Drei Generationen auf dem Jakobsweg
»Natürlich darf man das sagen, es entspricht ja der Wahrheit, allerdings nur für uns beide. Ihre Mami und ihr Opi sind gelaufen .«
Fazit des heutigen Tages: Kindermund tut Wahrheit kund. Und das ist gut so!
18. Juni Triacastela – Barbadelo (29 km)
Pünktlich um acht Uhr machten wir uns nach dem Frühstück erneut auf den Weg. Wir verließen Triacastela, überquerten die Straße und wanderten auf einem Teersträßchen stetig bergauf, durch einen dichten Wald in Richtung San Xil. Man glaubte es einfach nicht, jetzt waren wir eine Stunde unterwegs, aber oben angekommen ging es gleich wieder die nächste Strecke bergab. Nach einer weiteren Stunde erreichten wir einen Waldweg mit tausend Hindernissen. Für einzelne Wanderer ein wunderbarer Weg. Aber mit Kinderkutsche schon wieder fast unmöglich. Immer bergauf, schmale und unebene Pfade, riesige Steinbrocken und in den Weg gewachsene Bäume und Äste. Peter nahm die Karre am Vorderreifen und hob sie hoch, Larissa schob. Teilweise mussten sie den Wagen über in den Weg gewachsene Bäume heben und selbst natürlich auch darüber klettern oder sie mussten selbst in die Knie gehen, um den Wagen unter schräg in den Weg gewachsenen Bäumen durchzuschieben. Wie gesagt ein wunderschöner Wanderweg, aber für meine beiden eine Riesenstrapaze! Aber so dachte ich wieder einmal, es hatte alles seinen tieferen Sinn. Wir sind ja schließlich nicht alleine. Ich wusste genau, dass unser Herrgott auf uns alle aufpasste. Unsere Kleine war eingeschlafen und bekam von ihrem derzeitigen Umfeld überhaupt nichts mit. Nach viereinhalb Stunden straffen Programmes wurde es an der Zeit, eine Pause einzulegen. Es war Mittagszeit, Zeit, um etwas zu essen und zu trinken. Franzi war zwischenzeitlich von ihrem Schlaf erwacht und freute sich wie wir auf einen kleinen Imbiss. Wir gönnten uns eine Stunde Pause in Sarria. Alle waren sehr schweigsam, nur Franzi war wie immer. Sie aß ein bisschen, trank aus ihrer Flasche und erzählte von ihren Freunden von zu Hause, Leon, Christian und Abigail. Sie erzählte uns, der eine würde beißen, der andere kratzen und das Mädchen ziehe sie an den Haaren. Aber es waren ihre Freunde, bestätigte sie uns. Langsam hieß es wieder, sich auf den Weg zu machen. Jetzt hatten wir noch fünf Kilometer vor uns. Ich wechselte noch schnell meine Schuhe und weiter ging es.
Immer der Hauptstraße von Sarria entlang. Links und rechts der Straße gab es Supermärkte und auch Banken. Wir gelangten durch eine relativ moderne, aber auf mich seltsam hässlich wirkende Stadt hinauf zur historischen Altstadt. Danach gingen wir über einen wirklich wunderschönen Waldweg, stetig bergauf, nach Barbadelo. Unsere private Herberge war im letzten Eck des Ortes und es ging noch einmal ordentlich bergauf, bis wir endlich am Ziel waren. Der Herbergswirt erwartete uns schon, wir waren ja angemeldet und so zeigte er uns unsere Zimmer für die heutige Nacht. Wir hatten jeder ein Doppelzimmer, aber mit Etagenbad und -toilette. Wir waren heute zu müde, um uns Gedanken zu machen. Franzi fand das alles wieder sehr aufregend! Sie inspizierte alles und sagte zu mir: »Omi, ist doch alles sehr schön !« Ich hätte weinen können vor Glück über dieses Kind! Für mich war es höchste Zeit für eine Pause. Ich glaube, noch 500 Meter weiter und ich hätte keinen Schritt mehr gehen können. Mein Fuß drohte zu zerplatzen. Gleich vor dem Haus setzten wir uns auf eine kleine Bank, gebaut aus Stein. Gegenüber war eine hauseigene Kapelle, welche uns der Herbergswirt aufsperrte. Nicht einmal diese fünf Meter konnte ich noch gehen. Um kein Aufsehen zu erregen, zog ich mal vorsichtig meinen Socken aus, um meinen Fuß zu inspizieren. Nicht nur, dass er sich anfühlte, als würde er platzen, er sah auch so aus. Meine Tochter bog ums Eck, sah meinen Fuß und sagte: »Oh, wie bist du denn bis hierher gekommen ?« Schnell setzte sie sich vor mich auf den Boden, nahm meinen Fuß und begann ganz vorsichtig mit einer Lymphdrainage. Der Schmerz in Form eines Blitzes schoss durch den Fuß, hoch durch das Bein bis ins Gehirn. Ich dachte, jetzt sei es vorbei. Ende des Weges. Aber nach einer Dose Bier, die Larissa organisierte, und einer Zigarette, die ich mir genussvoll gönnte, ging ich erst einmal in die Kirche. Ich bat Gott, mich doch jetzt nicht so kurz vorm Ziel im Stich zu lassen. Wir hatten 680 Kilometer hinter uns gebracht und nur noch 110 Kilometer, verteilt auf fünf Tage, vor uns. Zugegebenermaßen,
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