Drei Generationen auf dem Jakobsweg
sondern wollte lediglich eine kleine Spende haben. Wir ließen uns das Obst gut schmecken und hinterließen ihm eine großzügige Spende. Als wir uns wieder aufmachten, um weiterzuwandern, nahm er jeden von uns in den Arm und segnete uns. Mich durchlief ein angenehmer Schauer und ich hatte plötzlich das Gefühl, unendlich weiterlaufen zu können. Es durchfuhr mich eine Kraft, die ich so vorher nicht gekannt hatte. Auf Nachfrage bei meiner Familie ging es jedem ähnlich wie mir. Wieder hatten wir einen außergewöhnlichen Menschen oder sogar einen Engel kennengelernt. Lieber Gott, ich danke dir!
Immer noch beeindruckt liefen wir ziemlich schweigend in Richtung Astorga weiter. Dort angekommen freuten wir uns auf den Besuch in der Kirche. Auch hier waren wir sehr enttäuscht, dass diese, wie sollte es auch anders sein, verschlossen war. Franzi hingegen freute sich sehr, dass auf dem Platz vor der Kirche, wie auf allen Plätzen vor Kirchen in Spanien, sich sehr viele Tauben tummelten. Wieder versorgte sie die Tiere mit altem Brot und Kuchen, welches sich immer wieder in ihrem Wagen ansammelte. Es war so nett anzusehen, wie sie die Tauben fütterte und zwischendurch immer wieder mal einen Bissen in ihrem Mund verschwinden ließ. Sie lief auf und ab, kicherte und lachte lauthals, sprach mit den Tauben wie mit ihren Puppen und machte einen rundherum glücklichen Eindruck. Jetzt waren wir bereits 20 Kilometer gelaufen und hatten noch einmal acht Kilometer vor uns; diese beschlossen wir mit dem Taxi zurückzulegen. Der Taxistand befand sich direkt vor der Kirche. Ein sehr netter Taxifahrer hatte nun wieder einmal das Problem, nicht nur uns und unsere Rucksäcke, sondern auch unsere Kinderkutsche in seinem relativ kleinen Kombi unterbringen zu müssen. Aber er schaffte es. Alles wurde millimetergenau ins Auto geschichtet. Auch er erzählte uns, dass er bereits von uns gehört hatte. Jetzt waren wir doch sehr erstaunt.
Während der Fahrt merkten wir erst, wie gut es war, diesen Weg mit dem Taxi zurückzulegen. Es war eine relativ trostlose Gegend, immer entlang der Straße, die sich sogar mit dem Auto hinzog. In Santa Catalina angekommen setzte er uns am Ortseingang ab. Wir bezahlten und siehe da, unser gebuchtes Hostal stellte sich als eine sehr sauber und ordentlich gestaltete Privatherberge mit Bettenlager und Doppelzimmer heraus und lag keine 100 Meter mehr vor uns. Hier wurden wir vom Herbergswirt freundlich empfangen. Er überreichte uns unsere Zimmerschlüssel und so konnten wir nach einer Dusche noch ein bisschen durch den Ort spazieren. Bevor der Tag zu Ende ging, gab es in unserer Herberge ein ordentliches Pilgermenü und einen Schluck Wein. Wir waren mit uns und dem heutigen Tag mehr als zufrieden und wünschten uns eine gute Nacht.
12. Juni Santa Catalina de Somoza – Foncebadón (17 km)
In der vergangenen Nacht träumte ich von großen Aufräumaktionen. Ich räumte unser Zuhause vom Dachboden bis zum Keller aus und wieder ein. Ich schleppte Kisten, die viel zu schwer waren, und konnte die Treppen in den ersten Stock, aber auch in den Keller plötzlich nicht mehr laufen. Immer mehr Hindernisse stellten sich mir in den Weg. Selbst im Traum fragte ich mich, was das sollte. Bin ich doch ein sehr ordnungsliebender und pragmatischer Mensch. Löse Probleme, zumindest meistens, zielorientiert und zielgerichtet im Handumdrehen. Plötzlich konnte ich im Traum meine Tochter und meine Enkelin nicht mehr sehen. Beide waren im Keller und ich konnte nicht zu ihnen, da die Treppe mit vielen, unnützen Dingen verstellt war. Was sollte ich tun, ich bekam Panik! Gott sei Dank, ich wachte auf, schweißgebadet. Schnell unter die Dusche und anschließend wie vereinbart pünktlich um sieben Uhr zum Frühstück.
Larissa und Franzi trafen wir auf dem Flur. Gott, war ich froh die beiden gesund und munter zu sehen. Zum Frühstück gab es heute Weißbrot, etwas Butter und Salami, Orangensaft und Wasser. Zu guter Letzt fuhr der Wirt noch ein weich gekochtes Ei auf. Welch ein Genuss, wie hatte ich so ein gutes Frühstück vermisst. Da die Zeit drängte, wurde auch dieses Frühstück relativ schnell beendet und los ging es. Franzi bezog rasch ihren Wagen, die Wasserflaschen und den Reiseproviant aufgefüllt, noch schnell ein Foto von dieser netten Herberge samt Herbergswirt gemacht und ab auf die Piste. Mit Blick auf die Montes de León und die Sierra del Teleno ging es weiter auf Feldwegen nach El Ganso. Dies war ein kleiner idyllisch
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