, die fünf feindlichen Schiffe zu zerstören und danach noch eine Botschaft auf dem Rundrufkanal abzusetzen, einen trotzigen, heiseren Schrei:
» Sula! Sula hat dies getan! Merkt euch meinen Namen!«
Als Martinez es vernahm, lief es ihm kalt über den Rücken. Gerade eben hatte er sich noch gefragt, wie Sula sich beim Untergang der Heimatflotte gefühlt hatte, und jetzt wusste er es. Er hörte die Verzweiflung, die Wut und den Schmerz, die sie in den trotzigen Ruf gelegt hatte.
Auf einmal hatte er das dringende Bedürfnis, Sula in die Arme zu nehmen und mit ihr in ein stilles, namenloses Land zu fliehen, an einen Ort, wo sie nach den Schrecken, die in ihrem verzweifelten Aufbegehren zum Ausdruck gekommen waren, Frieden finden konnte.
Das war natürlich lächerlich, weil er sie nicht einmal richtig kannte, und als er versucht hatte, sich ihr zu nähern, war sie geflohen.
Es kostete ihn eine gewisse Anstrengung, Sula aus seinen Gedanken zu verbannen und sich wieder auf die Aufzeichnung zu konzentrieren. Immer und immer wieder beobachtete er die Manöver der Parteien, die mit erheblichen Bruchteilen der Lichtgeschwindigkeit manövrierten, die Bahnen der abgefeuerten Raketen, die Blüten tödlicher Strahlung, in denen sie starben.
Nach und nach reifte in ihm ein Gedanke. Martinez berührte sein Ärmeldisplay und rief den Einzigen auf dem Schiff, dem er vorbehaltlos vertraute.
»Besatzungsmitglied Alikhan rufen.«
Schon nach wenigen Augenblicken erschien Alikhans ernstes Gesicht auf Martinez’ linkem Ärmel. Nach dreißig Jahren hatte Alikhan sich als Waffenmeister Erster Klasse aus dem aktiven Flottendienst zurückgezogen. Er trug den geringelten Schnurrbart und den Spitzbart, den viele
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